Weiterverkauf von E-Mail-Adressen ohne Einwilligung unzulässig

Rechtliche Risiken beim Kauf von E-Mail-Adressen

Das OLG Frankfurt a. M. hat in seinem Urteil vom 24.1.2018 noch einmal klargestellt, dass der Weiterverkauf von E-Mail-Adressen ohne Einwilligung der Betroffenen gegen das Datenschutzrecht verstößt und daher der Kaufvertrag insgesamt nichtig ist. Daher stehen dem Käufer keinerlei Rechte gegen den Verkäufer wegen Nutzung der gekauften E-Mail-Adressen durch Dritte für anstößige Werbung (Werbe-Emails für Sexseiten) zu.

 

Sachverhalt: Kaufvertrag über E-Mail-Adressen ohne Einwilligung der Adressinhaber

Die Klägerin handelt mit Adressdaten. Sie nimmt den beklagten Insolvenzverwalter der vormals ebenfalls mit Adressdaten handelnden Schuldnerin auf Schadensersatz und Unterlassen in Anspruch.

Der Geschäftsführer der Klägerin war zuvor Geschäftsführer der Schuldnerin. Er hatte am Tag der Insolvenzeröffnung vom Beklagten verschiedene Internet-Domains einschließlich der über diese generierten Adressen für 15.000 € gekauft. Die Daten befanden sich ursprünglich auf zwei Servern der Schuldnerin und wurden auf einem USB-Stick übergeben. Die Server selbst, auf denen die Daten weiterhin rekonstruierbar lagen, wurden vom Beklagten an eine ebenfalls mit Adressen handelnde dritte Firma verkauft. Diese nutzte nach dem Vortrag der Klägerin rd. eine Million Adressen, um Werbe-E-Mails für die Internetseite sexpage.de zu versenden.

Die Klägerin klagt nunmehr aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers. Sie ist der Ansicht, die von ihr erworbenen Adressen hätten durch die erfolgte Nutzung für die Internetseite sexpage.de 2/3 ihres Wertes verloren. Der Beklagte müsse deshalb den Kaufpreis anteilig an sie zurückzahlen. Zudem sei er verpflichtet, die weitere Nutzung dieser Adressdaten zu unterlassen.

Das LG gab der Klage statt.

Urteil: Kaufvertrag über E-Mail-Adressen ohne Einwilligung der Adressinhaber ist unwirksam

Auf die Berufung des Beklagten wies das OLG die Klage ab. Der Klägerin, so das OLG, stehen keinerlei vertragliche Ansprüche zu. Der Kaufvertrag ist vielmehr insgesamt nichtig, da die Adressinhaber in den Verkauf ihrer Daten nicht wirksam eingewilligt haben.

Nutzung von E-Mail-Adressen für Werbung nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig

Der Vertrag verstößt gegen die Vorgaben des BDSG. Die Nutzung sog. personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn der Betroffene einwilligt oder das sog. Listenprivileg eingreift. Name, Postanschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse einer Person stellen klassische personenbezogene Daten dar. Auch der einmalige Verkauf derartiger Daten (wie hier) unterfällt dem Adresshandel i.S.v. § 28 Abs. 3 S. 1 BDSG dar. Das so genannte Listenprivileg nach § 28 Abs. 3 S. 2 BDSG greift nicht, da es sich nicht um zusammengefasste Daten von Angehörigen einer bestimmten Personengruppe handelt.

Einwilligung in E-Mail-Werbung muss konkret und freiwllig erfolgen

Eine Einwilligung nach dem BDSG ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht, der auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hingewiesen wird. Sie muss grundsätzlich schriftlich abgegeben werden. Außerdem ist sie besonders hervorzuheben, wenn sie (wie hier) zusammen mit anderen Erklärungen erteilt wird.

Nach dem von der Klägerin selbst vorgetragenen Wortlaut der Einwilligungserklärung sind jedoch weder die betroffenen Daten noch Kategorien etwaiger Datenempfänger oder der Nutzungszweck (hier Adresshandel) konkret genug bezeichnet worden. Es fehlt zudem die erforderliche Hervorhebung.

E-Mail-Werbung ohne Einwilligung ist wettbewerbswidrig

Der Vertrag verpflichtet die Parteien darüber hinaus systematisch zu einem unlauteren wettbewerbswidrigen Verhalten, so dass auch deshalb von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen ist. Die Zusendung von Werbe-E-Mails ohne Einwilligung stellt eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Soweit der Beklagte zwar im Ergebnis in Höhe des erlangten Kaufpreises ungerechtfertigt bereichert ist, begründet dies allein ebenfalls keinen Rückzahlungsanspruch der Klägerin. Ein derartiger Anspruch ist hier vielmehr ausgeschlossen, da beide Vertragsparteien vorsätzlich gegen die zwingenden Vorgaben des BDSG verstoßen haben. Bei gesetzeswidrigen Verträgen versagt § 817 Abs. 1 BGB jede Rückabwicklung. Wer sich dennoch auf ein derartiges Geschäft einlässt, leistet auf eigenes Risiko.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.01.2018, Az.: 13 U 165/16

Quelle: OLG Frankfurt a.M., PM vom 29.01.2018

Praxishinweis:

Bei Kaufverträgen über E-Mail-Adressen ist stets im Hinterkopf zu behalten, dass die gekauften Adressen nicht für E-Mail-Werbung genutzt werden dürfen, sofern (was oft der Fall sein wird) die jeweiligen Adressinhaber in den Erhalt von E-Mail-Werbung nicht wirksam eingewilligt haben. Liegt keine Einwilligung vor, können sowohl die Adressinhaber als auch Wettbewerber, Verbraucherschutzverbände und Abmahnverbände die Zusendung von Werbe-E-Mails abmahnen und den Unterlassungsanspruch notfalls gerichtlich geltend machen.

An das Vorliegen einer Einwilligung werden dabei  hohe Anforderungen gestellt. So muss der Betroffene vor Abgabe seiner Einwilligung über folgende Punkte informiert werden:

- Person des E-Mail-Versenders bzw. Newlsetterversenders
- Inhalt der E-Mail-Werbung bzw. des Newlsetters
- Hinweis auf Möglichkeiten der Abbestellung der E-Mail-Werbung bzw. des Newsletters

Fehlt eine der vorstehenden Angaben, nützt übrigens auch ein ordnungsgemäß durchgeführtes Double-Opt-In-Verfahren nicht, da der Adressinhaber bei der Anmeldung zur E-Mail-Werbung bzw. des Newsletters nicht ausreichend über den Inhalt und die Bedeutung seiner Einwilligung aufgeklärt wurde.

Weitere Informationen dazu, was Sie beim Newsletter-Versand zu beachten haben, finden Sie in meinem Beitrag "Rechtliche Fallstricke beim Newsletter-Versand"