Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht: Schutz und Grenzen

Eine Frau liest einen Artikel in einer Zeitschrift
Bild von Karolina Grabowska auf Pixabay

Wurden Sie Opfer einer falschen oder diffamierenden Darstellung in den Medien? Wurden Ihnen unwahre Tatsachen unterstellt? Dann kann dies eine Verletzung Ihres Allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen. Die Frage, ob eine solche Verletzung vorliegt, hängt entscheidend davon ab, ob die beanstandete Äußerung als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung einzuordnen ist. Erfahren Sie in diesem Blogbeitrag mehr über diese Unterscheidung und die Auswirkungen auf den Persönlichkeitsschutz und die Meinungsfreiheit

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht: Verankerung und Bedeutung

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wurde durch die Rechtsprechung entwickelt und genießt mittlerweile einen gewohnheitsrechtlichen Status. Es findet seine Grundlage in den Schutzrechten der Menschenwürde (Art. 1 GG) und der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG). Dadurch erhält es eine ähnliche Bedeutung wie ein eigenständiges Grundrecht im Verfassungsrecht.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wirkt sich sowohl auf die Informationsbeschaffung (Recherche) als auch auf die Verbreitung von Medienberichten und anderen Äußerungen aus, ähnlich wie andere Grundrechte. Es setzt daher gewisse Grenzen für die Meinungsfreiheit und Medienfreiheit.

Was schützt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht?

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst den Schutz des autonomen Bereichs der privaten Lebensgestaltung, in dem jeder Mensch die Möglichkeit hat, sein persönliches Leben zu führen, seine Individualität zu entwickeln und zu bewahren. In der Rechtspraxis wurden verschiedene typische Fallgruppen entwickelt, die durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt werden:

Recht am eigenen Bild: Das Recht, darüber zu bestimmen, ob und wie das eigene Bild veröffentlicht wird.

Recht am gesprochenen Wort: Das Recht, die Verbreitung von persönlichen Aussagen oder Äußerungen zu kontrollieren.

Recht am geschriebenen Wort: Das Recht, die Veröffentlichung von persönlichen schriftlichen Inhalten zu kontrollieren.

Recht am eigenen Namen: Das Recht, den Gebrauch des eigenen Namens zu kontrollieren.

Recht auf Ehre und Reputation: Der Schutz vor Rufschädigung und ehrverletzenden Äußerungen.

Recht auf Privatsphäre: Der Schutz der persönlichen Privatsphäre vor unerlaubtem Eingriff.

Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit: Das Recht, die eigene Persönlichkeit frei zu entfalten und zu entwickeln.

Recht auf informationelle Selbstbestimmung: Das Recht, selbst über die Verwendung und Verbreitung persönlicher Informationen zu entscheiden.

Recht auf Schutz vor Fragen im Berufsleben über persönliche Lebensumstände: Der Schutz vor unangemessenen Fragen im beruflichen Kontext.

Recht auf Resozialisierung: Der Schutz vor einer stigmatisierenden Darstellung nach einer abgeschlossenen Straftat.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt nicht nur ideelle Interessen, sondern auch vor wirtschaftlicher Ausbeutung und damit wirtschaftliche Interessen. Dies betrifft insbesondere das Recht am eigenen Bild oder das Namensrecht, sofern dieses nur gegen Entgelt genutzt werden darf. Im Falle einer Persönlichkeitsrechtsverletzung können Betroffene daher Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche geltend machen.

Wer kann das Allgemeine Persönlichkeitsrecht beanspruchen?

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt jede natürliche Person, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Dies gilt sowohl für Einheimische als auch für Ausländer, einschließlich Kinder und insbesondere Angehörige benachteiligter Gruppen. Wenn das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt wird, haben Betroffene das Recht auf Unterlassung, Gegendarstellung, Richtigstellung, Schadensersatz und - bei schwerwiegenden Verletzungen - auf finanzielle Entschädigung.

Die Rechtsprechung erkennt auch Verstorbenen einen sogenannten postmortalen Achtungsanspruch an, der ihnen Schutz vor schweren Verletzungen des Lebensbilds und anderen schwerwiegenden Beeinträchtigungen über den Tod hinaus gewährt. Allerdings ist dieser Achtungsanspruch zeitlich begrenzt. Die Rechtsprechung hat zum Beispiel eine Verletzung des postmortalen Achtungsanspruchs angenommen, als der Roman "Mephisto" von Klaus Mann das Lebensbild des Schauspielers Gustav Gründgens verfälschte oder als ein verstorbener Maler als NS-Künstler bezeichnet wurde. Wenn der postmortale Achtungsanspruch verletzt wird, können die Angehörigen (Ehegatten/Lebenspartner, Kinder, gegebenenfalls Enkel, Eltern, Geschwister) jedoch lediglich eine Unterlassung fordern. Eine Gegendarstellung, Schadensersatz oder finanzielle Entschädigung steht ihnen nicht zu.

Auch juristische Personen des Privatrechts können den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts für sich in Anspruch nehmen. Dies gilt sowohl für inländische juristische Personen als auch für juristische Personen aus EU-Mitgliedstaaten. Allerdings ist der Schutz für juristische Personen nicht in jeder Hinsicht gleich umfassend wie für natürliche Personen. Es gibt umstrittene Grenzen. Es steht jedoch fest, dass sich auch juristische Personen gegen Rufschädigungen und Beeinträchtigungen ihres wirtschaftlichen Rufs zur Wehr setzen können.

Wann werden Persönlichkeitsrechte durch Presseberichte und Äußerungen verletzt?

Ob eine Medienberichterstattung oder Äußerungen Dritter eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen, hängt maßgeblich davon ab, ob die Äußerung als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung einzustufen ist.

Die Meinungsfreiheit schützt die Äußerung und Verbreitung von Werturteilen. Sie schützt auch die Verbreitung von Tatsachenbehauptungen, dies jedoch nur, sofern diese wahr sind und zur Meinungsbildung beitragen können. Unwahre Tatsachenbehauptungen können nichts zur Meinungsbildung beitragen und sind daher nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt.

Daraus ergeben sich folgende Grundregeln:

• Die Äußerung und Verbreitung von Werturteilen ist grundsätzlich erlaubt (mit Ausnahme von Schmähkritik).
• Die Äußerung und Verbreitung wahrer Tatsachen ist grundsätzlich erlaubt (außer wenn die Behauptung beispielsweise erhebliche öffentliche Auswirkungen hat und zu einer besonderen Stigmatisierung führt).
• Die Äußerung und Verbreitung unwahrer Tatsachen ist grundsätzlich unzulässig (es sei denn, die Behauptung ist wertneutral und hat daher keine Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht).

Es ist daher wichtig, zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden, um zu bestimmen, welcher rechtliche Schutz gilt und ob eine mögliche Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt.

Abgrenzung: Tatsachenbehauptungen vs. Meinungsäußerungen

Meinungsäußerungen = subjektive Ansichten

Meinungen sind subjektive Einschätzungen, Ansichten und Überzeugungen. Sie sind nicht darauf ausgerichtet, als wahr oder falsch bewiesen zu werden, sondern drücken persönliche Wertungen aus, basierend auf Stellungnahmen und Überzeugungen. Verschiedene Personen können unterschiedliche Meinungen zu einem Thema haben. Beispiele für Meinungsäußerungen:

"Das Buch war interessant und spannend geschrieben."
"Das Essen war köstlich und die Bedienung total nett."
"Der Arzt war unfreundlich und hat meine Beschwerde nicht ernst genommen."
"Die Versandkosten sind Wucher."

Meinungen bzw. Werturteile können daher nicht als objektiv richtig oder falsch eingestuft werden. Man kann zwar über die Richtigkeit von Meinungen diskutieren, sie akzeptieren, ablehnen oder bewerten, z.B. als abwegig, töricht, ehrverletzend oder vertretbar. Ein Streit über die Richtigkeit einer Meinung kann jedoch nicht durch Beweise, sondern nur durch Überzeugungsarbeit entschieden werden.

Grenze der Meinungsfreiheit: Schmähkritik

Meinungen, die als Schmähkritik einzustufen sind, sind jedoch nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt und daher unzulässig. Um Schmähkritik handelt es sich bei ehrenrührigen Äußerungen über eine Person, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Ob eine Äußerung Schmähkritik ist, ist in jedem Einzelfall unter Beachtung des Anlasses und Kontextes der Äußerung zu bestimmen. Eine überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Kritik macht eine Äußerung noch nicht zur Schmähkritik. Denn die Meinungsfreiheit schützt nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen. Gerade Kritik darf auch grundlos, pointiert, polemisch und überspitzt geäußert werden.

Tatsachenbehauptungen = objektiv überprüfbare Aussagen

Tatsachenbehauptungen sind hingegen objektiv überprüfbare Aussagen. Im Gegensatz zu Meinungsäußerungen können Tatsachenbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Richtigkeit hin überprüft werden. Beispiele für Tatsachenbehauptungen:

"Das Buch hat über 700 Seiten und war leider nur in Englisch."
"Die Bedienung vergaß die Getränke zu bringen."
"Der Arzt nahm sich nur 10 Minuten Zeit für das Gespräch."
"Der Versand kostete 10 EUR!"

Entscheidend für die Einordnung einer Äußerung als Tatsachenbehauptung ist nicht die subjektive Auffassung des Äußernden, sondern ob ein unvoreingenommener Durchschnittsleser der Äußerung einen überprüfbaren Sachverhalt entnehmen kann. Dabei ist sowohl der Leserkreis, an den die Äußerung gerichtet ist (Fachmagazin, Boulevardblatt), als auch der Kontext, in dem die Äußerung getätigt wird, zu berücksichtigen.

Eine Äußerung wird als Tatsachenbehauptung betrachtet, wenn sie selbst den Anspruch erhebt, beweisbar zu sein, zum Beispiel indem behauptet wird, es gäbe Beweise für eine bestimmte Sachlage.

Auch Äußerungen über "innere Tatsachen" können Tatsachenbehauptungen sein, aber nur dann, wenn sie durch äußere Tatsachen begründet oder gestützt werden, die selbst dem Beweis zugänglich sind, wie zum Beispiel eigene Äußerungen des Betroffenen. So wurde die Äußerung "er stürzte (…) in eine tiefe Krise", die Bezeichnung von Personen als "beste Freunde", die Aussage "Durch sein Verhalten hat S. bereits zwei seiner guten Freunde verloren" jeweils als Tatsachenbehauptungen eingestuft, da die inneren Umstände durch äußere Tatsachen erkennbar und daher beweisbar waren.

Auch verdeckte Äußerungen, geäußerte Verdachtsmomente oder rhetorische Fragen können Tatsachenbehauptungen sein. Aussagen über zukünftige Ereignisse können ebenfalls Tatsachenbehauptungen sein, wenn sie auf einer überprüfbaren Grundlage in der Gegenwart oder Vergangenheit beruhen. So wird die Behauptung, jemand werde sich in naher Zukunft scheiden lassen oder heiraten, als beweisbare Tatsache betrachtet, da sie auf den überprüfbaren Absichten und Planungen der betreffenden Person beruht.

Wann ist eine Tatsachenbehauptung wahr oder unwahr?

Eine Tatsachenbehauptung gilt als wahr, wenn das Behauptete in seinen wesentlichen Punkten als richtig festgestellt wird, sei es durch Vorlage von Unterlagen, Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten. Einzelne Übertreibungen oder unrichtige Nebensächlichkeiten beeinflussen die Wahrheit der Behauptung nicht.

Eine Tatsachenbehauptung wird als unwahr betrachtet, wenn das Behauptete als falsch festgestellt wird. Neben der Behauptung unwahrer Tatsachen ist auch eine bewusst unvollständige Berichterstattung als unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn durch diese Unvollständigkeit dem Leser/Hörer eine bestimmte Schlussfolgerung nahegelegt wird, die geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zu verletzen.

Grenze Verbreitung wahrer Tatsachen: Privat- oder Intimbereich und Vertraulichkeit

Aber auch die Verbreitung nachweislich wahrer Tatsachen kann unzulässig sein, wenn eine besondere Schutzbedürftigkeit oder Interessenlage besteht. So darf nicht über geheime Tatsachen aus dem Privat- oder Intimbereich, Tatsachen aus dem Privatleben im Zusammenhang mit einer beruflichen oder unternehmerischen Äußerung bzw. Tatsachen, die einer beruflichen Schweigepflicht (Rechtsanwälte, Ärzte) unterliegen, berichtet werden. Beispiele sind z.B. Berichte darüber, dass ein bekannter Politiker ein Verhältnis hat, jemand an einer schweren Krankheit erkrankt ist oder keinen Unterhalt zahlt und deshalb verklagt wurde.

Wer trägt die Beweislast für die Wahrheit oder Unwahrheit?

Gemäß den allgemeinen Beweislastregeln liegt die Beweislast dafür, dass eine Tatsachenbehauptung unwahr ist, beim Betroffenen. Allerdings kommt es in Fällen, in denen Äußerungen die persönliche Ehre oder das Ansehen des Betroffenen beeinträchtigen können und daher gemäß §§ 186 StGB strafbar sind, zu einer Beweislastumkehr. In solchen Fällen ist es die Aufgabe der Medien oder des Äußernden, darzulegen und zu beweisen, dass die Behauptung wahr ist. Bei Zweifeln gehen diese zu ihren Lasten.

Ansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Betroffene, deren Allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Verbreitung von falschen Tatsachenbehauptungen oder diffamierenden Äußerungen verletzt wurde, sei es durch die Medien oder durch sonstige Dritte, sei es auf Webseiten, Blogs oder in sozialen Netzwerken, können und sollten sich dagegen wehren. Bei einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts stehen Betroffenen folgende Ansprüche zu:

Unterlassung

der weiteren Äußerung und Verbreitung der beanstandeten Äußerung. Dieser Anspruch wird nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erfüllt.

Entfernung und Löschung

der beanstandeten Äußerungen aus Veröffentlichungen, sei es in Printmedien, in Onlineartikeln, auf Social Media oder im TV oder Hörfunk.

Auskunftserteilung

über Art und Umfang der Verbreitung der beanstandeten Äußerung, um die Weiterverbreitung soweit wie möglich wieder einfangen zu können.

Ausgleich erlittener materieller Schäden

So kann z.B. jemand, dem wegen der Verbreitung der beanstandeten Äußerung gekündigt wird oder dem ein Auftrag entgeht, den hierdurch entstandenen Schaden (entgangener Gewinn bzw. Lohn) geltend machen.

Geldentschädigung für immateriellen Schaden

In Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung steht Betroffenen auch ein Anspruch auf Geldentschädigung zu. Dies kann z.B. der Fall bei der Verbreitung von Informationen aus der Intimsphäre oder wenn Ziel der Verbreitung "Rache" oder andere niedere Beweggründe sind.

Herausforderungen beim Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts - Fazit

Die Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen stellt eine Herausforderung beim Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Während Meinungen grundsätzlich zulässig sind, müssen Tatsachenbehauptungen wahr sein, um rechtlich zulässig zu sein. Die Einordnung und Abgrenzung dieser beiden Formen der Äußerungen erfordert eine genaue Analyse der Äußerungen unter Einbeziehung des Kontexts, um den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts angemessen zu gewährleisten und gleichzeitig die Medien- und Meinungsfreiheit zu respektieren.

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Rechtsanwältin Denise Himburg – Ihre Anwältin für Medienrecht mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im Medien- und Presserecht.