E-Mail-Werbung ohne Einwilligung – Wann ist das zulässig?

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E-Mail-Werbung ist ein einfaches, kostengünstiges und meist effektives Marketingmittel, da viele Kunden auf einmal erreicht werden. Dabei ist zu beachten, dass auch Bewertungsreminder unter den Begriff "Werbung" fallen. Die werbliche Kundenansprache per E-Mail ist jedoch nur zulässig, sofern der Empfänger zuvor ausdrücklich seine Einwilligung in den Erhalt von E-Mail-Werbung erteilt hat.  Doch zum Glück gibt es davon eine Ausnahme: die Bestandskundenwerbung. Wann genau diese Ausnahme greift und somit E-Mail-Werbung ohne Einwilligung zulässig ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Grundsatz: E-Mail-Werbung nur mit Einwilligung zulässig

Als Grundsatz gilt: Keine Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung. Wird eine werbliche E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung versandt, stellt dies eine unzumutbare Belästigung des Empfängers dar. Auch eine mutmaßliche Einwilligung genügt nicht, weshalb es sinnvoll ist, ein sogenanntes Double-Opt-In Verfahren zu nutzen. Dies ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz vorgeschrieben, dient aber den Beweiszwecken. So sind Sie immer auf der sicheren Seite.

Was ist eigentlich "Werbung"?

Als Werbung wird jede direkte oder indirekte Maßnahme, die der Förderung des Absatzes des eigenes oder eines fremden Unternehmens dient, verstanden. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb jedwede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, Urt. v. 12.09.2013 -I ZR 218/12, Rn 17).

Ab wann liegt "Werbung" vor?

Die Rechtsprechung legt den Begriff "Werbung" weit aus. "Werbung" liegt nicht nur beim Versand von produktbezogenen Newslettern vor. Auch Auftragsbestätigungen, Versandnachrichten oder Bestätigungs-E-Mails im DOI-Verfahren können "Werbung" sein. So hat z.B. das Kammergericht 2019 entschieden, dass "Werbung" auch dann vorliegt, wenn eine E-Mail nur ein kleines werbliches Element enthält (dort Angabe im E-Mail-Footer "XXXXX. Organisiert, denkt mit, erledigt.Nutzen Sie www.XXXXX.de") und der Rest der E-Mail keine Werbung enthält.

Das LG Stendal hat in 2021 (Urteil vom 12.05.2021) entschieden, dass die Verwendung eines Logos oder Formulierungen wie „Welcome to…“ und "hast du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über…“ in einer DOI Bestätigungs-E-Mail dazu führen, dass diese E-Mail als Werbung einzustufen ist.

Achtung: Unternehmen haften auch für E-Mail-Dienstleister

Klar ist, dass der werbende Unternehmer wegen Spam haftet, wenn er die E-Mail-Werbung direkt selbst versendet. Viele Unternehmen bedienen sich jedoch auch externer E-Mail-Dienstleister wie mailChimp & Co.

Wichtig zu wissen: Unternehmen haften auch für Handlungen von ihnen beauftragter E-Mail-Dienstleister. Deren Handlungen werden wie eigene Handlungen zugerechnet. Unternehmen können sich der Verantwortung für Spam daher nicht dadurch entledigen, dass nicht sie, sondern beauftragte Dienstleister Werbe-E-Mails versenden.

Dies gilt auch, wenn der E-Mail-Dienstleister seinerseits einen Subunternehmen mit dem Versenden der E-Mail-Werbung beauftragt. Das OLG Hamburg entschied am 19.07.2021, dass Unternehmen auch für Handlungen von Subunternehmen haften. Dies gilt selbst dann, wenn der Unternehmer nichts von der Einschaltung eines Subunternehmens weiß und sogar dann, wenn sich der beauftragte E-Mail-Dienstleister vertragswidrig verhält (z.B. trotz Verbots Subunternehmer beauftragt). In diesem Fall bleibt jedoch der Regress gegen den E-Mail-Dienstleister.

Wann ist E-Mail-Werbung ohne Einwilligung zulässig?

Eine Ausnahme vom Grundsatz "Keine E-Mail-Werbung ohne Einwilligung" sieht § 7 Abs. 3 UWG für die Werbung gegenüber Bestandskunden vor. Als Grundgedanke wird das mutmaßliche Interesse an weiteren ähnlichen Produkten oder Dienstleistungen des bereits bestehenden Kunden herangezogen.

Diese Ausnahme greift typischerweise bei Kundenbestellungen per E-Mail oder über einen Onlineshop. Die E-Mail-Adresse kann jedoch auch im Rahmen einer nachfolgenden Vertragsabwicklung erlangt worden sein. Entscheidend ist das Vorliegen einer Kundenbeziehung. Die Vertragsart ist dabei egal.

E-Mail-Werbung gegenüber Bestandskunden

§ 7 Abs. 3 UWG zählt die Voraussetzungen für eine zulässige E-Mail-Werbung ohne Einwilligung auf. Wichtig: Es müssen alle dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Fehlt auch nur eine, ist die E-Mail-Werbung unzulässig.

  • Die E-Mail-Adresse wurde im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung vom Kunden erhalten
  • Die Adresse wird nur zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet
  • Der Kunde hat nicht widersprochen
  • Der Kunde muss bereits bei Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder weiteren E-Mail deutlich auf die Möglichkeit eines Widersprechens hingewiesen werden.

1. "Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung"

"Im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung" bedeutet, dass Sie die Adresse vom Kunden selbst erhalten haben. Sie dürfen keine E-Mail-Adressen verwenden, die auf anderem Wege, wie beispielsweise durch einen Adresshändler erlangt wurden. Weiterhin muss tatsächlich ein Vertrag abgeschlossen worden sein. Es reicht nicht aus, dass sich der Nutzer registrierte, ohne jedoch zu bestellen.

2.: "Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen"

Sie dürfen die E-Mail-Adresse nur für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwenden. Unter "ähnlich" fallen alle Waren zw. Dienstleistungen, die dem gleichen erkennbaren oder typischen Zweck dienen oder dem Bedarf des Kunden entsprechen.

Es kann mitunter auch zulässig sein, Zubehör oder Ergänzungswaren zu bewerben. Jedoch ist hier Vorsicht geboten, da es im Einzelfall problematisch sein kann, ob das beworbene Produkt im Verhältnis zur erworbenen Ware oder Dienstleistung ausreichend ähnlich ist. Hier ist die Rechtsprechung eher streng. Die Voraussetzung liegt meist vor, wenn die Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen. Diese Regelung sollte zum Schutz des Kunden eher eng ausgelegt werden.

Beispiele für unähnliche Waren:

  • Es wurde eine „Gaming-Stuhl“ gekauft und später ein Gutschein für das gesamte Sortiment übersandt. Keine Werbung für ähnliche Waren.
  • Nachdem eine Kinderhose gekauft wurde, wird für das gesamte Bekleidungssortiment beworben. Keine Werbung für ähnliche Waren.
  • Nach Kauf eines Geduldspiels wurde anschließend unter anderem ein Lautsprecher, „leuchtende Party-Gläser“ und „witzige Eiswürfelformen“ beworben. Keine Werbung für ähnliche Waren.

3. "Kein Widerspruch des Kunden"

Zudem darf der Kunde der Werbung nicht widersprochen haben. Dabei muss er das nicht per E-Mail tun, sondern kann beispielsweise auch anrufen und der Werbung widersprechen.

4. "Hinweis auf Widerspruch bei Erhebung der E-Mail-Adresse"

Bereits bei der Erhebung der E-Mail-Adresse muss der Kunde deutlich darauf hingewiesen werden, dass er der Verwendung seiner E-Mail-Adresse jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen (§ 7 Abs. 3 UWG).  Diese Information darf nicht an versteckter Stelle stehen, sondern muss für den Kunden in unmittelbarer Nähe des Eingabefeldes für die E-Mail-Adresse gut sichtbar sein und über die Verwendung zu Werbezwecken für eigene ähnliche Produkte informieren. Dieser Hinweis muss unabhängig von der jeweiligen Zahlungsart, also auch PayPal-direkt erfolgen. Sollte dies technisch nicht möglich sein, darf die E-Mail-Adresse nicht für die Werbung verwendet werden.

Auch muss in jeder sodann versendeten Werbe-E-Mail eine Widerspruchsmöglichkeit gegeben sein (z.B. der typische Abmeldelink).

Was ist sonst noch bei Werbe-E-Mails zu beachten?

Haben Sie rechtskonform die E-Mail-Adresse eingesammelt, so muss noch auf die rechtskonforme Gestaltung der eigentlichen Werbe-E-Mails geachtet werden.

Hierbei sind ein paar Dinge zu beachten:

  • Richtiger E-Mail-Betreff
  • Erkennbare Versender Adresse
  • Inhalt im Rahmen der Einwilligung
  • Möglichkeit zum Widerruf

Bei dem richtigen Betreff der E-Mail ist es insbesondere wichtig, dass dieser auf den ersten Blick zu erkennen gibt, dass es sich um Werbung handelt.

Weiter muss die Versender Adresse stets erkennbar sein und darf nicht verschleiert werden. Eine Zuordnung des Versenders darf nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert werden, z.B. durch eine kryptische E-Mail-Adresse (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG§ 6 Abs. 2 TMG).

Sehr wichtig ist, dass sich der Inhalt der Werbe-E-Mail im Rahmen der erteilten Einwilligung bewegt. Dies wird oft missachtet bzw. vegessen. So werden oft Produkte beworben, die nicht von der Einwilligung umfasst sind. Um auf Nummer sicher zu gehen, bietet es sich an, bei einer Einwilligungseinholung verschiedene Produkte bzw. Produktkategorien als Auswahl anzubieten, die jeweils angewählt werden können.

Schließlich muss jede einzelne Werbe-E-Mail die Möglichkeit zum Widerruf von weiteren Werbe-E-Mails enthalten. Der Widerruf sollte durch einen einfachen Klick auf einen Abbestell-Link erfolgen können. Zu beachten ist ferner, dass erteilte Einwilligungen nach einer bestimmten Zeit gff. auch wieder erlöschen können.

Sind Feedbackanfragen und Bewertungsreminder zulässig?

Auch Bewertungsbitten oder Feedbackanfragen fallen unter den Begriff der "Werbung".  Denn diese dienen dazu, den befragten Kunden an sich zu binden und zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Zudem wird beim Kunden der Eindruck vermittelt, dass sich der Unternehmer um ihn bemühe.

Das Kammergericht entschied bereits 2017 (Beschluss vom 07.02.2017, 5 W 15/17), dass Bewertungsanfragen "Werbung" ist und der Versand dieser per E-mail ohne Einwilligung eine unzumutbare Belästigung des Betroffenen bzw. eine unerlaubte Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt. 

Der BGH entschied in seinem Urteil vom 10.07.2018, dass eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail auch dann unter den Begriff der "Werbung" fällt, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt, die E-Mail jedoch werbende Elemente enthielt.

Auch sog. „Service Calls“ von Versicherungsmaklern fallen unter den Begriff "Werbung" (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2019, 15 U 37/19). Denn diese dienen der Überprüfung der Wechselwilligkeit von Kunden und  bei Bedarf werden Kunden neue Angebote unterbreitet.

Daher sind auch Bewertungsreminder bzw. Zufriedenheitsbefragungen per E-Mail ohne Einwilligung unzulässig. Werden Bewertungsbitten oder Feedbackanfragen ohne Einwilligung versendet, drohen daher auch hier teure Abmahnungen von Betroffenen, Wettbewerbern oder Wettbewerbsverbänden.

E-Mail-Werbung ohne Einwilligung - Fazit

E-Mail-Werbung ist ein effektives und nützliches Marketinginstrument. Werbung per E-Mail ist jedoch in der Regel nur mit Einwilligung des Empfängers zulässig. In einem engen Rahmen ist E-Mail-Werbung auch ohne Einwilligung gem. § 7 Abs. 3 UWG gegenüber Bestandskunden zulässig. Dabei ist jedoch genau darauf zu achten, dass wirklich alle gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden.

Vorsicht ist zudem auch bei von Feedbackanfragen, Bewertungsremindern oder Kundenzufriedenheitsbefragungen per E-Mail geboten. Denn auch diese stellen "Werbung" dar und sind daher ohne vorherige Einwilligung unzulässig.

Dies gilt sowohl bei B2C als auch bei B2B Kunden. Ohne Einwilligung drohen Abmahnungen, sei es von Kunden, Wettbewerbern oder Wettbewerbsverbänden - und zentralen.

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Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz Denise Himburg – Ihre Anwältin für Direktmarketing mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im Wettbewerbsrecht.