Das LG Meiningen hat Jameda in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zur Löschung einer negativen Arztbewertung (Gesamtnote 6,0) verurteilt. Das Gericht stellte klar, dass Jameda sich nicht mit allgemeinen Angaben zum Behandlungskontakt zufriedengeben darf. Insbesondere bei schwerwiegenden Vorwürfen muss Jameda nachhaken und den Verfasser auffordern, die Umstände der Behandlung konkret zu beschreiben. Weder genügt eine kurze Praxisbeschreibung noch Angabe des Behandlungsmonats und -jahres, um den Patientenkontakt zu belegen.
Sachverhalt: Ärztin wird auf Jameda mit Gesamtnote 6,0 bewertet
Eine Allgemeinärztin wurde von einem (angeblichen) Patienten auf der Ärztebewertungsplattform jameda.de mit einer Gesamtnote 6,0 bewertet. Dies allein ist schon ärgerlich. Der Verfasser behauptete jedoch auch noch, dass er sich bei der Ärztin mit starken Schmerzen vorgestellt habe, vom Praxispersonal jedoch „abgewimmelt“ worden sei, hieß es in der BEwertung wie folgt:
"Notfall!! Starke Schmerzen im Nierenbereich
War mit starken Schmerzen im Nierenbereich dort. Bin dann nach langem Warten von der Schwester abgewimmelt worden, mit den Worten "wir können keinen Patienten mehr aufnehmen, versuchen sie es woanders". Dass, obwohl ich schon einmal dort war. Also, das ist für mich schon fast unterlassene Hilfeleistung!!!"
Damit stand der Vorwurf im Raum, die Ärztin hätte ihm eine dringend notwendige Behandlung verweigert und somit gegen den von ihr geleisteten hippokratischen Eid verstoßen.
Ärztin beanstandet negative Bewertung bei Jameda
Dies konnte und wollte die Ärztin nicht auf sich sitzen lassen und beanstandete die Bewertung bei Jameda und verlangte die Löschung, da diese unwahre Tatsachenbehauptungen enthalte. Sie habe in ihrer Praxis zwar in der Tat keine Kapazitäten für neue Patienten, aber Schmerzpatienten würden nie zurückgewiesen werden. Daher gehe sie davon aus, dass es sich bei der Bewertung um eine Fake-Bewertung handele.
Jameda nimmt Bewertung vorübergehend vom Portal
Wie üblich nach Eingang einer Beanstandung, nahm Jameda die Bewertung vorübergehend von der Plattform und leitete die Beanstandung an den Verfasser weiter mit der Aufforderung zur Stellungnahme.
Stellungnahme des Verfassers
Dieser gab folgende Stellungnahme ab:
"In bin trotz starker Schmerzen nicht behandelt worden! Im Wartebereich waren zwei Personen. Also Kapazitätsgrenze hin oder her... Die Schwester hat hat mich abgewimmelt und das, obwohl ich mehrmals betont habe, dass ich starke Schmerzen habe.
Praxisbeschreibung: Der Wartebereich befindet sich links vom Eingang. Geradeaus ist der Empfangsbereich abgetrennt durch eine Glastür.
Mir wurde eine Behandlung verweigert, d.h. keine Nachweis."
Jameda veröffentlicht Bewertungskommentar wieder
Dies erachtete Jameda als ausreichenden Nachweis für einen Kontakt zum Praxisteam und stellte den Kommentar der Bewertung, nicht jedoch die Bewertung wieder online. Daraufhin erhob die Ärztin Klage gegen Jameda auf Unterlassung der Veröffentlichung der Bewertung.
Urteil: Jameda trägt Beweislast für Patientenkontakt
Das Gericht gab der Klage der Ärtzin gegen Jameda vollumfänglich statt. Nach Ansicht des Gerichts ist Jameda den ihr nach Eingang einer Beanstandung als Plattformbetreiberin obliegenden Prüfpflichten nicht ausreichend nachgekommen. Insofern verwies das Gericht auf das Urteil des BGH vom 01.03.2016 (Az. VI ZR 34/15).
BGH: Jameda muss Sachverhalt umfassend und ernsthaft aufklären
Danach muss Jameda den Verfasser einer negativen Arztbewertung zur umfassenden Stellungnahme und Vorlage von Unterlagen auffordern muss. Jameda darf sich dabei nicht auf eine bloß formale Prüfung beschränken. Daher hätte sich Jameda nicht mit einer bloß kurzen Praxisbeschreibung und die Nennung des Behandlungsmonats- und -jahres zur Belegung des vom Verfasser behaupteten Kontakts mit dem Praxispersonal begnügen dürfen. Solche pauschalen Umschreibungen in kurzen Sätzen seien nicht ausreichend, um einen Kontakt zu beweisen.
Jameda muss bei bloß allgemeinen Angaben nachfassen
Vielmehr hätte Jameda beim Verfasser nachfassen und diesen nochmals auffordern müssen, die Umstände konkret zu beschreiben und entsprechenden Belege vorzulegen.
Da Jameda dies nicht getan hat, hafte Jameda als mittelbare Störerin.
LG Meiningen, Urteil vom 22.05.2019, Az. (117) 2 O 274/19
Jameda hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das OLG Thüringen hat jedoch Jameda in einem Hinweisbeschluss vom 18.10.2019 die Rücknahme der Berufung nahegelegt, da es beabsichtigt, die Berufung mangels Aussicht auf Erfolg durch Beschluss zurückzuweisen.
Praxishinweis
Der BGH hat 2016 entschieden, dass jameda den Verfasser einer negativen Arztbewertung zur umfassenden Stellungnahme und Vorlage von den behaupteten Arztkontakt belegende Unterlagen auffordern muss (BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15). Nach der Rechtsprechung muss Jameda dabei zwar die Anonymität des Verfassers bewahren, darf sich jedoch andererseits nicht mit lediglich pauschalen Angaben der Verfasser zum Behandlungskontakt begnügen. Auch kurze Praxisbeschreibungen genügen nicht.
Jameda wurde bereits in zahlreichen Urteilen beschieden, dass Jameda den ihr als Plattformbetreiberin obliegenden Prüfpflichten nicht ausreichend nachkommt (z. B. OLG Dresden, Urteil vom 06.03.2018, Az.: 4 U 1403/07; OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2018, Az. 26 U 4/18; LG Braunschweig, Urteil vom 28.11.2018, Az.: 9 O 2616/17 ). Das Urteil des LG Meiningen reiht sich in die Liste der erfolgreichen Urteile gegen Jameda ein.
Wir vertreten zahlreiche von negativen Bewertungen betroffene Ärzte und MVZ. Egal ob es sich dabei um negative Bewertungen auf Jameda, Google oder anderen Bewertungsplattformen handelt: Gegen falsche negative Bewertungen kann man sich erfolgreich wehren.