Fotos: Wann wird deutsches Urheberrecht verletzt?

Fotos im Internet

Das deutsche Urheberrecht schützt sowohl schöpferische Lichtbilder als auch rein technisch-fotografische Aufnahmeleistungen und damit auch nicht kreative Lichtbilder. Abmahner berufen sich daher gerne und oft auf das deutsche Urheberrecht. Werden Fotos oder Produktbilder auf einer in Deutschland abrufbaren Website verwendet, stellt sich jedoch die Frage: Liegt automatisch eine Verletzung des deutschen Urheberrechts vor? In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen und geben praktische Beispiele zur Veranschaulichung.

Urheberrecht: Welche Fotos sind urheberrechtlich geschützt?

In Deutschland ist jedes Foto urheberrechtlich geschützt. Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) unterscheidet jedoch zwischen "Lichtbildwerken" (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) und „Lichtbildern“ (§ 72 UrhG). Der Hauptunterschied liegt in der erforderlichen Schöpfungshöhe und der Schutzdauer.

Lichtbildwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG)

Ein Lichtbildwerk ist eine fotografische Aufnahme, die eine gewisse Individualität („Schöpfungshöhe“) aufweist. Die Individualität zeigt sich in der kreativen Gestaltung des Motivs, der Wahl der Perspektive, der Beleuchtung oder der Komposition, die das Foto von einem bloßen Schnappschuss unterscheidet. Diese individuellen künstlerischen Entscheidungen verleihen dem Bild eine persönliche Note und erfüllen die Anforderungen an eine persönliche geistige Schöpfung. Diese Werke genießen einen umfassenden urheberrechtlichen Schutz, der bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (Fotografen) anhält.

Beispiele: Landschaftsbilder, Produktbilder oder Portraitaufnahmen, die sich durch besondere Komposition, Beleuchtung oder Technik auszeichnen.

Lichtbilder (§ 72 UrhG)

Lichtbilder sind Fotografien, die nicht die für Lichtbildwerke erforderliche Individualität erreichen. An der erforderlichen Individualität fehlt es bei rein handwerklichen Leistungen, auch wenn sie durch die einwandfreie Beherrschung der Aufnahme-, Entwicklungs- und Vergrößerungstechnik solide und fachgerecht ausgeführt wurden. Lichtbilder genießen eine Schutzdauer von 50 Jahren nach ihrer Veröffentlichung oder Herstellung, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.

Beispiele: Schnappschüsse („Knipsbilder“), einfache Produktfotos oder Urlaubsfotos. Reine technische Reproduktionen (z. B. durch Fotokopieren oder Scannen) sind nicht als Lichtbilder geschützt.

Wann wird deutsches Urheberrecht verletzt?

Das deutsche Urheberrecht gilt aufgrund des im Immaterialgüterrecht maßgeblichen sog. „Territorialitätsprinzips“ nur in Deutschland. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus deutschem Urheberrecht (z.B. auf Unterlassung und Schadensersatz) setzt daher eine urheberrechtsverletzende Handlung in Deutschland voraus (sog. Inlandsbezug). Wann aber liegt der erforderliche Inlandsbezug vor?

Bloße Abrufbarkeit der Website in Deutschland genügt nicht

Die Tatsache, dass die Webseite mit dem Foto auch in Deutschland abrufbar ist, reicht für die Bejahung eines Inlandsbezugs nicht aus, da Webseiten grundsätzlich weltweit abrufbar sind. Die bloße Abrufbarkeit der Webseite in Deutschland führt lediglich dazu, dass deutsche Gerichte zuständig sind und deutsches Urheberrecht Anwendung findet. Eine andere Frage ist jedoch, ob tatsächlich deutsches Urheberrecht verletzt wird, ob also im konkreten Fall ein Inlandsbezug vorliegt.

Website muss sich auch gezielt an Personen in Deutschland richten

Ein Inlandsbezug liegt nur dann vor, wenn sich die Webseite, auf der das Foto verwendet wird, gezielt an Personen in Deutschland richtet. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Die Prüfung erfolgt anhand verschiedener Kriterien wie Sprache, Kontaktadressen, beworbene Produkte, Liefergebiet, Währung, anwendbares Recht laut AGB, Top-Level-Domain.

Beispiele aus der Rechtsprechung, in denen eine Verletzung des deutschen Urheberrechts verneint wurde:

Fotos in Blogs auf Französisch, Griechisch, Bahsa Indonesia

Bereits 2016 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass die Verwendung ausländischer Fotos in einem Blog nicht gegen deutsches Urheberrecht verstößt, wenn sich der Blog nicht gezielt an deutsche Nutzer richtet. Diverse Blogs, die über einen amerikanischen Bloggingdienst erstellt wurden und Fotos der Klägerin enthielten, waren zwar mit der TDL „.de“ versehen, jedoch ausschließlich in den Sprachen Bahsa Indonesia, Französisch oder Griechisch u.a. verfasst. Übersetzungsmöglichkeiten standen, wenn überhaupt, nur über das Tool „Google Translate“ zur Verfügung. Das LG Hamburg verneinte eine gezielte Ansprache deutscher Nutzer und damit den erforderlichen Inlandsbezug und wies die Klage ab (LG Hamburg, Urteil vom 17.06.2016 - 308 O 161/13).

Foto auf der Website einer südafrikanischen Anwaltskanzlei 

In diesem Fall ging es um die Nutzung eines Fotos eines deutschen Fotografen auf der Webseite einer südafrikanischen Anwaltskanzlei. Der Fotograf hatte dieser Nutzung nicht zugestimmt und beantragte beim LG Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Berufung auf deutsches Urheberrecht. Sowohl das LG als auch das OLG verneinten eine Verletzung deutschen Urheberrechts, da die Website der südafrikanischen Anwaltskanzlei nicht auf Nutzer aus Deutschland ausgerichtet sei (OLG Hamburg, Beschluss vom 15.07.2021 - 5 W 13/21).

Produktbilder auf Webseiten in kyrillischer Schrift und TLD ru, ua, kz

In beiden Entscheidungen ging es um die Verwendung von Produktbildern auf Webseiten mit den Domains "ru" (Russland), "ua" (Ukraine) bzw. "kz" (Kasachstan). Die Texte auf den Internetseiten waren grundsätzlich in kyrillischer Schrift verfasst, die Artikelbeschreibungen jedoch teilweise auch in deutscher Sprache. Nach Ansicht des LG Hamburg belegen bereits die TLDs, dass sich die Internetseiten nicht gezielt an Nutzer aus Deutschland, sondern aus Russland, der Ukraine und Kasachstan richten. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass es in Deutschland eine größere russischsprachige Community gibt. Dass die Artikelbeschreibungen und Fehlermeldungen auf Deutsch waren, reichte dem LG Hamburg nicht aus, um einen Inlandsbezug zu bejahen (LG Hamburg, Urteile vom 16.09.2022 - 310 O 442/20 / 310 O 443/20).

Foto auf englischsprachiger Website mit com-TLD

In diesem Fall verwendete ein Gemüseproduzent aus Niederbayern ein Foto auf seiner ausschließlich englischsprachigen Webseite, die unter einer com-TDL abrufbar war. Im Impressum waren eine Kontaktadresse und der Firmensitz in Deutschland angegeben. Das Gericht verneinte einen Verstoß gegen deutsches Urheberrecht. Es betonte, dass die Sprache der Webseite ein entscheidender Faktor für die gezielte Ansprache von Nutzern aus einem bestimmten Land sei. Da die gesamte Website ausschließlich in englischer Sprache verfasst war, verneinte das Gericht den erforderlichen Inlandsbezug (AG Deggendorf, Urteil vom 09.02.2023 - 3 C 825/22).

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Fazit und Praxishinweis

📸 In Deutschland ist jedes Foto geschützt, sei es als Lichtbildwerk oder als Lichtbild. Unterschiede gibt es grundsätzlich nur bei der Schutzdauer.

🌐 Das deutsche Urheberrecht gilt nur in Deutschland. Die bloße Abrufbarkeit einer Webseite mit einem Foto in Deutschland führt noch nicht zu einem Verstoß gegen deutsches Urheberrecht.

🔍 Erforderlich ist vielmehr ein Inlandsbezug, d.h. die Website muss sich gezielt (zumindest auch) an Nutzer aus Deutschland richten. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

Maßgeblich sind dabei folgende Kriterien und Indizien: verwendete Sprache, angegebene Kontaktadressen, beworbene Produkte, angebotenes Liefergebiet, angegebene Währung, anwendbares Recht laut AGB, gewählte Top-Level-Domain.🛠️

⚖️ Betroffene, die eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung erhalten haben, sollten diese daher anwaltlich überprüfen lassen. Insbesondere bei Sachverhalten mit Auslandsbezug stellt sich immer die Frage, ob deutsches Urheberrecht verletzt wird.

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