OLG Hamburg: Kein Werktitelschutz für Figur "Miss Moneypenny"

Bild mit einem Agenten in einer futuristischen Atmosphäre

Am 24. Oktober 2024 fällte das OLG Hamburg ein Urteil, das weitreichende Folgen für den kennzeichenrechtlichen Schutz fiktiver Charaktere hat. Die Rechteinhaberin der James-Bond-Serie scheiterte mit ihrer Klage gegen ein Unternehmen, das die Bezeichnungen „MONEYPENNY“ und „MY MONEYPENNY“ für Sekretariatsdienstleistungen verwendet. Das Gericht stellte klar, dass die Figur „Miss Moneypenny“ keinen eigenständigen Werktitelschutz genieße, da sie aus Sicht des Verkehrs untrennbar mit dem Gesamtwerk der James-Bond-Serie verbunden ist.

Die Parteien

Die Klägerin ist Inhaberin der Rechte an der bekannten James-Bond-Filmreihe, zu der auch die Figur „Miss Moneypenny“ gehört. Diese ist eine wiederkehrende Nebenfigur im 007-Universum und wurde von Bond-Schöpfer Ian Fleming für seinen ersten Roman Casino Royale aus dem Jahr 1953 geschaffen. Seitdem taucht die hochkompetente Sekretärin von Bonds Vorgesetztem M auch in der filmischen 007-Reihe regelmäßig auf und gehört neben dem stets grantigen und genialen Quartiermeister Q zu den beliebtesten Nebenfiguren.

Die Beklagte, ein mittelständisches Unternehmen, bietet unter den Marken „MONEYPENNY“ und „MY MONEYPENNY“ Dienstleistungen wie Sekretariats- und Büroorganisation an.

Der Streitpunkt

Die Klägerin machte geltend, dass die Figur „Miss Moneypenny“ durch den Werktitelschutz (§ 5 Abs. 3 MarkenG) geschützt sei und die Benutzung der Marken "MONEYPENNY“ und „MY MONEYPENNY“ durch die Beklagte sowohl eine Verwässerung als auch eine unzulässige Ausnutzung ihres Werktitels darstelle. Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung, Schadensersatz und Löschung der Marken in Anspruch.

Die Beklagte bestritt die Ansprüche mit der Begründung, dass der Begriff „Moneypenny“ für die Klägerin nicht als eigenständiges Zeichen geschützt sei und im Zusammenhang mit ihren Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr mit der James-Bond-Serie bestehe.

Urteil:  Kein eigenständiger Werktitelschutz für „Miss Moneypenny“

Das OLG Hamburg bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und verneinte einen eigenständigen Werktitelschutz für die Figur „Miss Moneypenny“.

Die Verbindung zum Gesamtwerk

Das Gericht stellte fest, dass für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG die Figur eigenständig vom Gesamtwerk wahrgenommen werden müsse. Dies sei bei „Miss Moneypenny“ jedoch nicht der Fall:

„Der zeichenrechtliche Titelschutz von Figuren und Charakteren aus Romanen und (Film-)Serien setzt allerdings – soweit bisher in Rechtsprechung und Literatur vertreten – eine gewisse Bekanntheit und Loslösung vom Werk, in dem sie Verwendung finden, voraus, da sie erst dann gleichsam ein vom Werk trennbares ‚Eigenleben‘ entwickeln können, so dass sie im Verkehr nunmehr etwa aufgrund ihrer optischen Ausgestaltung oder der ihnen beigegebenen Charaktereigenschaften selbständig wahrgenommen werden.“

Die Figur „Miss Moneypenny“ werde vom Publikum ausschließlich im Kontext der James-Bond-Reihe wahrgenommen und sei untrennbar mit dem Gesamtwerk verbunden.

Fehlende optische und charakterliche Eigenständigkeit

Für einen Werktitelschutz sei zudem ein deutliches Bild der Figur erforderlich, entweder durch eine markante optische Ausgestaltung oder durch spezifische Charaktereigenschaften. Beide Voraussetzungen sah das Gericht bei „Miss Moneypenny“ nicht erfüllt.

"Erforderlich ist nach Ansicht des Senats daher auch beim Werktitelschutz für eine Figur gem. § 5 Abs. 3 MarkenG ein deutliches ‚Bild‘ der handelnden Figur, sei es aufgrund ihrer optischen Ausgestaltung oder der ihnen beigegebenen Charaktereigenschaften.“

Die Figur sei in den Filmen von verschiedenen Schauspielerinnen mit unterschiedlichen Erscheinungsbildern dargestellt worden, ohne dass ein einheitliches optisches Erscheinungsbild erkennbar sei. Auch charakterlich sei sie diffus:

"Auf eine bestimmte optische Ausgestaltung der Figur ‚Miss Moneypenny‘ beruft sich die Klägerin daher auch nicht. Die Klägerin stützt sich vielmehr auf die der Roman-/Filmfigur beigegebenen Charaktereigenschaften. Ein deutliches ‚Bild‘ ist jedoch auch im Hinblick auf die Charaktereigenschaften der seit vielen Jahren dem Verkehr in Deutschland gegenübertretenden Roman-/Filmfigur ‚Miss Moneypenny‘ aus der James Bond-Filmserie mit der landgerichtlichen Bewertung nicht gegeben.“

Kein vom Werk trennbares „Eigenleben“ der Figur

Das Gericht führte weiter aus, dass „Miss Moneypenny“ kein „Eigenleben“ entwickelt habe, das sie unabhängig vom Gesamtwerk oder der Hauptfigur „James Bond“ kennzeichnen könnte.

"Das Landgericht hat angenommen, dass abgesehen davon, dass die Figur ‚Miss Moneypenny‘ in nahezu allen James Bond-Filmen erscheine, ein ‚Eigenleben‘ der Figur – losgelöst vom Gesamtwerk und losgelöst vom Charakter ‚James Bond‘ – nicht ersichtlich sei.“

Auch die von der Klägerin behauptete Zuordnung der Eigenschaften „verlässlich“ und „zuverlässig“ zur Figur wurde nicht anerkannt:

"Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkehr der Figur ‚Miss Moneypenny‘ die ihr von der Klägerin beigegebenen Eigenschaften – namentlich die Erbringung besonders zuverlässiger und verlässlicher Sekretariatsdienstleistungen – beimesse. Die Figur ‚Miss Moneypenny‘ sei die Sekretärin des Geheimdienstchefs ‚M‘, die bisweilen darum bemüht sei, ‚Bond‘ ausfindig zu machen, die z.T. mit ‚James Bond‘ flirte und die im Film ‚Skyfall‘ auch selbst als Geheimagentin tätig gewesen sei. Ihre Charaktereigenschaften seien diffus und führten nicht dazu, dass die Figur der ‚Moneypenny‘ ein vom Hauptcharakter und Werk ‚James Bond‘ trennbares Eigenleben entwickelt habe.“

Keine Verwechslungsgefahr

Das Gericht sah keine Verwechslungsgefahr zwischen der Nutzung des Begriffs „MONEYPENNY“ durch die Beklagte und der Figur „Miss Moneypenny“. Der Begriff werde in einem völlig anderen Kontext verwendet und sei im Zusammenhang mit Büro- und Sekretariatsdiensten als Fantasiename zu sehen.

"Die Verwendung des Begriffs ‚MONEYPENNY‘ durch die Beklagte erfolgt in einem vollständig abweichenden Kontext, der keine Assoziation mit der James-Bond-Serie oder der Figur ‚Miss Moneypenny‘ hervorruft.“

OLG Hamburg, Urteil vom 24.10.2024, Az.: 5 U 83/23

Fazit

Das Urteil des OLG Hamburg stellt hohe Anforderungen an den Werktitelschutz von Figuren und Begriffen. Rechteinhaber sollten genau prüfen, welche Bestandteile ihrer Werke tatsächlich geschützt sind, während Unternehmen, die bekannte Begriffe nutzen möchten, auf eine gründliche rechtliche Prüfung setzen sollten.

🏢 Für Unternehmen:
Das Urteil des OLG Hamburg zeigt, dass nicht jede bekannte Figur oder Bezeichnung automatisch unter den Schutz des Kennzeichenrechts fällt. Unternehmen, die Begriffe oder Namen aus populären Werken verwenden wollen, sollten vorab prüfen, ob diese eigenständig geschützt sind. Entscheidend ist, ob der Begriff oder die Figur im Verkehr als eigenständiges Kennzeichen wahrgenommen wird und unabhängig vom Werk einen eigenständigen Charakter besitzt.

📜 Für Rechteinhaber: Für Rechteinhaber bedeutet das Urteil, dass der Schutz von Figuren oder Begriffen aus ihren Werken keine Selbstverständlichkeit ist. Einzelne Figuren müssen sich in der Wahrnehmung des Publikums deutlich vom Gesamtwerk abheben, um eigenständig geschützt zu sein.