BGH: Ebay-Bewertung „Versandkosten-Wucher!!“ zulässig

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Ebay-Verkäufer die Bewertung eines Käufers mit "Versandkosten Wucher!!" hinnnehmen muss. Der Ebay-Verkäufer hatte die Löschung dieser negativen Bewertung verlangt, da sie gegen das in den eBay AGB enthaltene Sachlichkeitsgebot verstoße. Für Leser sei nicht erkennbar, warum aus Sicht des Käufers die Versandkosten "Wucher" seien. Der BGH sah in der Bewertung weder eine unzulässige Schmähkritik noch einen Verstoß gegen die eBay AGB. Zwar enthalten diese ein Gebot zur Sachlichkeit. Es sei aber unklar, was „sachlich“ im Sinne der eBAy AGB sei.

Sachverhalt: eBay Bewertung mit "Versandkosten Wucher!!"

In dem Verfahren ging es um ein Angebot auf eBay für vier Gelenkbolzenschellen zu 19,26 EUR brutto; davon entfielen 4,90 EUR auf Versandkosten, die vom Käufer zu tragen waren. Nachdem der Käufer die Ware erhalten hatte, bewertete er die Transaktion auf Ebay mit „Versandkosten Wucher!“. Der eBay-Verkäufer verlangte die Löschung der Bewertung, da sie gegen die eBay-AGB verstieß.

In § 8 (Bewertungen) dereBay AGB heißt es:

2. Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.

Das Amtsgericht wies die Klage des eBay Verkäufers ab. Das Landgericht gab der Klage statt. Am Ende landete der Fall beim BGH. Dieser wies die Klage wieder ab.

BGH: eBay Käufer Bewertung „Versandkosten Wucher!!" zulässig

Der BGH teilte die Ansicht des Amtsgerichts, dass der Klägerin kein Anspruch auf Entfernung der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" zustehe, auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer (nach-)vertraglichen Nebenpflichtverletzung.

Was ist „sachlich“ im Sinne der Ebay-AGB?

Anders als das Berufungsgericht es gesehen hat, enthalte § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB über die bei Werturteilen ohnehin allgemein geltende (deliktsrechtliche) Grenze der Schmähkritik hinaus keine strengeren vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in Bewertungskommentaren.

Zwar ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig. Für das Verständnis, dem Sachlichkeitsgebot in § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB solle gegenüber dem Verbot der Schmähkritik ein eigenständiges Gewicht nicht zukommen, spricht aber bereits der Umstand, dass hier genaue Definitionen zu dem unbestimmten Rechtsbegriff "sachlich" in den eBay-AGB fehlen.

Begriff der „Sachlichkeit“ in Ebay-AGB unklar

Es liegt in diesem Fall im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten, die Zulässigkeit von grundrechtsrelevanten (…) Bewertungen eines getätigten Geschäfts an den gefestigten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Schmähkritik auszurichten und hierdurch die Anforderungen an die Zulässigkeit von Bewertungskommentaren für die Nutzer und eBay selbst möglichst greifbar und verlässlich zu konturieren. Zudem hätte es der gesonderten Erwähnung der Schmähkritikgrenze nicht bedurft, wenn dem Nutzer schon durch die Vorgabe, Bewertungen sachlich zu halten, eine deutlich schärfere Einschränkung hätte auferlegt werden sollen.

Außerdem würde man der grundrechtlich verbürgten Meinungsfreiheit des Bewertenden von vorherein ein geringeres Gewicht beimessen als den Grundrechten des Verkäufers, wenn man eine Meinungsäußerung eines Käufers regelmäßig bereits dann als unzulässig einstufte, wenn sie herabsetzend formuliert ist und/oder nicht (vollständig oder überwiegend) auf sachlichen Erwägungen beruht.

Eine solche, die grundrechtlichen Wertungen nicht hinreichend berücksichtigende Auslegung entspricht nicht dem an den Interessen der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Verständnis redlicher und verständiger Vertragsparteien.

Begriff der Schmähkritik ist eng auszulegen

Die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik ist durch die Bewertung mit "Versandkosten Wucher!!" nicht überschritten. Wegen seiner das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkenden Wirkung ist der Begriff der Schmähkritik nach der Rechtsprechung des BGH eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll.

eBay-Verkäufer müssen sich auch scharfe und überzogene Kritik gefallen lassen

Daran fehlt es hier. Bei der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" steht eine Diffamierung der Klägerin nicht im Vordergrund. Denn der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit einem Teilbereich der gewerblichen Leistung der Klägerin auseinander, indem er die Höhe der Versandkosten beanstandet. Die Zulässigkeit eines Werturteils hängt nicht davon ab, ob es mit einer Begründung versehen ist.

BGH, Urteil vom 28.09.2022, AZ. VIII ZR 319/20

Quelle: PM des BGH vom 28.09.2022