OLG Düsseldorf: Unzulässigkeit des Hinweises "Produziert in Deutschland" bzw. "Made in Germany"

"Made in Germany" erfordert, dass alle aus Sicht des Verkehrs wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind

Die Angabe "Produziert in Deutschland" oder "Made in Germany" ist bei Industrieprodukten unzulässig, wenn nicht alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind - so das OLG Düsseldorf in seinem rechtskräftigen Urteil vom 05.04.2011 (Az.: I-20 U 110/10).

Rechtliche Ausgangslage

Die Frage der Zulässigkeit der Verwendung des Hinweises "Produziert in Deutschland" oder "Made in Germany" (so genannter geographischer Herkunftsangaben) richtet sich nach § 127 Abs. 1 MarkenG.

Danach ist die Verwendung geographischer Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, verboten, wenn bei der Benutzung solcher Angaben eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistung besteht.

Dies gilt auch dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise mit der in Rede stehenden Herkunftsangabe keine bestimmten Qualitätsvorstellungen verbinden. Unerheblich ist zudem, ob die so gekennzeichnete Ware qualitativ gleichwertig oder sogar besser ist, als die Waren, die tatsächlich in dem angegebenen Ort hergestellt werden.

Maßgeblich ist allein, ob bei einem nicht unwesentlichen Teil der Verkehrskreise falsche Vorstellungen über die geographische Herkunft der Ware hervorgerufen werden. Maßgeblich für diese Frage ist die tatsächliche Verkehrsauffassung der angesprochenen Verkehrskreise.


Sachverhalt


Kläger war die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte vertrieb u.a. ein Besteckset, welches aus jeweils sechs Messern, Gabeln, Löffeln und Kaffeelöffeln besteht. Auf der Produktverpackung befand sich neben einer schwarz-rotgoldenen Flagge der Hinweis "Produziert in Deutschland". In der Packung befand sich ein Produkteinleger, der die Überschrift aufwies:

"Herzlichen Glückwunsch zum Erwerb dieses hochwertigen MI – Bestecks MADE IN GERMANY"

Tatsächlich wurden die Gabeln, Löffel und Kaffeelöffel in Deutschland hergestellt, die Rohmesser jedoch auf in Deutschland hergestellten Maschinen in China geschmiedet, umgeschnitten, gehärtet und geschliffen und in Deutschland sodann nur mehrfach poliert.

Das LG verurteilte die Beklagte es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern ein Besteckset, bei dessen Messern das Rohmesser in China hergestellt wird, indem dort unter Verwendung einer in Deutschland entwickelten und aus Deutschland exportierten Maschinentechnologie das später zum Messer werdende Werkstück erhitzt, geschmiedet, der Klingenbereich umgeschnitten, gehärtet und geschliffen wird, mit dem Hinweis "Produziert in Deutschland" zu kennzeichnen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Entscheidung OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf wies zunächst darauf hin, dass es für die Frage, ob eine irreführende Benutzung der Bezeichnung "Hergestellt in Deutschland“ in Verbindung mit der deutschen Nationalflagge vorliegt, auf die Verkehrsauffassung ankommt und bejahte aus eigener Sachkunde eine Irreführung nicht unerheblicher Teile der angesprochenen Verkehrskreise.

Zur Begründung verwies das OLG darauf, dass die Beklagte bei ihrem Besteck das Herstellungsland (Deutschland) in ganz besonderem Maße herausstellte, und zwar sowohl durch die auffallende Angabe "Produziert in Deutschland" mit einer Deutschland-Fahne auf der Packung, als auch als ganz herausgehobene Eigenschaft auf dem Einlegezettel; auf diesem - so das Gericht - würde "Made in Germany" als einziges Merkmal besonders herausgestellt.

Die besondere Herausstellung des Herstellungslandes begründet nach Auffassung des Gerichts bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Erwartung, sämtliche Teile des beworbenen Bestecks seien in Deutschland hergestellt, was vorliegend nicht der Fall war.

Bestimmungen des Zollkodexes, nach denen der letzte wesentliche Bearbeitungsschritt maßgebend sein soll, maß das Gericht bei der Frage der Zulässigkeit geographischer Herkunftsangaben keine Bedeutung zu:

„Entscheidend sind nämlich nicht diese Regelungen, sondern die Erwartung der Verbraucher. (…) Bei Industrieprodukten - wie hier - geht der Verkehr davon aus, dass die Behauptung "Produziert in Deutschland" voraussetzt, dass alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind (…). Würde es nur um das Design gehen, wäre der Begriff "produziert" ebenso wie "made" falsch. Die Messer werden aber zu einem ganz erheblichen Teil in China hergestellt. Sie werden - auch wenn dies ein wichtiger Produktionsschritt sein mag - in Deutschland lediglich poliert. Damit besteht hinsichtlich der Messer aufgrund der Angaben auf der Packung und dem sie aufnehmenden Hinweis auf dem beigelegten Hinweisblatt die Erwartung, dass jedenfalls alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind, die jedoch nicht gerechtfertigt ist, da jedenfalls grundlegende und zumindest ebenfalls bedeutende Herstellungsschritte in China erfolgt sind. Dass sie auf aus Deutschland stammenden Maschinen erfolgt sein sollen, vermag hieran nichts zu ändern.“

Praxishinweis


Die Kennzeichnung eines Industrieproduktes mit dem Hinweis "Produziert in Deutschland" oder "Made in Germany" ist nur zulässig, wenn alle aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind. Dies sind all diejenigen Herstellungsschritte, in denen das Produkt seine qualitätsbestimmenden Eigenschaften erhält. Nicht ausreichend ist, dass nur der letzte Herstellungsschritt in Deutschland erfolgt.

Werden Produktsets verkauft, deren Bestandteile auch separat verkauft werden könnten, ist eine Bezeichnung mit "Made in Germany" dementsprechend nur dann zulässig, wenn hinsichtlich jedes Einzelbestandteils die wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgten.

Ist dies nicht der Fall, stellt die Werbung mit einem solchen Hinweis einen Verstoß gegen §§ 127, 128 MarkenG und §§ 8 Abs. 1, Abs. 3,3 Abs. 2 und 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG dar mit der Folge, dass die Werbung von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt und ggf. gerichtlich unterbunden werden kann.