Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern oder gar europaweit vertreiben, stehen häufig vor der Frage, ob es genügt, erst einmal eine deutsche Marke anzumelden oder ob man besser gleich eine Unionsmarke anmelden sollte. Die Beantwortung dieser Frage hängt natürlich vom angestrebten Absatzgebiet ab. Bei der Markenstrategie sollten jedoch auch die Vor- und Nachteile einer deutschen Marken bzw. einer Unionsmarken beachtet werden.
Vorteile einer Unionsmarke: einheitlicher Schutz in 27 Ländern
Mit nur einer Markenanmeldung beim EUIPO erlangt man eine Unionsmarken, die einen einheitlichen Markenschutz in (derzeit) 27 EU-Ländern gewährt. Man spart also die anderfalls erforderlichen zahlreichen Markenanmeldungen in einzelnen EU-Ländern.
Nachteile einer Unionsmarke: Hohe Anmeldekosten
Zwar sind die amtlichen Kosten einer Unionsmarke höher als die amtlichen Kosten einer deutschen Marken, jedoch bietet die Unionsmarke eben auch nicht nur Markenschutz in Deutschland, sondern eben gleich in 27 Ländern. Jedenfalls für Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern unter einer Marke tätig sein wollen, wäre die Unionsmarke daher die billigere Version.
Zudem: Im Falle einer zukünftigen Erweiterung der EU erstrecken sich alle eingetragenen oder angemeldeten Unionsmarken automatisch auf die neuen Mitgliedstaaten, ohne dass weitere Formalitäten oder Gebührenzahlungen erforderlich wären.
Risiken einer Unionsmarke
Kehrseite des europaweiten Markenschutzes einer Unionsmarke ist das (im Vergleich zu einer deutschen Marke) weit aus höhere Angriffsrisiko.
Relative Eintragungshindernisse (ältere Rechte) aus 27 Ländern
Da die Unionsmarke in aktuell 27 EU-Ländern Markenschutz verleiht, können einer Anmeldung einer Unionsmarke Inhaber älterer Kennzeichenrechte (z. B. Marken, Unternehmenskennzeichen) aus 27 Ländern widersprechen.
Ein Widerspruch kann sich auf die Anmeldung einer Marke oder auf eine ältere eingetragene Marke beziehen. Es kann sich dabei um nationale Marken in EU-Mitgliedstaaten, um Marken des Benelux-Markenamtes oder um international registrierte Marken (IR-Marken) handeln. Widerspruch kann auch bei einer sog. notorisch bekannten Marke eingelegt werden. Ferner kann sich ein Widerspruch auch auf ältere nicht eingetragene Rechte (z. B. Unternehmenskennzeichen, Domains) in der EU berufen, die nicht lediglich örtliche Bedeutung haben, wenn und soweit das Recht des jeweiligen Staates dem Inhaber erlaubt, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Darüber hinaus kann ein Widerspruch auch auf Grundlage einer geschützten geografischen Angabe nach dem EU-Recht oder den Vorschriften eines Mitgliedstaats eingelegt werden.
Selbst wenn man also vor der Anmeldung einer Unionsmarke eine aufwendige und teure Markenrecherche durchführt, besteht das Risiko, dass die angemeldete Unionsmarke mit einem in der EU nicht eingetragenen Kennzeichenrecht kollidiert. Ein einziges in der EU nicht eingetragenes Unternehmenskennzeichen kann dann die gesamte Unionsmarkenanmeldung zu Fall bringen.
Absolute Eintragungshindernisse (Freihaltebedürfnis) aus 27 Ländern
Entsprechendes gilt bei der Frage der Eintragungsfähigkeit der Unionsmarke. Ist die angemeldete Unionsmarke auch in nur einem Land der EU beschreibend, ist sie nicht eintragungsfähig. Besteht in nur einem der 27 Mitgliedsstaaten der EU ein absolutes Eintragungshindernis, kann das Zeichen nicht als Unionsmarke eingetragen werden.
Ausweg: Umwandlung Unionsmarke in nationale Marken oder IR-Marken
Allerdings kann man eine Anmeldung einer Unionsmarke, die aufgrund eines Widerspruchs eines Dritten wegen älterer Rechte zurückgewiesen wurde, in nationale Marken umwandeln, und zwar in den Staaten, in denen keine älteren Rechte bestehen. Diese Umwandlung ist allerdings mit hohen Kosten verbunden, da nun für jedes Land nationale Anmeldegeführen entstehen und ggf. ein Auslandsvertreter hinzugezogen werden muss.
Ist die Unionsmarke im Rahmen einer Schutzausdehnung als IR-Marke angemeldet worden, kann die Unionsmarke über das IR-Markensystem auf die jeweiligen Länder ausgedehnt werden. Dieser Weg ist in den meisten Fällen günstiger als der Weg über die nationalen Markenanmeldungen im Ausland.
Fazit: Vor- und Nachteile müssen in jedem Fall abgewogen werden
- Eine deutsche Marke ist billiger und einem geringeren Angriffsrisiko ausgesetzt, bietet allerdings auch nur Markenschutz in Deutschland. Zudem wird eine deutsche Marke schneller eingetragen, da sich das Widerspruchsverfahren nach der Eintragung anschließt.
- Eine Unionsmarke ist teurer und einem größeren Angriffsrisiko ausgesetzt, bietet allerdings Markenschutz in allen derzeit 27-EU-Ländern. Die Eintragung einer Unionsmarke dauert länger, da vor Eintragung der Unionsmarke das Widerspruchsverfahren durchgeführt wird. Ein Widerspruchsverfahren kann mitunter "Jahre" dauern.
- Wenn ein Unternehmen nur im deutschsprachigen Raum, z. B. neben Deutschland auch in Österreich und in der Schweiz tätig ist, ist es wohl eher sinnvoll, eine deutsche Marke und daneben Schutz für Österreich und Schweiz im Wege der internationalen Registrierung (IR-Marke) zu beantragen. Eine Unionsmarke wäre in diesem Fall unpassend, weil die Schweiz kein Mitglied der EU ist und eine Unionsmarke daher keinen Markenschutz in der Schweiz verleiht.