Berlins Ex-Bürgermeister Wowereit ist mit seiner Klageg gegen Axel Springer wegen der Veröffentlichung von drei Fotos in der BILD Zeitung gescheitert. Wowereit sah in der Veröffentlichung der Fotos sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies sah der BGH jedoch anders und wies die Klage ab.
BILD veröffentlicht Fotos von Wowereit beim Restaurantbesuch
Wowereit wendet sich mit seiner Klage gegen Axel Springer gegen die Veröffentlichung von drei Fotos in der Berlin-Ausgabe der "BILD"-Zeitung unter der Überschrift "Vor der Misstrauensabstimmung ging´s in die Paris-Bar ...". Die Bilder zeigen Wowereit beim Besuch dieses Restaurants, einem bekannten Prominenten-Treff in Berlin, ferner einen Freund, den "Bread & Butter"-Chef", und dessen Frau am Vorabend der Misstrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus von Berlin.
Diese war wegen des in die Kritik geratenen Managements beim Bau des neuen Berliner Flughafens (BER) beantragt worden. Im Bildtext heißt es unter anderem:
"Der Regierende wirkt am Vorabend der Abstimmung im Parlament ersichtlich entspannt ... und genehmigt sich einen Drink in der Paris-Bar (Kantstraße)".
Die Fotos sind eingeschoben in einen Artikel über die politische Vita von Wowereit mit der Überschrift "Vom Partybürgermeister zum Bruchpiloten", in dem über die Amtsjahre von Wowereit und seinen "Absturz in 11,5 Jahren" berichtet wird.
Wowereit sah durch die Fotos sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Es habe sich um ein privates Abendessen gehandelt, bei dem die Presse außen vor bleiben müsse.
Vorinstanzenen gaben Klage von Wowereit gegen BILD statt
Das Landgericht gab der Klage von Wowereit auf Unterlassung der Veröffentlichung der drei Fotos statt. Das Berufungsgericht wies die Berufung von Axel Springer zurück.
BGH weist Klage von Wowereit gegen BILD ab
Auf die Revision von Axel Springer hat der BGH die Klage von Wowereit in letzter Instanz abgewiesen, da Wowereit die Fotoveröffentlichung auch ohne seine Zustimmung dulden musste.
Keine Einwilligung erforderlich, da Fotos aus dem Bereich der Zeitgeschichte stammen
Im Streitfall waren die veröffentlichten Fotos dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG) zuzuordnen und durften von der Beklagten deshalb auch ohne Einwilligung des Klägers (§ 22 KunstUrhG) verbreitet werden, da berechtigte Interessen des Abgebildeten damit nicht verletzt wurden. Das Berufungsgericht hatte bei der Beurteilung des Zeitgeschehens den Kontext der beanstandeten Bildberichterstattung nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb rechtsfehlerhaft dem Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang vor der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Pressefreiheit eingeräumt.
Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis (hier: Misstrauensabstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus) kann die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos, die den davon betroffenen Regierenden Bürgermeister am Vorabend in einer für sich genommen privaten Situation zeigen, durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Die Bilder zeigten, wie der - von ihm unbeanstandet - als "Partybürgermeister" beschriebene Kläger in der Öffentlichkeit am Vorabend des möglichen Endes seiner politischen Laufbahn mit dieser Belastung umging und zwar - wie im Kontext beschrieben - entspannt "bei einem Drink" in der Paris-Bar.
Berechtigte Interessen von Wowereit werden nicht verletzt
Durch die beanstandete Bildberichterstattung wurden nach Ansicht des BGH auch keine berechtigten Interessen von Wowereit im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG verletzt. Die Fotos zeigten Wowereit in einer eher unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten, von prominenten Personen besuchten Restaurant. Unter diesen Umständen konnte Wowereit - gerade am Vorabend der Misstrauensabstimmung - nicht damit rechnen, den Blicken der Öffentlichkeit und der Presse entzogen zu sein.
BGH, Urteil vom 27.09.2016, Az.: VI ZR 310/14
Quelle: PM des BGH v. 27.09.2016
Die der Entscheidung zugrunde liegenden Vorschriften zum Recht am eigenen Bild lauten:
§ 22 Satz 1 KunstUrhG
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
§ 23 Absatz 1 Nr. 1 KunstUrhG
Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden: Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte.
§ 23 Absatz 2 KunstUrhG
Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten ...verletzt wird.