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BGH zu Informationspflichten bei Herstellergarantien

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Bild von Jan Cabanik auf Pixabay

Onlinehändler sind grundsätzlich verpflichtet, den Verbraucher vor Abgabe der Bestellung über das Bestehen von Garantien und deren Bedingungen gem. § 479 Abs. 1 BGB (z.B. Reichweite, Dauer Verfahren für die Geltendmachung) zu informieren. Die Erfüllung dieser weitreichenden Informationspflichten stellt Onlinehändler bei sog. Herstellergarantien vor erhebliche Probleme. Daher war bisher umstritten, ob auch Onlinehändler, die Herstellergarantien nicht erwähnen bzw. diese nicht prominent bewerben, Verbraucher über diese detailliert informieren müssen. Manche Gerichte bejahten dies, andere verneinten dies. Der BGH entschied nun, dass Onlinehändler Verbraucher nicht näher über die Herstellergarantie für ein angebotenes Produkt informieren müssen, wenn die Garantie kein zentrales Merkmal ihres Angebots ist.

Sachverhalt: Onlinehändler wirbt mit Herstellergarantie für Produkt

Beide Parteien handeln gewerblich mit Taschenmesser. Die Beklagte bot auf Amazon ein Schweizer Offiziersmesser an. Die Angebotsseite enthielt unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" einen Link mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung".

Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produktinformationsblatt, das folgenden Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt:

"Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt."

Weitere Informationen zu der Garantie enthielt das Produktinformationsblatt nicht.

Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen die gesetzlichen Informationspflichten bei Garantien (479 BGB) und mahnte die Beklagte daher ab. Da die Beklagte die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigerte, erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.

Bisheriger Prozessverlauf: LG Bochum – OLG Hamm – BGH – EuGH - BGH

Das LG Bochum (Urteil v. 21.11.2018) wies die Klage ab. Das OLG Hamm (Urteil v. 26.11.2019) gab der Klage statt, ließ jedoch die Revision zum BGH zu. Der BGH setzte das Verfahren aus legte dem EuGH Fragen zur Werbung mit Herstellergarantien vor (BGH, Beschluss vom 11.02.2021).

Der EuGH entschied (EuGH, Urteil v. 05.05.2022), dass allein das bloße Bestehen einer Herstellergarantie, oder deren beiläufige Erwähnung im Angebot keine Informationsplichten auslöst. Eine solche Pflicht bestehe nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran habe. Dies sei etwa dann der Fall, wenn der Händler die Garantie zu einem Verkaufs- oder Werbeargument mache.

BGH: Bloße Erwähnung der Herstellergarantie löst keine Informationspflicht aus

Der BGH hob daher das Urteil des OLG Hamm auf und stellte das klageabweisende Urteil des LG Bochum wieder her. Zur Begründung verwies er auf das Urteil des EuGH. Da die Beklagte in ihrem Angebot die Herstellergarantie nicht beworben habe, habe sie über die Herstellergarantie auch nicht informieren müssen:

"Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden, dass ein Unternehmer die Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags über die Bedingungen der Herstellergarantie informieren muss, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht und so als Verkaufsargument einsetzt. Erwähnt er dagegen die Herstellergarantie nur beiläufig, so dass sie aus Sicht der Verbraucher kein Kaufargument darstellt, muss er keine Informationen über die Garantie zur Verfügung stellen.

Im Streitfall stellt die Herstellergarantie kein wesentliches Merkmal des Angebots der Beklagten dar. Sie wird auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt, sondern findet sich an untergeordneter Stelle in einem Produktinformationsblatt. Auf dieses Produktinformationsblatt gelangt der Verbraucher nur, wenn er einen Link anklickt, der unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" steht und mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung" versehen ist und daher eher auf eine technisch-funktionale Erläuterung hindeutet.“

BGH, Urteil vom 10.11.2022, I ZR 241/19

Quelle: PM des BGH vom 10.11.2022 (Nr. 158/2022)

Praxishinweis

1. Onlinehändler müssen Verbraucher grundsätzlich nicht vorvertraglich über das Bestehen einer Herstellergarantie von Produkten informieren.

2. Allein das bloße Bestehen einer Herstellergarantie oder deren beiläufige Erwähnung im Angebot führt nicht dazu, dass Onlinehändler über die Herstellergarantie informieren müssen.

3. Anders sieht es aus, wenn Onlinehändler in ihrem Angebot die Herstellergarantie werbend herausstellen bzw. diese als Verkaufs- oder Werbeargument nutzen. Wann dies der Fall ist, ist im Einzelfall festzustellen. Relevant dabei sind Inhalt und Gestaltung des Angebots, Bedeutung der Erwähnung als Verkaufs- und Werbeelement, die Positionierung im Angebot sowie die Gefahr einer möglichen Irreführung des Verbrauchers.

4. Wird ein Angebot mit einer Garantie beworben, sind sämtliche in § 479 Abs. 1 BGB angeführten Informationen bzgl. der Garantie bereitzustellen.


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