Geldentschädigung für Noah Becker wegen rassistischem Twitter-Tweet

Entschädigung wegen rassistischem Twitter-Tweet

Das Landgericht Berlin gab der Klage von Noah Becker gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen eines rassistischen Tweets auf Twitter mit Urteil vom 15.1.2019 statt. Maier muss 15.000 EUR Entschädigung an Noah Becker zahlen.

 

Sachverhalt: Twitter-Tweet eines AfD-Abgeordneten beleidigt Noah Becker

Bei dem Kläger handelt es sich um den Sohn des ehemaligen deutschen Profitennisspielers Boris Becker. Der Beklagte ist Mitglied des Deutschen Bundestages und betreibt bei Twitter“ einen Account.

Der Kläger gab Anfang 2018 ein Interview, in dem er sich u.a. zu rassistischen Attacken wegen seiner Hautfarbe äußerte. Im Zusammenhang mit diesen Äußerungen des Klägers erschien im Januar 2018 im Rahmen einer Konversation (“Thread“) auf dem Twitter-Account eines Dritten folgender Tweet

„Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären.“

Dieser Tweet wies als Absender den Twitter-Account des beklagten AfD-Bundestagsabgebordneten Maier aus.

LG Berlin: Rassistischer Tweet stellt schwerwiegenden Eingriff in Allgemeines Persönlichkeitsrecht dar

Das Landgericht Berlin hatte keinen Zweifel daran, dass es sich bei diesem Tweet um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers handelt. Dieser Eingriff begründe aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls einen Anspruch auf Geldentschädigung, da die vom Kläger erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden könne. Hier sei u.a. die enorme Außenwirkung zu berücksichtigen, die die ehrverletzende Äußerung erzielt habe.

Accountinhaber haftet für Mitarbeiter, die Twitter-Account nutzen

Die zwischen den Parteien streitige Behauptung des Beklagten, der Twitter-Kommentar sei nicht von ihm, sondern von seinem Mitarbeiter verfasst worden, änderte an der Entscheidung des Landgerichts Berlin nichts. Das Landgericht Berlin führte insoweit aus, dass sich der Beklagte – selbst wenn er den Tweet nicht selbst verfasst habe – in diesem Fall das Handeln seines Mitarbeiters zurechnen lassen müsse, weil er diesen als Verrichtungsgehilfen im Sinne von § 831 BGB zur Absetzung von Twitter-Nachrichten bestellt habe. Entscheidend sei insoweit, dass der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag seinen Mitarbeiter damit beauftragt habe, eigenverantwortlich unter Verwendung des Accounts des Beklagten Tweets abzusetzen, ohne dass der Beklagte diese vorher einer inhaltlichen Kontrolle unterzogen habe.

Accountinhaber haftet ohne Entlastungsmöglichkeiten

Nach den vom BGH für die Haftung eines Verlegers und Herausgebers für Beiträge mit schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen entwickelten und auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbaren Grundsätzen hafte auch der Beklagte in diesem Fall für das Verschulden seines Mitarbeiters ohne eine Entlastungsmöglichkeit, also auch dann, wenn sich sein Mitarbeiter weisungswidrig an der Diskussion auf einem anderen Twitter-Account beteiligt und dort unter Verwendung des Twitter-Accounts des Beklagten einen Kommentar abgegeben habe.

LG Berlin, Urteil vom 15.1.2019,  Az.: 27 O 265/18

Quelle: PM des LG Berlin vom 25.1.2019