Das Glück währte nicht lange: 2016 ließ der Sportartikelhersteller Puma das Design eines Turnschuhs beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eintragen. Diese Eintragung erklärte das Gericht der Europäischen Union (EuG) Anfang März 2024 jedoch für nichtig. Dabei hatte die Entscheidung nichts damit zu tun, dass es Sneaker schon eine Weile gibt oder das Design der Schuhe einfach nicht avantgardistisch genug ist. Vielmehr scheiterte der Designschutz daran, dass die bekannte Sängerin Rihanna, die 2014 von Puma zur Kreativdirektorin ernannt worden war, Monate vor der Designanmeldung Bilder von sich mit den Sneakern auf Instagram veröffentlicht hatte.
Instagram-Posts enthüllen Sneaker-Design - mit rechtlichen Folgen
Der Fall begann wie folgt: Als Puma 2014 die bekannte Popsängerin Rihanna als Kreativdirektorin verpflichtete, postete diese mehrere Fotos von der Vertragsunterzeichnung auf ihrem Instagram-Profil. Mit dabei: die Turnschuhe, für die Puma 2016 beim EUIPO einen Geschmacksmusterschutz beantragen wollte. Ein niederländisches Unternehmen, das ebenfalls Schuhe vertreibt, ging gegen diesen Schutz vor - mit der Folge, dass das EUIPO den Schutz 2022 für nichtig erklärte. Der Knackpunkt: Das EUIPO stellte fest, dass das Design zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht mehr neu war, da es bereits 2014 auf Instagram-Posts von Rihanna zu sehen war. Puma klagte gegen die Entscheidung vor dem EuG - ohne Erfolg.
Kein Designschutz trotz Designeintragung?
Als eingetragenes Design wird ein Design geschützt, das neu ist und Eigenart hat (§ 2 DesignG). Der Inhaber eines eingetragenen Designs hat das ausschließliche Recht, das Design zu nutzen und kann Dritten die unerlaubte gewerbliche Nutzung des Designs untersagen (§ 38 DesignG). Bei Verletzungen seines Designrechts stehen dem Designinhaber Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz, und Vernichtung zu (§ 42 DesignG). Zudem hat der Designinhaber das Recht, Lizenzen für die Nutzung des Designs zu vergeben (§ 31 DesignG), das Designrecht zu veräußern oder zu übertragen.
☝ Die Eintragung eines Designs sagt jedoch nichts darüber, ob das Design tatächlich "neu" und "eigenartig" ist, also zu Recht eingetragen worden ist. Denn die Ämter prüfen bei der Designanmeldung nur formelle Aspekte, wie z.B. die Vollständigkeit der Angaben und Unterlagen oder die Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten. Durch den Verzicht auf eine umfassende Neuheitsprüfung wird ein schneller und kostengünstiger Designschutz ermöglicht. Dies kommt insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie Einzeldesignern zugute.
Dass einem Design die Schutzfähigkeit fehlt, stellt sich häufig erst dann heraus, wenn der Designinhaber einen vermeintlichen Verletzer abmahnt und dieser die Schutzfähigkeit des Designs überprüfen lässt oder Wettbewerber von sich aus einen Antrag auf Löschung des Designs einreichen. Anmelder sind daher gut beraten, vor der Anmeldung die Neuheit und Eigenart ihres Designs zu recherchieren, um spätere Konflikte zu vermeiden.
Kein Designschutz ohne "Neuheit" und "Eigenart"
Im vorliegenden Fall scheiterte Puma am Kriterium der „Neuheit“. Ein Design gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag (oder „Prioritätstag“) kein älteres identisches Design „offenbart“ wurde (§ 2 Abs. 2 DesignG). Unter Offenbarung verstehen Juristen, dass die in Deutschland oder der EU „tätigen Fachkreise des betreffenden Wirtschaftszweiges die Möglichkeit hatten, das Design zur Kenntnis zu nehmen“ (§ 5 DesignG). Oder umgangssprachlich: Vor dem Anmeldetag darf ein identisches oder nur in unwesentlichen Merkmalen abweichendes Design nicht ausgestellt, vertrieben oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein. Dies gilt grundsätzlich für das eigene Design, aber auch für identische Designs anderer. Denn wenn ein Design vor dem Anmeldetag „offenbart“ wurde, ist es nicht mehr neu und damit nicht mehr schutzfähig - auch wenn es eingetragen ist.
👉 Eine Ausnahme bildet die „Neuheitsschonfrist“. Damit ein potenzieller Inhaber eines Designs abschätzen kann, ob das Design auf dem Markt überhaupt erfolgreich sein wird, darf er es in einem Zeitraum von bis zu 12 Monaten vor der Anmeldung selbst veröffentlichen - ohne dadurch die Neuheit des Designs zu gefährden (§ 6 DesignG).
Im Fall von Puma war das Timing allerdings nicht so gut: Die Fotos von Rihanna tauchten bereits mehr als 12 Monate vor der Designanmeldung auf.
Puma wehrt sich erfolglos: Rihanna-Post offenbarte Design
Puma versuchte dennoch, sich vor dem EuG zu verteidigen. Mit guten Gründen: Die Frage, ob ein Design tatsächlich in neuheitsschädlicher Weise offenbart wurde, ist in vielen Nichtigkeitsverfahren umstritten. So argumentierte Puma, dass sich im Jahr 2014 noch niemand für die Schuhe von Rihanna auf den Fotos interessiert habe. Insofern habe auch niemand das Design wahrgenommen. Eine „Offensichtlichkeit“ sei daher nicht gegeben, so dass das Design noch „neu“ gewesen wäre.
Das EuG sah dies jedoch anders und wies die Klage ab. Auf den Fotos seien alle wesentlichen Merkmale des Designs erkennbar gewesen, sodass es durch die Fotos von Rihanna der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Zudem sei Rihanna im Jahr 2014 bereits weltweit bekannt gewesen. Nicht nur Fans, sondern auch Personen aus der Modebranche hätten daher ein großes Interesse an den Schuhen gehabt, die sie am Tag der Vertragsunterzeichnung mit Puma trug.
EuG, Urteil vom 06.03.2024, Az. T-647/22 (PUMA ./. EUIPO)
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Fazit: Was kreative Unternehmen aus dem Fall lernen können
Unternehmen müssen im Zusammenhang mit dem Designschutz, insbesondere bei der Veröffentlichung ihrer Designs, einige wichtige Punkte beachten, um nicht selbst die Schutzunfähigkeit ihres Designs herbeizuführen und damit die Löschung ihres Designs zu riskieren:
⏳ Nutzung der Neuheitsschonfrist: Entscheidend ist die so genannte Neuheitsschonfrist von 12 Monaten. Innerhalb dieser Frist können Unternehmen ihr Design veröffentlichen und vermarkten, ohne dass dadurch die Neuheit des Designs beeinträchtigt wird. Sie haben also bis zu einem Jahr nach der ersten Veröffentlichung Zeit, den Designschutz anzumelden.
🤫 Vertraulichkeit wahren: Vor der offiziellen Veröffentlichung oder Anmeldung sollten Unternehmen das Design nur unter der Bedingung der Vertraulichkeit offenbaren. Dies gilt insbesondere für Gespräche mit Geschäftspartnern oder potenziellen Kunden. Eine Offenbarung unter Vertraulichkeitsbedingungen gilt nicht als öffentliche Zugänglichmachung und ist daher nicht neuheitsschädlich.
✅ Designanmeldung vor Veröffentlichung: Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Unternehmen ihr Design anmelden, bevor sie es der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dadurch wird jegliches Neuheitsrisiko ausgeschlossen.
📢 Marketingabteilung und soziale Medien: Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter, insbesondere in der Marketingabteilung, für das Risiko von Vorveröffentlichungen sensibilisieren und diesbezüglich klare Richtlinien aufstellen. Wie der Fall "Puma" zeigt, sind auch Veröffentlichungen in eigenen Social Media Kanälen neuheitsschädlich.
📅 Aufschiebung der Offenbarung nutzen: Bei der Anmeldung eines Designs können Unternehmen eine Aufschiebung der Bekanntmachung um 30 Monate beantragen. Dies ermöglicht es, die Marktakzeptanz abzuwarten oder Marketingstrategien zu entwickeln, während das Design geheim bleibt.
🗂️ Dokumentation der Erstveröffentlichung: Unternehmen sollten die Erstveröffentlichung ihres Designs sorgfältig dokumentieren. Dies kann im Streitfall wichtig sein, um den Beginn der Neuheitsschonfrist nachzuweisen.
🌍 Internationale Aspekte beachten: Bei internationalen Aktivitäten ist zu beachten, dass auch Veröffentlichungen außerhalb der EU - zum Beispiel auf Messen in China oder den USA - neuheitsschädlich sein können.