Mitbewerber kann unlautere Telefonwerbung und Werbe-E-Mails abmahnen

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Der BGH hat mit Urteil vom 20.03.2013 nochmals klargestellt, dass es wettbewerbswidrig ist, Verbraucher ohne deren Einverständnis mit Werbeanrufen zu belästigen. Ferner entschied der BGH, dass Mitbewerber unlautere Telefonwerbung von Konkurrenten abmahnen können.

Sachverhalt: TK-Unternehmen ruft Verbraucher ohne deren Einverständnis für Werbezwecke an

Kläger und Beklagte sind auf dem Gebiet der Telekommunikation tätig und machten im Wege der Klage und Widerklage jeweils Ansprüche wegen wettbewerbswidriger Werbeanrufe geltend.

Das Landgericht gab der Widerklage der Beklagten wegen fünf unlautere Anrufe durch die Klägerin statt und verurteilte die Klägerin wie beantragt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Verbraucher anzurufen oder anrufen zu lassen, um ihnen Telekommunikationsprodukte wie z.B. Verträge über Telefonanschlüsse, Telefontarife, Internetprodukte und/oder Internettarife unabhängig davon anzubieten, ob der Anruf der Erweiterung oder der Aufnahme einer Vertragsbeziehung zu der Klägerin dient, solange der angerufene Verbraucher zuvor nicht sein ausdrückliches Einverständnis mit einem solchen Telefonanruf erklärt hat.

Ferner wurde die Klägerin zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.780 EUR verurteilt. Hiergegen legte die Klägerin Berufung, die teilweise Erfolg hatte.

BGH: Mitbewerber können unlautere Werbeanrufe und E-Mail-Werbung von Konkurrenten abmahmen

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts legte sodann die Beklagte Revision beim BGH ein. Dieser hob das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG in vollem Umfang zurück.

Der BGH vertrat die Ansicht, dass die Beklagte als Mitbewerberin der Klägerin berechtigt sei, Telefonanrufe der Klägerin, die gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verstoßen, zu verfolgen. Daher sie die Beklagte berechtigt, von der Klägerin gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG Unterlassung zu verlangen.

Der BGH wies zwar darauf hin, dass im Schriftum die Ansicht vertreten wird, in der EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation sei keine Rede davon, dass auch Mitbewerber und Verbände gegen Verstöße vorgehen könnten, sondern nur betroffene Verbraucher. Da die EU-Regelungen abschließend seien, sei es Mitbewerber daher verwehrt, Mitbewerber wegen unlauterer Telefonwerbung und E-Mail-Werbung abzumahnen.

Dieser Ansicht erteilte der BGH eine Absage, da die EU-Regelungen kein geschlossenes System zur Regelung von Unterlassungsklagen vorsehen, sondern lediglich ein grenzüberschreitendes Vorgehen von Verbraucherschutzverbänden bei innergemeinschaftlichen Verstößen ermöglichen. Zudem hinderten diese die Mitgliedstaaten nicht daran, Bestimmungen zu erlassen, die Mitbewerbern und Verbänden auf nationaler Ebene weitergehende Rechte zur Klageerhebung einräumen.

BGH, Urteil vom 20.03.2013, Az.: I ZR 209/11

Praxishinweis

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG darf ein Unternehmen gegenüber Verbrauchern per Telefin werben nur, sofern der Verbraucher vorher ausdrücklich seine Einwilligung in Werbeanrufe erteilt hat. Entsprechendes gilt gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG bei Werbung gegenüber Verbraucher UND Unternehmen per E-Mail; auch hier ist grundsätzlich eine vorherige ausdrückliche Einwilligung erforderlich. Das Gesetz sieht für Werbung per E-Mail in § 7 Abs. 3 UWG zwar bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Ausnahme vom Vorliegen einer Einwilligung vor, diese Voraussetzungen liegen jedoch selten vor. 

Aufgrund des BGH Urteils steht nunmehr fest, dass nicht nur Betroffene sich gegen unlautere Werbeanrufe und E-Mail-Werbung wehren können, sondern auch Mitbewerber dieses Vorgehen abmahnen können. Dies kann nicht zu Abmahnungen mit hohen Abmahnkosten führen. Aufgrund der Notwendigkeit der Abgabe einer Unterlassungserklärung sind Unternehmen zur Vermeidung einer Vertragsstrafe gezwungen, ihr gesamtes Marketingkonzept "umzustellen.