Markenabmahnung: Alternativen zur Unterlassungserklärung

Optionen und Entscheidung
Foto von Javier Allegue Barros auf Unsplas

Bei Verletzungen von Marken, Designs, Patenten, Urheberrechten oder Wettbewerbsverstößen drohen stets Abmahnungen. Haben auch Sie eine Abmahnungen erhalten? Dann müssen Sie überlegen, wie Sie reagieren. Die wichtigste Entscheidung, die Sie treffen müssen, ist, ob Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben oder nicht. Je nach Art des abgemahnten Verstoßes kann die Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung die wirtschaftlich sinnvollere Lösung in Ihrem Fall sein. Insbesondere, wenn Sie nicht sicherstellen können, dass Sie bzw. Ihre Mitarbeiter in Zukunft nicht gegen die Unterlassungserklärung verstoßen. Denn dann drohen hohe Vertragsstrafen.

Unterlassungsanspruch & Unterlassungserklärung

Nach der Rechtsprechung begründet der beanstandete Verstoß die Gefahr, dass der Abgemahnte auch in Zukunft solche Verstöße begeht, z.B. erneut wettbewerbswidrig wirbt oder weitere markenrechtsverletzende Produkte anbietet. Diese sog. Wiederholungsgefahr wird nach der Rechtsprechung nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt und hierdurch der Unterlassungsanspruch erfüllt.

Es genügt nicht, wenn der Abgemahnte die beanstandeten Verstöße beseitigt (z.B. ein Foto von der Webseite löscht oder die markenrechtsverletzenden Produkte aus dem Shop nimmt). Ebenso wenig genügt das bloße Versprechen oder der Wille des Abgemahnten, solche Verstöße in Zukunft nicht mehr zu begehen. Auch dann muss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden.❗

Was ist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung?

Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ist ein Versprechen, dass Sie die beanstandete Handlung (z.B. eine bestimmte Werbung, Angebot markenrechtsverletzender Produkte, Nutzung eines Fotos) in Zukunft nicht wiederholen. Für den Fall, dass Sie gegen das Versprechen verstoßen, verpflichten Sie sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Abmahner.

Verstoßen Sie tatsächlich gegen die Pflichten aus der Unterlassungserklärung und bekommt der Abmahner Wind davon, kann und wird der Abmahner Vertragsstrafe fordern. Vertragsstrafen im gewerblichen Kontext betragen in der Regel mindestens 5.000 EUR. Je nach Art, Umfang und Dauer des Verstoßes können aber auch weitaus höhere Vertragsstrafen gefordert werden. Es ist daher wichtig, die Verpflichtungen, die in der Unterlassungserklärung enthalten sind, genau zu verstehen und dann auch einzuhalten.

Reaktionen auf eine Abmahnung: Überlegungen und Optionen

Unterlassungserklärungen sind für einen sehr langen Zeitraum bindend und können nur schwer rückgängig gemacht werden, es sei denn, es gibt besondere Umstände, die eine Kündigung oder Anfechtung rechtfertigen. Diese Möglichkeiten werden jedoch nur in seltenen Fällen tatsächlich bestehen. Die Anforderungen der Rechtsprechung sind hier hoch. Auch aufgrund der langen Bindungsdauer - quasi "ein Leben lang" - müssen Sie gut überlegen, ob Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben oder nicht.

Optionen bei Abmahnungen: Unterlassungserklärung oder Gerichtsverfahren

Niemand muss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Auch nicht, wenn die Abmahnung berechtigt ist. Sie entscheiden, ob Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgebenoder "lieber" das Risiko eines Klageverfahrens eingehen. Es kann zahlreiche Gründe geben, warum man keine Unterlassungserklärung abgeben sollte bzw. "möchte". ❗

Abgemahnte sollten daher nach Erhalt einer Abmahnung überlegen, ob sie sicherstellen können, dass der abgemahnte Verstoß in Zukunft nicht noch einmal erfolgt. Dabei ist zu beachten, dass Unternehmen auch für Fehler Dritter wie z.B. eigener Mitarbeiter oder von beauftragten Werbe- oder SE-Agenturen haften. Sowohl die eigenen Mitarbeiter als auch Dritte sind daher über Abgabe, Inhalt und Bedeutung der strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Folgen eines Verstoßes zu informieren und zu belehren. Zudem müssen Unternehmen stichprobenartig überprüfen, ob Mitarbeiter und Agenturen etc. die Vorgaben umsetzen.

Können Sie nicht 100% sicherstellen, dass Sie bzw. Ihre Mitarbeiter zukünftig nicht gegen die Unterlassungserklärung verstoßen, sollten Sie die Vor- und Nachteile der Abgabe bzw. Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung genau abwägen und die aus wirtschaftlicher Sicht für Sie richtige Entscheidung treffen. ❗

Abgabe einer Unterlassungserklärung: Pro & Kontra

Pro: Kein Klagerisiko

Wenn Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, haben Sie damit den Unterlassungsanspruch des Abmahners erfüllt. Der Abmahner hat dann keinen Grund mehr, seinen Unterlassungsanspruch vor Gericht zu verfolgen. Dies spart Ihnen Gerichts- und Anwaltskosten.

Kontra: Risiko von Vertragsstrafen

Wenn Sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, versprechen Sie, die beanstandete Handlung in Zukunft nicht mehr zu wiederholen. Wenn Sie gegen die Unterlassungserklärung verstoßen, kann der Abmahner von Ihnen eine Vertragsstrafe fordern. Es ist daher wichtig, die Verpflichtungen, die in der Unterlassungserklärung enthalten sind, genau zu verstehen und einzuhalten.

Vertragsstrafen im gewerblichen Rechtsschutz beginnen in der Regel ab 5.000 EUR. Je nach Art, Umfang und Dauer des Verstoßes können auch weitaus höhere Vertragsstrafen anfallen. Da die Vertragsstrafen an den Abmahner zu zahlen sind, hat dieser ein Interesse daran, Verstöße zu entdecken oder sogar zu provozieren, um Vertragsstrafen zu fordern. ❗

Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung: Kontra & Pro

Kontra: Risiko & Kosten Gerichtsverfahren

Gibt man keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, besteht das Risiko, dass der Abmahner seinen Unterlassungsanspruch gegen Sie gerichtlich geltend macht. Dies kann er entweder im Eilverfahren oder im normalen Hauptsacheverfahren tun.

Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass dem Abmahner ein Unterlassungsanspruch zusteht, verurteilt das Gericht Sie zur Unterlassung. In diesem Fall entstehen daher weitere Anwalts- und Gerichtskosten. Diese Kosten können Sie jedoch gering halten, indem Sie sich nicht verteidigen. Dann dürften die mit einem Gerichtsverfahren verbundenen Kosten geringer sein als auch nur eine Vertragsstrafe.

Pro: Bei Verstoß drohen „nur“ Ordnungsgelder

Bei einem Verstoß gegen einen gerichtlichen Unterlassungstitel kann der Abmahner keine Vertragsstrafe fordern. Er ist darauf beschränkt, bei Gericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen Sie zu beantragen. Ordnungsgelder sind in der Regel geringer als Vertragsstrafen. Zudem fließen Ordnungsgelder dem Staat zu. Daher ist die Motivation des Abmahners bei einem Unterlassungstitel zukünftige Verstöße aufzudecken oder gar zu provozieren, oft sehr viel geringer.

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⇒ Gerichtsverfahren als Alternative zur Unterlassungserklärung

Bei Fehlern, die häufig vorkommen, sollte ggf. keine Unterlassungserklärung abgegeben, sondern das Klagerisiko in Kauf genommen werden. Hierzu gehören Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten, insbesondere gegen die Preisangabenverordnung oder Kennzeichnungsverordnungen für Kosmetik, Lebensmittel, Textilien oder Spielzeug.

Zudem ist zu beachten, dass sich die Unterlassungserklärung in der Regel nicht auf den abgemahnten Shop oder Marktplatz bezieht, sondern grundsätzlich gilt. Wer beispielsweise aufgrund eines Verstoßes im eigenen Shop abgemahnt wurde, muss auch sicherstellen, dass keine entsprechenden Verstöße auf Amazon oder eBay stattfinden. Hier ist wiederum zu beachten, dass Online-Händler auch für technische Fehler von Plattformen wie Amazon und eBay haften.

Vertragsstrafen: Höhe & Überprüfung

Die Höhe der eventuell zu zahlenden Vertragsstrafe hängt von verschiedenen Aspekten, u.a. Formulierung der Unterlassungserklärung, der Art, Dauer und Gefährlichkeit des Verstoßes und dem Verschuldensgrad ab.

Ein wichtiger Faktor ist die Formulierung der strafbewehrten Unterlassungserklärung. Wurde darin für den Fall des Verstoßes eine bestimmte feste Summe (z.B. 5.100 EUR) versprochen, ist bei einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung diese Summe zu zahlen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die versprochene feste Summe offenkundig überzogen ist.

Niemand muss eine feste Vertragssfrafe versprechen. Auch nicht, wenn eine feste Vertragsstrafe in der der Abmahnung beigefügten vorformlurierten Unterlassungserklärung angeführt ist. Man kann und sollte eine solche Unterlassungserklärung ändern. ❗

In der Praxis wird die Unterlassungserklärung nach dem sog. „neuen Hamburger Brauch“ abgegeben. Bei dieser Variante wird keine feste Vertragsstrafe, sondern nur eine "angemessene Vertragsstrafe" in der Unterlassungserklärung versprochen. In diesem Fall wird die konkrete Höhe der Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung nachträglich vom Abmahner nach billigem Ermessen festgesetzt. Dies ermöglicht eine Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes und des Verschuldens bei der Festlegung der Vertragsstrafe.

Ist der Unterlassungsschuldner der Ansicht, die vom Abmahner (Unterlassungsgläubiger) geforderte Vertragsstrafe ist unangemessen hoch, kann er durch die staatlichen Gerichte überprüfen lassen, ob der Abmahner seinen Ermessensspielraum eingehalten hat. Hat er den Ermessensspielraums überschritten, kann das Gericht die Höhe der Vertragsstrafe reduzieren. Dies setzt jedoch voraus, dass das Gericht die festgesetzte Vertragsstrafe als „unbillig“ einstuft. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn das Gericht eine geringere Vertragsstrafe für ausreichend erachtet. Denn dem Abmahner steht ein Ermessensspielraum zu. In der Regel liegt „Unbilligkeit“ erst vor, wenn die vom Abmahner festgesetzte Vertragsstrafe mehr als 1/3 über der vom Gericht als ausreichend angesehenen Vertragsstrafe liegt.

Neue Unterlassungserklärung nach Verstoß: Was zu beachten ist

Die Rechtsprechung nimmt an, dass bei einem Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung die sog. Wiederholungsgefahr erneut auflebt. Dies führt dazu, dass aufgrund des Verstoßes, für den eine Vertragsstrafe geltend gemacht wird, eine weitere (zweite) Abmahnung ausgesprochen wird, die mit weiteren Abmahnkosten verbunden ist. In der zweiten Abmahnung wird die Abgabe einer weiteren Unterlassungserklärung verlangt. Hierbei ist folgendes zu beachten:

⇒ Enthält die ursprüngliche Unterlassungserklärung eine feste Vertragsstrafe (z.B. 5.100 EUR), wird die Wiederholungsgefahr nur durch Abgabe einer weiteren Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe (z.B. 10.000 EUR) ausgeräumt. Denn die Rechtsprechung geht davon aus, dass die ursprüngliche Unterlassungserklärung nicht ausreichend war, um die Wiederholungsgefahr zu vermeiden. Dies kann nur durch eine höhere Vertragsstrafe in der neuen Unterlassungserklärung erreicht werden.

⇒ Wurde die ursprüngliche Unterlassungserklärung nach dem neuen Hamburger Brauch abgegeben ("angemessene Vertragsstrafe"), hat der Abmahner zwar auch dann einen Anspruch auf Abgabe einer weiteren Unterlassungserklärung. Allerdings reicht es aus, wenn der Abgemahnte erneut nur eine Unterlassungserklärung nach dem neuen Hamburger Brauch abgibt. Es ist nicht (mehr) notwendig, nun eine Mindestsumme in der neuen Unterlassungserklärung anzugeben. Der BGH hat seine anderlautende bisherige Rechsprechung aufgegeben (BGH, Urt. v. 01.12.2022, I ZR 144/21 „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“). Kommt es nochmals zu einem Verstoß, ist im Rahmen der Festsetzung der Vertragsstrafe der wiederholte Verstoß zu bewerten. Der zweite Verstoß führt in der Regel zu einer höheren Vertragsstrafe als bei einem Erstverstoß.

Handlungsempfehlungen für Abgemahnte bei Verstößen gegen Unterlassungserklärungen

Wenn ein Unternehmen abgemahnt wird, weil es z.B. Urheberrechte, Designrechte oder Markenrechte verletzt oder sich wettbewerbswidrig verhalten hat, ist es wichtig, schnell zu handeln. In der Regel wird in Abmahnungen eine Frist von 1 Woche zur Abgabe einer Unterlassungserklärung verlangt. Eine solche kurze Frist ist zulässig. Unternehmen können jedoch um Fristverlängerungen bitten. Üblicherweise wird die Frist um 1 Woche verlängert. Das muss der Abmahner aber nicht.

Auch wenn die Abmahnung berechtigt ist, besteht keine Pflicht zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann jedoch ein gerichtliches Verfahren und somit Kosten vermieden werden. Allerdings sollten Unternehmen genau verstehen, welche Verpflichtungen sie mit der Abgabe einer Unterlassungserklärung eingehen und welche Risiken bei einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung drohen.

Aufgrund drohender Vertragsstrafen sollte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wohlüberlegt sein. Denn das weitaus größere finanzielle Risiko stellen Vertragsstrafen darf.

Kann nicht 100% sichergestellt werden, dass in Zukunft nicht gegen die Pflichten aus der Unterlassungserklärung verstoßen wird, kann die Verweigerung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung im Ergebnis die wirtschaftlich sinnvollere Lösung sein.

Kommt es nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu einem Verstoß, ist es spätestens jetzt ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um weitere finanzielle Schäden zu vermeiden und eine geeignete Reaktion auf die weitere Abmahnung und Vertragsstrafe zu planen.

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