Abmahnung Maximilian Größbauer & brandt. legal - Was tun?

Newsletter per E-Mail
Bild von Muhammad Ribkhan auf Pixabay

Herr Maximilian Größbauer aus Wien versendet seit einigen Monaten über die Berliner Kanzlei brandt.legal Abmahnungen wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Neben hohen Abmahnkosten verlangt er auch Entschädigung nach Art. 82 DSGVO in vierstelliger Höhe. Doch: Sind seine Forderungen und Zahlungsansprüche gerechtfertigt?

Wie geht Herr Maximilian Größbauer vor?

Er meldet sich auf verschiedenen Webseiten zum Newsletter an, insbesondere auf solchen, die E-Mail-Dienstleister wie Mailchimp und Klaviyo oder Shopsysteme wie Shopify nutzen und hierüber in ihren Datenschutzerklärungen informieren. Er weiß also, dass diese Tools genutzt werden. Nach Erhalt von Newslettern fordert er die Webseitenbetreiber mit einem immer gleichlautenden Schreiben zur Auskunft nach Art. 15 DSGVO auf.

Keine Auskunft - Forderungen von brandt.legal

Wenn Webseitenbetreiber keine Auskunft nach Art. 15 DSGVO erteilen, erhalten sie als nächstes ein Schreiben von Rechtsanwalt Philip Brandt von der Berliner Kanzlei brandt.legal, in dem er im Namen von Herrn Größbauer Auskunft fordert. Zusätzlich werden eine Entschädigung nach Art. 82 DSGVO in Höhe von 1.000,00 EUR sowie Anwaltskosten in Höhe von 719,95 EUR gefordert. Die Anwaltskosten werden aus Basis einer 1,5 Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von 6.000,00 EUR (!) berechnet.

Auskunft erteilt - erneute Forderungen von brandt.legal

Erteilen Webseitenbetreiber Auskunft und weisen darauf hin, dass Daten möglicherweise in die USA weitergegeben werden, erhalten auch sie ein Schreiben von Rechtsanwalt Philip Brandt von der Kanzlei brandt.legal. In diesem fordert er erneut im Namen von Herrn Größbauer eine Entschädigung nach Art. 82 DSGVO in Höhe von 5.000,00 EUR wegen "genervt sein" und "Kontrollverlustes". Zudem werden Anwaltskosten in Höhe von 1.728,48 EUR gefordert, wiederum berechnet auf Basis einer 1,5 Geschäftsgebühr und diesmal einem Gegenstandswert von 30.000,00 EUR (!).

Massenweise Abmahnungen wegen DSGVO-Verstößen

Herr Größbauer hat offenbar eine große Anzahl von Abmahnungen an verschiedene Webseitenbetreiber versendet, berichten auch andere Kollegen über Abmahnungen von der Kanzlei brandt.legal im Auftrag von Herrn Größbauer. Wie viele DSGVO Abmahnungen Herr Größbauer bisher versendet hat, ist (noch) unbekannt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er bereits Abmahnungen im dreistelligen Bereich versendet hat.

Hohes Kostenrisiko für Herrn Größbauer

Wenn man davon ausgeht, dass Herr Größbauer 100 anwaltliche Schreiben wegen Auskunftsverlangen nach Art. 15 DSGVO versendet hat, wäre er gegenüber der Kanzlei brandt. legal ein Kostenrisiko in Höhe von ca. 70.000 EUR eingegangen. Wenn man davon ausgeht, dass er auch für 100 Schreiben nach Auskunftserteilung wegen Datenweitergabe in die USA jeweils 1.728,48 EUR an Anwaltskosten gefordert hat, würde das Kostenrisiko für Herrn Größbauer auf weitere 172.000 EUR ansteigen. All das, um den Datenschutz durchzusetzen?

Wichtig zu wissen: Ein Abmahner darf von Abgemahnten nur Erstattung der Anwaltskosten verlangen, die er im Innenverhältnis seinem Anwalt verpflichtet ist zu zahlen. Daher muss ein Abmahner spätestens im Klageverfahren zur Abrechnung im Innenverhältnis vortragen und diese im Zweifel belegen.

Abmahnungen wegen DSGVO-Verstößen: Ein lukratives Geschäftsmodell?

Unabhängig von der Frage der Abrechnung im Innenverhältnis ist Herr Größbauers Vorgehen auch in anderer Hinsicht kritisch zu hinterfragen. Denn es besteht der Verdacht, dass Herr Größbauer gezielt auf verschiedenen Webseiten Newsletter abonniert, um dann gezielt Verstöße gegen die DSGVO festzustellen und daraufhin Entschädigungsansprüche nach Art. 82 DSGVO geltend zu machen.

Rechtsmissbrauch bei Massenabmahnungen wegen DSGVO-Verstößen

Ein solches Vorgehen widerspricht jedoch dem Sinn und Zweck der DSGVO, wie das LG München I in seinem Urteil vom 30.03.2023 in Bezug auf die Google Fonts Abmahnwelle festgestellt hat. Der dortige Beklagte hatte über 100.000 Webseitenbetreiber wegen der Einbindung von Google Fonts abgemahnt und für eine Zahlung von 170 EUR angeboten, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Dieses Vorgehen stufte das LG München I als rechtsmissbräuchlich ein:

"Selbst wenn jedoch angenommen würde, dass auch ein automatisierter Besuch einer Website, der zur Übertragung der IP-Adresse des Nutzers führt, grundsätzlich geeignet wäre, eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts zu begründen, so scheidet ein Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen den Kläger unter dem Gesichtspunkt der Tatprovokation aus. Der mutmaßlich vom Beklagten eingesetzte Crawler sollte ja gerade Websites mit dynamischer Google-Fonts-Einbindung finden. Die Übertragung der IP-Adresse in die USA war dann auch zwingende Voraussetzung, um überhaupt einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Wer sich aber bewusst und gezielt in eine Situation begibt, in der ihm eine Persönlichkeitsrechtsverletzung droht, gerade um die Persönlichkeitsverletzung an sich zu erfahren, um sodann daraus Ansprüche zu begründen, ist nicht schutzbedürftig. (…)

Selbst wenn man dem Beklagten zubilligen würde, auch ihm sei es darum gegangen, weitverbreitete Verstöße gegen die DSGVO bei der Einbindung von Google-Fonts zu dokumentieren, um damit andere Internetnutzer zu schützen, würde eine solche - vom Gericht ohnehin nicht gesehene - Haltung des Beklagten ihre Grenze jedenfalls darin finden, dass Ansprüche dann ausgeschlossen sind, wenn eindeutig vorrangiges Motiv eine Gewinnerzielung auf Grund entsprechender Datenschutzverstöße ist. Davon ist hier jedoch auszugehen. Bereits die Zahl der vom Kläger in den Falllisten dokumentierte Fälle ist hoch, wenngleich bei weitem nicht in einer sechs- oder siebenstelligen Fallzahl. Im Termin zur mündlichen Verhandlung gab der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, der anstelle des geladenen, aber nicht persönlich erschienenen Beklagten informatorisch angehört wurde, an, die Zahl der Abmahnungen liege in einem niedrigen sechsstelligen Bereich. Dies würde also mindestens 100.000 Abmahnungen bedeuten. Die Versendung von mindestens 100.000 Abmahnschreiben durch einen Rechtsanwalt zu beauftragen und der Versand selber bedeutet aber erhebliche Aufwendungen, sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht, jedenfalls dann, wenn diese Abmahnschreiben nicht völlig automatisiert erstellt und versendet werden. Das Gericht erachtet es für kaum denkbar, dass eine Privatperson nur aus Verärgerung über einen aus ihrer Sicht gegebenen und weit verbreiteten Datenschutzverstoß von Website-Betreibern den mit der Versendung von mindestens 100.000 Abmahnschreiben verbundenen Aufwand auf sich nehmen wird, nur um auf den von ihm gesehenen Missstand beim Datenschutz aufmerksam zu machen. Zudem hat der Beklagte an die Adressaten seiner „Abmahnungen“ nicht bloße Informationsschreiben versendet bzw. versenden lassen, sondern diese ausdrücklich als „Abmahnung“ bezeichnet. Die Schreiben wurden auch nicht durch den Beklagten persönlich versendet, sondern in seinem Namen durch Rechtsanwalt (...) .

Die gezielte Einschaltung eines Rechtsanwalts und die Bezeichnung „Abmahnung“ sollte zur Überzeugung des Gerichts die Drohkulisse gegenüber den Empfängern der „Abmahnungen“ vergrößern. Zudem ist die fehlende Weiterverfolgung der behaupteten Ansprüche bei Gericht zu berücksichtigen. Anders als bei einem Testkauf in lauterkeitsrechtlichen Konstellationen geht das Gericht schon auf der Basis der eigenen Angaben des Beklagten davon aus, dass der Beklagte nie vorhatte, auch nur eine irgendwie nennenswerte Zahl an Fällen im Vergleich zur Zahl der Abmahnungen zu Gericht bringen. Hierfür hätte der Beklagte wegen des durch ihn zu leistenden Gerichtskostenvorschusses bereits erhebliche finanzielle Mittel aufbringen müssen, ohne dass zu erkennen ist, dass der Beklagte über solche als vormals gerichtlich bestellter Betreuter verfügen würde.“

DSGVO Abmahnungen von Größbauer: Druckaufbau als Strategie

Selbst wenn Herr Größbauer keine Crawler einsetzt, muss er sich fragen lassen, warum er sich auf diversen Webseiten zum Newsletter anmeldet, auf denen die Datenschutzerklärungen bestimmte Tools erwähnen, obwohl er eigentlich den Verlust der Kontrolle über seine Daten befürchtet. Der Gedanke an die Erschließung einer Einnahmequelle liegt auch hier nicht fern.

In dieses Bild passt denn auch, dass in den von der Kanzlei brandt.legal im Auftrag von Größbauer verschickten Abmahnungen zur Steigerung der Zahlungsmotivation nicht nur die Einschaltung der Datenschutzbehörde und die Verhängung "von Geldbußen von bis zu 20 Millionen Euro", sondern auch ein Gewerbeuntersagungsverfahren angedroht wird. Dies kann für die Abgemahnten ein empfindliches Übel im Sinne von § 240 StGB darstellen.

LG Memmingen: Kein Schadensersatz bei Nichterteilung Auskunft nach Art. 15 DSGVO

Ungeachtet des "Vorgehens" von Größbauer, ist umstritten, ob die Nichterteilung von Auskünften einen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO rechtfertigt. Zwar gibt es in der Tat Urteile, die Betroffenen Schadensersatz zusprechen, wenn der Verantwortliche nach Aufforderung keine Auskunft nach Art. 15 DSGVO erteilt. Das LG Memmingen (Urteil vom 09.03.2023, AZ 35 O 1036/22) lehnt einen Anspruch auf Schadensersatz gem. Art. 82 DSGVO wegen fehlender Auskunftserteilung mit folgender (durchaus nachvollziehbarer) Begründung ab:

"Ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens in der geltend gemachten Höhe von 1.000 € steht der Klagepartei nicht zu.

a) Der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ergibt sich nicht aus Art. 82 DSGVO.

aa) Der Anspruch ergibt sich bereits nicht aus Art. 82 DSGVO, da der Schutzbereich nicht eröffnet ist.
Art. 82 DSGVO erfasst Verstöße, welche durch eine nicht der Verordnung der DSGVO entsprechende Verarbeitung (von Daten) entstanden sind, vgl. Art. 82 Abs. 2 DSGVO. Erforderlich ist daher von vornherein eine Verarbeitung von Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO handelt es sich bei um jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.

Soweit die Klageseite der Beklagten Verstöße gegen Informationspflichten vorwirft, kann sich hieraus somit bereits kein Anspruch aus Art. 82 DSGVO ergeben, da es sich um keinen Verstoß im Hinblick auf die Verarbeitung von Daten handelt.
Die von Klageseite vorgebrachten Verstöße gegen Art. 13, 14 DSGVO, Art. 34 DSGVO und Art. 15 DSGVO betreffen einzig und allein Informationspflichten gegenüber den betroffenen Personen. Die Information über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten stellt aber keine Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO dar, sodass der Klageseite ein entsprechender Schadensersatzanspruch aus etwaigen (nicht vorliegenden, siehe unten) Verstößen nicht zustehen kann (vgl hierzu u.a in Gola/Heckmann 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 82 Rn. 20; LG Essen, Urteil vom 10.11.2022 – 6 O 111/22)."

Fazit – DSGVO Abmahnungen von Maximilian Größbauer durch brandt. legal

Wenn Sie Post von Maximilian Größbauer aus Wien wegen Auskunft nach Art. 15 DSGVO erhalten, sollten Sie sich vor der Auskunftserteilung anwaltlich beraten lassen.

Wenn Sie bereits eine Abmahnung von der Kanzlei brandt.legal im Auftrag von Maximilian Größbauer erhalten haben, sollten Sie keinesfalls vorschnell auf die Forderungen eingehen, sondern spätestens jetzt anwaltlichen Rat einholen.

Selbst wenn ein Datenschutzverstoß vorliegt, bedeutet dies nicht automatisch, dass die geforderten Abmahnkosten oder Entschädigungszahlungen berechtigt sind. Angesichts der massenhaften Abmahnungen besteht die Möglichkeit, dass das Vorgehen rechtsmissbräuchlich ist. In diesem Fall stünden Maximilian Größbauer keine Ansprüche zu, sondern er müsste Ihnen die Rechtsverteidigungskosten erstatten.

Ich habe für meine Mandanten die Forderungen von Größbauer zurückgewiesen und diesen zur Erstattung der meinen Mandanten entstandenen Rechtsverteidigungskosten aufgefordert. Ob die Gegenseite nun - wie angedroht - Klage erhebt, bleibt abzuwarten.