Intime Fotos und Videos sind in vielen Beziehungen Ausdruck von Nähe und Vertrauen. Doch was passiert mit diesen Aufnahmen, wenn die Beziehung zu Ende geht? Immer wieder kommt es vor, dass ehemalige Partner aus Wut, Enttäuschung oder Rache intime Fotos oder Videos gezielt ins Internet stellen oder weiterleiten, um den anderen zu verletzen oder bloßzustellen. Betroffene haben in solchen Fällen nicht nur einen Anspruch auf Löschung und Unterlassung, sondern können auch Strafanzeige erstatten und Schadenersatz verlangen. Dieser Artikel erläutert die Rechtslage und zeigt auf, wie Betroffene ihre Rechte durchsetzen können.
Rechtsgrundlage: Das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein zentrales Schutzrecht, das jedem Menschen die Achtung seiner Würde und die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit garantiert. Es ist zwar nicht ausdrücklich im Grundgesetz verankert, wird aber von der Rechtsprechung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet.
Dieses Recht schützt die engste persönliche Lebenssphäre, d.h. das Recht, sich zurückzuziehen, sich abzuschotten und selbst zu bestimmen, wer Einblick in private oder intime Lebensbereiche erhält. Dazu gehören unter anderem das Selbstbestimmungsrecht, das Recht am eigenen Bild und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - also die Kontrolle darüber, welche persönlichen Informationen oder Aufnahmen weitergegeben oder veröffentlicht werden.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht dient nicht nur dem Schutz vor staatlichen Eingriffen, sondern wirkt auch im Verhältnis zwischen Privatpersonen und schützt so die Privatsphäre und Identität des Einzelnen.
BGH: Anspruch auf Löschung intimer Aufnahmen nach Beziehungsende
Aufgrund dieser Schutzfunktion des Persönlichkeitsrechts bejahte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil im Jahr 2015 (BGH, Urteil vom 13.10.2015, Az.: VI ZR 271/14) einen Anspruch auf die Löschung intimer Fotos und Videos nach dem Ende einer Beziehung. Der BGH betonte, dass nicht nur die Veröffentlichung und Verbreitung von Bildnissen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen könne (in diesem Fall ist Anspruchsgrundlage § 22 KUG), sondern auch bereits der bloße Besitz.
Sodann stellte er klar, dass der Schutz der Intimsphäre ein Grundrecht ist, das auch nach einer Trennung gilt. Intime Fotos und Videos dürfen daher nach Beendigung der Beziehung nicht gegen den Willen der abgebildeten Person gespeichert oder verwendet werden. Eine erteilte Einwilligung zur Anfertigung solcher Aufnahmen ist grundsätzlich auf die Dauer der Beziehung beschränkt und kann nach deren Ende widerrufen werden. Der Schutz der Intimsphäre und das Recht auf Selbstbestimmung über das eigene Bild haben Vorrang vor etwaigen Erinnerungsinteressen des Ex-Partners.
Sachverhalt
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Mann während einer außerehelichen Beziehung mit der Klägerin intime Fotos und Videos von ihr angefertigt. Nach Beendigung der Beziehung verlangte die Frau die Löschung sämtlicher Aufnahmen, die sie in einem intimen Kontext zeigten. Der Mann weigerte sich, woraufhin die Frau Klage erhob.
Kernaussagen des BGH-Urteils
Schutz der Intim- und Privatsphäre
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt jedermann davor, dass gegen seinen Willen Einzelheiten seines Privat- und Intimlebens, insbesondere Aspekte seines Sexuallebens, offenbart oder verbreitet werden. Darunter fallen alle Informationen und Aufzeichnungen, die typischerweise als privat gelten, weil ihre Veröffentlichung als unschicklich, peinlich oder nachteilig empfunden würde. Gerade im Bereich der Sexualität ist dieser Schutz besonders wichtig: Ohne ihn wäre die freie und selbstbestimmte sexuelle Entfaltung erheblich beeinträchtigt. Jeder Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, ob, in welcher Form und wem er Einblick in seine Intimsphäre und sein Sexualleben gewährt.
Unantastbarer Kernbereich der Persönlichkeit
Das Grundgesetz garantiert jedem Menschen einen unantastbaren Bereich höchstpersönlicher Lebensgestaltung. Dieser sogenannte Kernbereich - zu dem auch die Sexualität gehört - ist absolut geschützt und darf grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.
Wer intime Fotos oder Videos besitzt, hat damit eine gewisse Macht über die abgebildete Person - auch wenn keine Veröffentlichung oder Weitergabe beabsichtigt ist. Gerade nach einer Trennung kann dies für die betroffene Person ein Gefühl des Ausgeliefertseins und der Fremdbestimmung bedeuten, da die eigene Intimsphäre dauerhaft sichtbar bleibt und nicht mehr kontrolliert werden kann:
„Diese Macht ist umso größer, als Aufnahmen eine vollständige Entblößung des gänzlich Privaten, der grundsätzlich absolut geschützten Intimsphäre des Einzelnen, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Diese Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend empfunden, wenn sich der Situationszusammenhang wie hier durch die Beendigung der Beziehung geändert hat. Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens erbrachte Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame Erleben entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt gegen seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird. So liegt es im Streitfall. Klägerin erfährt durch die gegen ihren Willen fortbestehende Verfügungsmacht des Beklagten über die Aufnahmen, die die Öffnung ihrer Intimsphäre sichtbar festschreiben, ein Ausgeliefertsein und eine Fremdbestimmung, durch die sie im unantastbaren Kernbereich ihres Persönlichkeitsrechts verletzt wird.“
Einwilligung in Aufnahmen und ihre zeitlichen Grenzen
Der umfassende Schutz der Intimsphäre kann freilich entfallen, wenn jemand freiwillig intime Details öffentlich macht. Wer bestimmte private Angelegenheiten selbst der Öffentlichkeit preisgibt, kann sich insoweit nicht mehr auf den besonderen Schutz berufen.
Im Fall des BGH hatte die Klägerin ihre Intimsphäre jedoch nur im Rahmen der Beziehung und nicht gegenüber der Allgemeinheit geöffnet. Die Einwilligung in die Anfertigung und Verwertung der Aufnahmen war daher auf die Dauer der Beziehung beschränkt und konnte nach deren Beendigung widerrufen werden.
„Zwar hat die Klägerin nicht der Öffentlichkeit, aber dem Beklagten Einblick in ihre Intimsphäre gewährt und ihm die Aufnahmen zum Teil selbst überlassen, im Übrigen gestattet. Diese Einwilligung war aber begrenzt auf die Dauer ihrer Beziehung zu dem Beklagten. (...)
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Bilder im privaten Bereich und nur im Rahmen dieser Liebesbeziehung ohne vertragliche Vereinbarungen und unentgeltlich entstanden sind, nur zu persönlichen bzw. privaten Zwecken gefertigt wurden und nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt waren. Es hat weiter festgestellt, dass die Einwilligung in die Nutzung zeitlich auf die Dauer der zwischen den Parteien bestehenden Beziehung beschränkt war."
Das bedeutet: Auch wenn intime Aufnahmen ursprünglich mit Einwilligung gemacht wurden, kann diese Einwilligung nach der Trennung widerrufen werden. Der Ex-Partner ist dann verpflichtet, alle entsprechenden Aufnahmen zu löschen - unabhängig davon, ob sie auf eigenen Geräten oder bei Dritten gespeichert sind.
BGH-Leitlinien zum Schutz intimer Aufnahmen
👉 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Intimsphäre und gibt jedem das Recht, selbst zu bestimmen, wer Einblick in das eigene Sexualleben erhält.
👉 Die Speicherung intimer Fotos und Videos gegen den Willen des Abgebildeten verletzt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht.
👉 Nach Beendigung einer Beziehung müssen intime Fotos oder Videos auf Verlangen des Ex-Partners gelöscht werden - unabhängig davon, ob eine Veröffentlichung beabsichtigt ist.
👉 Ein Löschungsanspruch besteht auch dann, wenn der Ex-Partner die Aufnahmen selbst angefertigt und dem anderen Ex-Partner überlassen hat.
👉 Der Löschungsanspruch besteht für alle Aufnahmen, die einen objektiven Bezug zur Intimsphäre haben, insbesondere solche, die den Geschlechtsverkehr oder vergleichbar intime Situationen zeigen.
👎 Kein Löschungsanspruch besteht für Alltags- oder Urlaubsfotos in bekleidetem Zustand.
👉 Die Löschungspflicht umfasst sämtliche Originale und Kopien, auch auf elektronischen Speichermedien und in mittelbarem Besitz (z.B. bei Dritten), sofern der Ex-Partner darauf Zugriff hat.
☝ Bei drohender Veröffentlichung oder Weitergabe durch den Ex-Partner besteht zudem ein Unterlassungsanspruch.
❗ Bei Veröffentlichung und Weitergabe besteht ein Anspruch auf Schadensersatz. Zudem drohen strafrechtliche Konsequenzen.
Wie können Betroffene ihre Rechte geltend machen?
1. Aufforderung des Ex-Partners zur Löschung durch den Betroffenen
Betroffene sollten zunächst den Ex-Partner schriftlich und nachweisbar (z.B. per Einschreiben) zur Löschung der intimen Aufnahmen auffordern. In der Aufforderung sollte eine angemessene Frist gesetzt und auf die Rechtslage sowie das BGH-Urteil hingewiesen werden.
2. Anwaltliche Abmahnung mit Löschungsaufforderung und Klageandrohung
Erfolgt keine Löschung, sollten sich Betroffene an auf das Persönlichkeitsrecht spezialisierte Rechtsanwälte wenden. Diese senden dem Ex-Partner eine anwaltliche Abmahnung mit der Aufforderung zur Löschung und der Androhung gerichtlicher Schritte zu.
3. Klage auf Löschung der intimen Aufnahmen
Reagiert der Ex-Partner weiterhin nicht, können Betroffene den Löschungsanspruch gerichtlich geltend machen. Das Gericht ordnet die Löschung der Aufnahmen an und verhängt bei Zuwiderhandlung Ordnungsgelder.
4. Eilverfahren bei drohender Veröffentlichung oder Weitergabe von intimen Aufnahmen
Droht Ihr Ex-Partner mit der Veröffentlichung oder Weitergabe intimer Fotos oder Videos, steht Betroffenen daneben auch ein Unterlassungsanspruch zu, der schnell im Wege eines Eilverfahrens geltend gemacht werden kann.
5. Schadensersatz und Strafanzeige bei Veröffentlichung und Weitergabe intimer Aufnahmen
Hat Ihr Ex-Partner intime Fotos und Videos von Ihnen veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben, haben Sie einen Anspruch auf Schadensersatz. Zudem drohen dem Ex-Partner auch strafrechtliche Konsequenzen.
Wie ich Ihnen helfen kann
Als erfahrene Anwältin für Persönlichkeitsrecht stehe ich Ihnen in dieser sensiblen Angelegenheit zuverlässig zur Seite. Ich biete Ihnen:
✔Umfassende und verständliche Beratung über die Rechtslage und Ihre Ansprüche
✔Professionelle Unterstützung bei der Formulierung von Löschungsbegehren gegenüber Ihrem Ex-Partner
✔engagierte Vertretung bei Abmahnungen und in gerichtlichen Verfahren, wenn sich Ihr Anliegen nicht außergerichtlich klären lässt
✔Schnelle und diskrete Hilfe bei akuter Bedrohung durch Veröffentlichung oder Erpressung mit Ihren privaten Aufnahmen
Lassen Sie es nicht zu, dass Dritte Ihre Persönlichkeitsrechte verletzen! Kontaktieren Sie mich für ein vertrauliches und unverbindliches Erstgespräch.