OLG Köln: Umweltangaben bei KfZ-Werbung im Internet

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Bei der KfZ-Werbung sind die gesetzlichen Pflichtangaben (Umweltangaben) zu beachten. Diese müssen nicht nur richtig, sondern auch gut lesbar sein. Dies bereitet insbesondere bei der KfZ-Werbung im Internet Schwierigkeiten, ist der Platz oft beschränkt. Damit kann man sich jedoch nicht heruasreden. Das OLG Köln hat in seinem Urteil vom 22.06.2022 entschieden, dass Umweltangaben (auch im Internet) nur dann gut lesbar sind, wenn sie in dem Moment erscheinen, in denen erstmalig Angaben zur Motorisierung erscheinen.

Sachverhalt: Deutsche Umwelthilfe mahnt Kfz-Werbung im Internet ab

Der Kläger, die Deutsche Umwelthilfe (DHU) mahnte die Beklagte (Autohaus) ab. Diese hatte am 22.5.2021 - wie zahlreiche weitere Autohäuser – im Internet ein 25 Sekunden langen automatisch ablaufenden Videoclip eines Herstellers mit dem vorangehenden Kommentar: „Passend zu unserem Angebot!!! Das ist mal günstige Werbung!!! […]“ geteilt. Der Videoclip lief automatisch vollständig ab, sobald sich der geteilte Post zum Großteil auf dem Bildschirm eines Users befand; ein weiterer Mausklick war nicht erforderlich.

Nach 17 Sekunden erschien die Auflösung der Fußnote „1“ mit u.a. den Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen. Nach Ablauf des Videoclips begann dieser automatisch wieder von vorne. Unterhalb des Posts befand sich die Beschreibung: "Glänzende Nachrichten für alle B Fans! Unser praktischer City-Flitzer B 1.2 Benziner konnte beim E Autokosten-Check für Kleinwagen ein… Mehr ansehen“. Nach Betätigung des Buttons „Mehr ansehen“ erschienen u.a. die Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den spezifischen CO2-Emissionen.

Die DUH sah hierin einen Verstoß gegen § 5 Pkw-EnVKV, da die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen nicht automatisch in dem Augenblick angezeigt wurden, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung angezeigt wurden.

Die DUH mahnte den Beklagten (und zahlreiche weitere) Autohäuser ab. Da der Beklagte keine Unterlassungserklärung abgab, erhob die DHU Klage auf Unterlassung.  Die Klage der DUGH war in 2. Instanz erfolgreich.

Das OLG Köln verurteilte das Autohaus es zu unterlassen,

"im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet für neue Personenkraftwagen, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden (…), für das Modell A B 1.2, Benziner, mit Motorisierungsangaben zu werben, ohne zugleich deren Werte des offiziellen Kraftstoffverbrauchs im kombinierten Testzyklus und deren Werte der offiziellen spezifischen CO2-Emissionen im kombinierten Testzyklus anzugeben und sicherzustellen, dass dem Empfänger der Werbung diese Informationen automatisch in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen, in dem auf der Internetseite erstmalig Angaben zur Motorisierung der beworbenen Personenkraftwagen gemacht werden."

OLG Köln: Umweltangaben gleichzeitig mit Angaben zur Motorleistung anzuzeigen

Das OLG Köln gab der Klage statt, da in dem von der Beklagten geteilten Post die Umweltangaben nicht gem. § 5 PkW-EnVKV angeführt waren.

Anzeige von Umweltangaben erst nach Klick auf "Mehr anzeigen" nicht ausreichend

Anders als das Landgericht, hielt es OLG nicht für ausreichend, dass die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen erst nach dem Anklicken des Links "Mehr anzeigen", wenn auch auf der gleichen Seite, angegeben worden sind.

"Der 25 Sekunden lange Videoclip genügt für die Erfüllung der Vorgaben des § 5 Pkw-EnVKV nicht. Durch das Video ist nicht sichergestellt, dass der Empfänger des Werbematerials die Pflichtinformationen automatisch in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen, in dem erstmalig Angabe zur Motorisierung – hier zum Hubraum („1.2 Benziner“) – erfolgen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Empfänger der Werbung dem Videoclip keine oder nur äußerst kurze Aufmerksamkeit schenken bevor sie den Text

„Glänzende Nachrichten für alle B Fans! Unser praktischer City-Flitzer B 1.2 Benziner konnte beim ADAC Autokosten-Check für Kleinwagen ein… Mehr ansehen“

lesen. Die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen erfolgen erst am Ende des Videoclips, nach 17 Sekunden.

Dass die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen nach dem Anklicken des Buttons „Mehr ansehen“ angegeben werden, genügt den Vorgaben der Pkw-ENVKV ebenfalls nicht. (...)

Die Regelung in Anlage 4 Abschnitt II Nr. 3 Satz 2 der PKW-EnVKV soll eine Vorabentscheidung des Verbrauchers ausschließlich auf der Grundlage von Angaben zur Motorisierung des Fahrzeugmodells vermeiden. Die Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen sollen den Verbraucher zugunsten sparsamerer, CO2-reduzierter Fahrzeuge beeinflussen und zudem dadurch Automobilherstellern einen Anreiz geben, den Kraftstoffverbrauch der von ihnen hergestellten Fahrzeuge zu reduzieren. (…)

Zu der vom Gesetzgeber gewollten Einflussnahme trägt insbesondere die Verpflichtung bei, den Verbraucher gleichzeitig mit den Angaben zur Motorisierung über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen zu informieren; an einer getroffenen Entscheidung wird nämlich erfahrungsgemäß häufig selbst dann festgehalten, wenn sie sich im Nachhinein als doch nicht so vorteilhaft erweist. Gerade bei im Bewusstsein der Verbraucher noch nicht fest verankerten Auswahlkriterien wie den CO2-Emissionen besteht die Gefahr, dass eine entsprechende Information, die bei dem mit der Auswahlentscheidung verbundenen Vergleich von verschiedenen Fahrzeugen noch nicht vorlag, nachträglich keine Berücksichtigung mehr findet. Hinzu kommt, dass weitere Angaben zum Fahrzeug, die nicht in der ersten Beschreibung enthalten sind, vom Verbraucher schon aufgrund ihrer nachrangigen Darstellung als weniger bedeutsam eingestuft werden könnten und daher die Gefahr besteht, dass das Ziel der Richtlinie verfehlt wird (…).“

Üblichkeit der nicht vollständigen Anzeige hilft nicht

Den Einwand des Beklagten, dass die nicht vollständige Anzeige eines Postings der üblichen Funktionalität der Webseite geschuldet war, ließ das Gericht nicht gelten:

"Darauf, dass die nicht vollständige Anzeige eines Postings der üblichen Funktionalität auf einer D-Seite entspricht, kann sich die Beklagte nicht berufen. Sie hat die Wahrung der gesetzlichen Vorgaben „sicherzustellen“. Dies war der Beklagten hier auch tatsächlich möglich, wie die konkrete Verletzungsform belegt. In dem sofort sichtbaren Text vor dem Link „Mehr anzeigen“

„Ihre Prinzipien. Ihr Style. Ihr Auto. Beeindrucken Sie sich selbst, beispielsweise mit einem kurzen Sprint in 6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das erledigt der G by H ganz souverän mit seinem 1,6 Liter-THP-Turbobenziner mit 200 kW/272 PS. Auch von außen liefert der G ein klares Statement: um 11 mm tiefer gelegten Karosserie, auf 19-Zoll-Felgen montierte I-Super-Sportreifen und 380-Millimeter-Bremsen an der Vorderachse sorgen für perfekte Fa… Mehr anzeigen“

hätten unmittelbar nach den Angaben zur Motorleistung die Angaben

„Kraftstoffverbrauch (kombiniert) in l/100 km: 6,0; CO2-Emissionen (kombiniert): in g/km: 139“

untergebracht werden können. Stattdessen folgen detaillierte Ausführungen zur Werbung mit dem „klaren Statement“.

Gericht weist Vergleich Posting mit gefalteter Zeitung zurück

Der Einwand der Beklagten, die angegriffene Gestaltung sei mit der Werbeanzeige in einer gefalteten Zeitung vergleichbar und jedem User klar, dass der vollständige Inhalt eines D-Posts erst bei vollständiger Öffnung zu erkennen ist, wies das Gericht ebenfalls zurück.

"Ob den Erfordernissen der Pkw-EnVKV Genüge getan wäre, wenn die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen sich unmittelbar hinter den Angaben zur Motorisierung befunden hätten und nur durch die Gestaltung des D-Postings nicht sichtbar gewesen, d.h. gleichsam „weggefaltet“ gewesen wären, kann dahinstehen. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Umwelt-Informationen finden sich auf der nach Anklicken des Buttons „Mehr anzeigen“ aufgeklappten Seite erst weit unterhalb der ersten (Werbe)Angaben zur Motorleistung (…)"

Auch Anzeige auf verlinkter Webseite hilft nicht

"Da gemäß dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Pkw-EnVKV die Angaben über die Verbrauchs- und Emissionswerte dem Kunden bereits in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen müssen, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung angezeigt werden, ist es auch ohne Belang, dass der Verbraucher die Informationen zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen zusätzlich auf der mit dem G-Post verlinkten H-Webseite erhalten kann, dort insgesamt an mindestens fünf Stellen.(…)"

OLG Köln v. 10.6.2022 - 6 U 3/22 - Umweltangaben bei KfZ-Werbung im Internet

Praxishinweis:

Auch bei der Kfz-Werbung im Internet sind selbstverständlich die gesetzlichen Pflichtangaben nach der PKW-EnVKV zu beachten. Diese müssen daher auch in Posts gut lesbar sein. Dies ist nur der Fall, wenn die Umweltangaben gleichzeitig mit den Angaben zur Motorleistung wahrgenommen werden können. Keinesfalls genügt daher, wenn Umweltangaben erst nach einem weiteren Klick („Mehr ansehen“) in einem weiteren Textfeld erscheinen. In diesem Sinne haben auch bereits andere Gerichte entschieden (LG Osnabrück, Urteil vom 17.12.2021, 13 O 230/21; OLG FFM, Urteil vom 14.03.2019, 6 U 134/15; Celle, Beschluss vom 21.03.2016, 13 U 33/16).

Wettbewerbswidrige KfZ-Werbung kann kostenpflichtig von Mitbewerbern und Wettbewerbsverbänden abgemahnt werden. Vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist dafür bekannt, Autohändler wegen fehlender Pflichtangaben (z.B. zum Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen) abzumahnen. So mahnte die DUH 2021 in einem Zuge gleich 26 Autohäuser ab wegen nicht ordnungsgemäßer Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu CO2-Emissionen.

Sollten auch Sie eine Abmahnung von der DUH oder einem Wettbewerber wegen wettbewerbswidriger Kfz-Werbung erhalten haben, berate ich auch Sie gerne. Selbst wenn die Abmahnung berechtigt ist, sollte nicht (vorschnell) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Denn bei einem Verstoß drohen erhebliche Vertragsstrafen.

Ggf. ist zu überlegen, ob trotz berechtigter Abmahnung keine Unterlassungserklärung abgegeben werden sollte. Ich berate Sie gerne über die Vor- und Nachteile einer strafbewehrten Unterlassungserklärng auf und bespreche mit Ihnen, wie in Ihrem Fall vorgegangen werden sollte.