Urheberrecht: Foto auf englischsprachiger Webseite

Fotos auf Webseiten
Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

Nicht jede Verwendung eines Bildes auf einer in Deutschland abrufbaren Webseite stellt zwangsläufig eine Urheberrechtsverletzung dar. Die bloße Tatsache, dass die Webseite in Deutschland abrufbar ist, reicht allein nicht aus. Es ist zusätzlich erforderlich, dass die Webseite gezielt Personen in Deutschland anspricht. Dieser Inlandsbezug ist entscheidend für die Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht. Diese Notwendigkeit wurde bereits in mehreren Urteilen bestätigt und nunmehr auch vom Amtsgericht Deggendorf.

Sachverhalt: Foto auf englischsprachiger Webseite

In dem konkreten Fall verwendete der beklagte Webseitenbetreiber, ein Gemüseerzeuger aus Niederbayern, ein Foto auf seiner Webseite. Die Webseite war ausschließlich in englischer Sprache verfasst. Der Fotograf bzw. die Agentur hatte der Nutzung des Fotos nicht zugestimmt und mahnte den Webseitenbetreiber aufgrund einer vermeintlichen Urheberrechtsverletzung ab, wobei sie unter anderem Schadensersatz forderten. Da der Webseitenbetreiber die geforderte Zahlung nicht leistete, erhob die Fotoagentur Zahlungsklage - und verlor den Rechtsstreit.

Urteil: Urheberrechtsverletzung und Inlandsbezug

Das Amtsgericht Deggendorf schloss sich der Rechtsprechung der Hamburger Gerichte an und verneinte mangels hinreichenden Inlandsbezugs der Webseite eine Verletzung des deutschen Urheberrechts.

Urheberrecht: Bloße Abrufbarkeit der Webseite in Deutschland genüg nicht

Ebenso wie die Hamburger Gerichte geht auch das AG Deggendorf davon aus, dass die alleinige Abrufbarkeit einer Webseite in Deutschland nicht automatisch zu einer Verletzung des deutschen Urheberrechts führt:

"Das Gericht schließt sich ausdrücklich der beklagtenseits angeführten, in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 16.09.2022 (310 0 442/20, ZUM-RD 2023, 40, juris Rn. 46 ff) wiedergegebenen Rechtsauffassung an, wonach das Erfordernis eines hinreichenden Inlandsbezuges auf das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und der öffentlichen Wiedergabe bzw. auf das Recht hierauf beruhender Schadensersatzansprüche anzuwenden ist. (…) Zutreffend führt das Landgericht Hamburg weiter aus, dass sich nicht schon aus der bloßen Zugänglichkeit eines Internetauftritts (hier: des Beklagten) im Gebiet eines bestimmten Staates (hier: in Deutschland) darauf schließen lässt, dass der Betreiber dieses Angebots eine dem Urheber (hier: der Klägerin) vorbehaltene Handlung gerade im Inland vornimmt (a.a.O.).“

Urheberrechtsverstoß: Webseite muss Personen in Deutschland ansprechen

Deutsches Urheberrecht ist auch nach Ansicht des AG Deggendorf nur verletzt, wenn die Webseite gezielt Nutzer aus Deutschland anspricht. Ob dies der Fall ist, ist jeweils im Einzelfall anhand aller Umstände festzustellen. Im vorliegenden Fall verneinte das Gericht den erforderlichen Inlandsbezug der Webseite.

TLD-Domain und Sitz in Deutschland unerheblich

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Sitz des Webseitenbetreibers in Deutschland, wie im Impressum angegeben, keine entscheidende Bedeutung hat. Ebenso spielt es keine Rolle, ob die Webseite eine TLD mit .com oder .de gewählt hat:

"Es kommt für die streitentscheidende Frage, ob der Beklagte gezielt im Inland befindliche Personen anspricht, nicht darauf an, wie aussagekräftig der Umstand ist, dass der Beklagte für seine Webseite die Top-Level-Domain .com anstelle von .de gewählt hat.

Relevant ist auch nicht, dass zum Zeitpunkt der Abmahnung unter der Überschrift „Get in Touch" noch eine Adresse in Deutschland genannt war (während heute ausschließlich die südafrikanische Anschrift in angegeben ist).

Maßgeblich ist vielmehr der Umstand, dass die gesamte Homepage (sowohl soweit die Parteien Auszüge aus dieser Seite als Anlagen zu ihren Schriftsätzen vorgelegt haben als auch soweit diese Seite heute aufrufbar ist) ausschließlich in englischer Sprache verfasst ist.

Englischsprachige Webseite nicht auf Deutschland ausgerichtet

Das Gericht verneinte den erforderlichen Inlandsbezug allein aufgrund der Tatsache, dass die Webseite ausschließlich in englischer Sprache verfasst war. Es betonte, dass die Sprache der Webseite ein maßgeblicher Faktor für die gezielte Ansprache von Nutzern aus einem bestimmten Land ist:

"Das Gericht verkennt nicht, dass Englisch als Geschäftssprache zwischen Geschäftspartnern üblich geworden sein mag, deren Muttersprache nicht Englisch ist. Womöglich mag dies in Einzelfällen sogar dann gelten, wenn die Geschäftspartner eine andere Sprache als gemeinsame Muttersprache teilen.

In diesem Sinne ist es nicht notwendig ausgeschlossen, dass zwei deutschsprachige Gewerbetreibende auf Englisch miteinander kommunizieren.

Dieses selbstredend vereinzelt bleibende Phänomen ist aber von der Frage zu unterscheiden, ob der Beklagte sich gezielt (!) an inländische potentielle Gewerbetreibende wendet, wenn er die englische Sprache verwendet. Dies ist, wie auf der Hand liegen dürfte, zu verneinen. Will der Beklagte sich in einem urheberrechtlich relevanten Sinn an deutsche oder in Deutschland aufhältliche potentielle Geschäftspartner wenden, wird er, schon um die Kommunikation zu erleichtern bzw. diese überhaupt erst herzustellen, also um seine Produkte letztendlich verkaufen zu können, die deutsche Sprache und nicht eine Fremdsprache dafür verwenden. Aus dem Umstand, dass der Beklagte dies nicht getan hat, sondern ausschließlich eine für praktisch alle hiesigen in Betracht kommenden Geschäftspartner fremde Sprache, nämlich die englische Sprache verwendet, ist verlässlich zu folgern, dass er sich mit seiner Homepage nicht an inländische „nativespeakers", sondern vielmehr an im sprachlichen und somit auch geographischen Ausland befindliche Gewerbetreibende richtet.

Einen anderen Grund, weshalb der Beklagte seine Homepage in englischer Sprache unterhält, hat auch die Klägerseite nicht darzustellen vermocht.“

Amtsgericht Deggendorf, Urteil vom 09.02.2023, 3 C 825/22

PRAXISHINWEIS

Dieses Urteil bestätigt erneut, dass das deutsche Urheberrecht nicht automatisch verletzt wird, wenn urheberrechtlich geschützte Werke wie Fotos, Bilder oder Texte auf in Deutschland abrufbaren Webseiten verwendet werden. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Webseite gezielt (auch) an Personen in Deutschland richtet, wie bereits in einem Urteil des LG Hamburg vom 17.06.2016 (Az.: 308 O 161/13) festgestellt wurde.

Es scheint, dass vielen Fotografen die Rechtslage nicht bekannt ist: Die bloße Abrufbarkeit einer Webseite in Deutschland führt lediglich dazu, dass deutsche Gerichte zuständig sind und deutsches Urheberrecht anwendbar ist. Die Frage einer tatsächlichen Urheberrechtsverletzung ist jedoch eine andere. Das deutsche Urheberrechtsgesetz gilt ausschließlich in Deutschland, weshalb eine Verletzung des Urheberrechts einen Inlandsbezug voraussetzt. Dieser liegt nur dann vor, wenn die Webseite thematisch (zumindest teilweise) auf Nutzerinnen und Nutzer aus Deutschland abzielt. Die Prüfung erfolgt jeweils im Einzelfall anhand verschiedener Kriterien wie Sprache, Kontaktadressen, beworbene Produkte, Top-Level-Domain, Tätigkeitsbereich des Anbieters usw.

Dieses Urteil belegt zudem, dass nicht jede Abmahnung gerechtfertigt ist. Betroffene, die eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung erhalten haben, sollten diese daher anwaltlich überprüfen lassen. Insbesondere bei Sachverhalten mit Auslandsbezug stellt sich immer die Frage, ob das deutsche Urheberrecht tatsächlich verletzt wurde.

Wichtig für Abgemahnte: Bei einer unberechtigten Abmahnung muss der Abmahner dem Abgemahnten die Kosten für die Abwehr der Abmahnung erstatten. Eine ungerechtfertigte Abmahnung kann somit für den Abmahner selbst zum Nachteil werden.

Wenn Sie eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung erhalten haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um zu prüfen, ob diese berechtigt ist. Ich vertrete Sie sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich. Dank meiner Spezialisierung im Urheberrecht und Fotorecht bin ich mit den einschlägigen Urteilen und den Angriffspunkten gegen urheberrechtliche Abmahnungen bestens vertraut. Ich habe bereits zahlreiche Webseitenbetreiber, die wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt wurden, erfolgreich vertreten.

Rechtsanwältin Denise Himburg – Ihre Anwältin für Fotorecht mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im Urheberrecht.