Markenrecht: „TWIN BREAK“ verletzt Markenrechte an Nestle's „HAVE A BREAK"

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 17.09.2015 entschieden, dass der bekannte Nestlé Werbeslogan "Have a break, have a Kit Kat" durch die Marke "TWIN BREAK" verletzt wird. Der Nestlé Werbeslogan sei so bekannt, das sich Nestlé für seine Gemeinschaftsmarke "HAVE A BREAK“ kraft Verkehrsdurchsetzung berufen könne.

Sachverhalt

Die Klägerin gehärt zur Nestlé-Unternehmensgruppe, die Beklagte zur Griesson-de Beukelaer Gruppe. Beide Gruppen stellen u.a. Schokoriegel bzw. Kekse her.
Zu den Nestle‘-Produkten gehört u.a. der Schokoladenriegel "Kit Kat", der seit Mitte der 70er Jahre auch in Deutschland vertrieben wird. Der Riegel befindet sich in einer roten Verpackung, die mit dem Slogan "Have a break, have a Kit Kat" versehen ist. Außerdem vertreibt die Klägerin in Deutschland Weihnachtsmänner und Osterhasen, die die Aufschrift "Have a Break" tragen.

Die Klägerin ist Inhaberin einer Gemeinschaftsmarke "HAVE A BREAK", die am 30.08.2007 aufgrund Verkehrsdurchsetzung für Schokolade, Schokoladenwaren, Konditorwaren, Zuckerwaren und Biskuits eingetragen wurde.

Die Beklagte ist Inhaberin der beim DPMA am 20.05.2011 u.a. für Kuchen, Schokolade, Schokoladenwaren, Pralinen und Zuckerwaren eingetragenen Marke "TWIN BREAK". Die Beklagte vertreibt unter dieser Bezeichnung ein Schokoladen-Waffel-Produkt.

Die Klägerin sah durch die Eintragung und Nutzung der Marke „TWIN BREAK“ ihre Markenrechte verletzt. Sie verlangte von der Beklagten daher Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wegen Verletzung ihrer Marke "HAVE A BREAK" sowie Löschung der Marke "TWIN BREAK" der Beklagten.

Entscheidung Landgericht

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, markenrechtliche Ansprüche bestünden weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr noch unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes. Eine Zeichenähnlichkeit sei gänzlich zu verneinen. Es bestünden auch keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche wegen unlauter Nachahmung, da die markenrechtlichen Regelungen grundsätzlich abschließend seien. Da die Klägerin ihre Ansprüche ausschließlich auf Verwechslungsgefahr, Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung stütze, die ihrer Auffassung nach aus der Zeichenbenutzung durch die Beklagte resultiere, könnten lauterkeitsrechtliche Ansprüche neben markenrechtlichen Ansprüchen nicht bestehen.
Nestle‘ legte gegen dieses Urteil Berufung ein – und bekam weitestgehend Recht!

Entscheidung Oberlandesgericht

Das OLG änderte das Urteil des Landgerichts ab und gab der Nestlé-Klage weitestgehend statt.

"HAVE A BREAK" genießt Bekanntheitsschutz

Zunächst bejahte das OLG den Bekanntheitsschutz der EU-Marke "HAVE A BREAK". In diesem Zusammenhang wies es darauf hin, dass für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Marke einen bedeutenden Teil des maßgeblichen Publikums bekannt ist, alle relevanten Umstände des Falles, insbesondere der Marktanteil der Marke, die Intensität und geografische Ausdehnung und die Dauer der Benutzung sowie die getätigten Investitionen zu berücksichtigen seien.

Nestle' hatte zwei Parteigutachten der Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Jahr 2013 betreffend die Bekanntheit und Verkehrsdurchsetzung von "Have a break" und "Break" im Zusammenhang mit Schokoladeriegeln durchführen lassen. Eines dieser Gutachten ergab eine hohe Bekanntheit des Slogans "Have a break".

"Die Umfrage führte zu dem Ergebnis, dass der Slogan "Have a break" in der Gesamtbevölkerung über eine Verkehrsdurchsetzung von 67,2%; der Kennzeichnungsgrad (das heißt, die Bekanntheit für nur ein Produkt) liegt in dieser Gruppe bei 69,2%. Der Zuordnungsgrad in Bezug auf das Produkt Kit Kat liegt in der Gesamtbevölkerung bei 61%."

Nach Ansicht des OLG rechtfertige es bereits der hohe Grad der Verkehrsdurchsetzung des Slogans "Have a break" von 67,2%, die Bekanntheit der Gemeinschaftsmarke "HAVE A BREAK" zu bejahen. Hinzukam eine jahrzehntelange Nutzung, so das Gericht:

"Hinzu tritt der Umstand, dass der Werbeslogan "Have a break" bereits seit Jahrzehnten benutzt wird und der Schokoladen-Waffel-Riegel "Kit Kat", was gerichtsbekannt ist, in den meisten Supermärkten und anderen Verkaufsstellen in Deutschland erworben werden kann."

Bekannteitsschutz folgt nicht per se aus Markeneintragung kraft Verkehrsdurchsetzung

Auf die Bekanntheit der Nestle' Gemeinschaftsmarke könne zwar nicht aufgrund der Eintragung von "HAVE A BREAK" als verkehrsdurchgesetzte Marke geschlossen werden. Denn die Eintragung kraft Verkehrsdurchsetzung belege nicht zwingend auch die Bekanntheit, wenn nicht auch eine erhöhte Kennzeichnungskraft tatsächlich vorliegt. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte lässt die Eintragung der Gemeinschaftsmarke nur auf eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft bezogen auf das Gebiet der Europäischen Union schließen.

"TWIN BREAK" aber nachgewiesen nur in Deutschland bekannt

Nestle' konnte die tatsächliche Bekanntheit ihrer Gemeinschaftsmarke "HAVE A BREAK" jedoch nur für Deutschland schlüssig darlegen. Die Bekanntheit in Deutschland reicht zwar aus, um einer Gemeinschaftsmarke grundsätzlich den Schutz nach Artikel 9 As. 1 Satz 2 lit. c GMV zukommen zu lassen, jedoch nur für das Gebiet in der EU, in dem die Gemeinschaftsmarke auch die Voraussetzungen der Bekanntheit erfüllt. Da Nestle' die Bekanntheit von "HAVE A BREAK" nur für Deutschland nachgewiesen hatte, beschränkten sich die Ansprüche von Nestel' auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Verwechslungsgefahr zwischen "HAVE A BREAK" und "TWIN BREAK"

Schließlich bejahte das OLG die Verwechslungsgefahr zwischen "HAVE A BREAK" und der Marke "TWIN BREAK". Hierzu verwies es zunächst auf die Rechtsprechungsgrundsätze:

"Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Rahmen der Verwechslungsgefahr wie auch des Bekanntheitsschutzes ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen, was es jedoch nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können."

Zwar nur geringe Zeichenähnlichkeit zwischen "HAVE A BREAK" und "TWIN BREAK"

Das Gericht bejahte zwar Warenidentität. Den Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen sah es zwar als zu gering, um ungeachtet der Warenidentität und der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarke in Bezug auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu einer Verwechslungsgefahr zu führen. Anders als das LG ging es aber nicht davon aus, dass jegliche Zeichenähnlichkeit fehlt:

„Die Klagemarke "HAVE A BREAK" weist keinen (...) prägenden Bestandteil auf. Es handelt sich um eine Wortfolge, die in ihrem Zusammenhang einen, wenn auch nicht zwingend eindeutigen, Sinn ergibt - in erster Linie dahin, eine Pause zu machen. Das schließt sowohl die Heraushebung des Bestandteils "BREAK" als auch, wie die Beklagte meint, die Heraushebung des Bestandteils "HAVE A" aus. Auch wenn in dem Gesamtslogan "Have a break, have a Kit Kat) der Bestandteil "Have a" wiederkehrt, führt dies in Bezug auf die Gemeinschaftsmarke nicht dazu, dass "HAVE A" prägend sein könnte, da diese beiden Worte für sich genommen nichts aussagen. Umgekehrt erfährt der Bestandteil "BREAK" erst durch die Hinzufügung von "HAVE A" ihren Sinn.

Ebenso wenig kommt dem Bestandteil "BREAK" in dem angegriffenen Zeichen "TWIN BREAK" eine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Auch hier wird dem Bestandteil "BREAK" ein Sinn durch die Hinzufügung des Bestandteils "TWIN" gegeben, wenn auch weniger im Sinne von "Pause" als im Sinne von "brechen", nämlich die zweirippige Schokoladenwaffel zu brechen. Diese Erwägungen rechtfertigen zwar nicht den Schluss, es liege eine absolute Zeichenunähnlichkeit vor, lassen aber nur noch Raum für einen bestenfalls geringen Grad an Zeichenähnlichkeit (...). Im vorliegenden Fall kann lediglich ein sehr geringer Grad an Zeichenähnlichkeit festgestellt werden, da, wie bereits ausgeführt, sowohl die Klagemarke als auch das angegriffene Zeichen ihren Sinn erst durch die komplette Wortfolge erreichen und im Übrigen das Wort "BREAK" bei der Klagemarke eher im Sinne von "Pause" und bei dem angegriffenen Zeichen eher im Sinne von "Bruch" aufgefasst wird. Andererseits ist angesichts des übereinstimmenden Substantivs "BREAK" nicht jegliche Zeichenähnlichkeit zu verneinen.

Aber "TWIN BREAK" nutzt Unterscheidungskraft und Wertschätzung von "HAVE A BREAK" aus.

Dennoch bejahte das OLG am Ende eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr, weil die Marke "TWIN BREAK" die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marke "HAVE A BREAK" ausnutze:

"Da die Waren, für die die Klagemarke einerseits und das angegriffene Zeichen andererseits benutzt werden, identisch sind, die Klagemarke ein hohes Maß an Bekanntheit und Kennzeichnungskraft genießt und Zeichenähnlichkeit besteht, liegt eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung der Klagemarke durch die Beklagte nahe (...). Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Beklagte mit "TWIN BREAK" erfolgreich versucht hat, sich in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Klagemarke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft und ihrem Ansehen zu profitieren und die wirtschaftlichen Anstrengungen der Klägerin zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Image der Klagemarke auszunutzen."

OLG Frankfurt, Urteil vom 17.09.2015, Az. 6 U 148/14

Fazit

Das Urteil belegt nicht nur einmal mehr, dass auch Werbeslogans markenrechtliche Bedeutung zukommt. Nach der Rechtsprechung können auch Slogans als Marken eingetragen werden, wenn der Verbraucher in dem Slogan einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen erkennt. Als Indizien für die Unterscheidungskraft von Werbeslogans sieht die Rechtsprechung "Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge" sowie "Mehrdeutigkeit und daher Interpretationsbedürftigkeit" an. So wurden z.B. folgende Slogans als Marke eingetragen:

  • "Audi Vorsprung durch Technik" für Fahrzeuge, Reparatur, Bauwesen, Werbung (Audi AG)
  • "ICH LIEBE ES" für Nahrungsmittel, Getränke, Verpflegung (McDonald’s)
  • "Geiz ist geil" für Unterhaltungselektronik (MediaMarkt)
  • "Energie mit Esprit" für Waren und Dienstleistungen eines Energieversorgungsunternehmens"Radio von hier, Radio wie wir" für Rundfunkunterhaltung und Durchführung von Musik- und Unterhaltungsdarbietungen

Das Urteil des OLG Frankfurt belegt auch, dass sehr bekannte Werbeslogans ihre Bekanntheit auch auf eingetragene Marken, die nur aus einem Teil des Solgans bestehen, übertragen können.