Identifizierende Berichterstattung bei illegalen Geschäften

Bildberichtersttatung über illegale Geschäfte

Der BGH hat mit Urteil vom 17.12.2019 entschieden, dass die Presse auch über ein nicht strafbares Verhalten einer der Öffentlichkeit nicht bekannten Person unter Offenlegung der Person berichten, insbesondere die Berichte mit Fotos bebildern darf.

Sachverhalt: Presse berichtet über illegale Geschäfte mit Abbildungen

Die Kläger mieten seit Jahren Immobilien in München an und vermieten diese (ohne Zustimmung bzw. gegen den ausdrücklichen Willen des Vermieters) tage- oder wochenweise an „Medizintouristen“ zu hohen Mieten weiter. Diese illegale Geschäftspraxis wurde den Klägern mit zahlreichen Bescheiden wegen verbotener Zweckentfremdung von Wohnraum untersagt. Die Kläger setzten ihre illegale Geschäfte jedoch fort.

Die Beklagte berichtete über eine öffentliche Verhandlung in einem der zahlreichen gegen die Kläger vor dem Verwaltungsgericht München geführten Verfahren. Die Berichte bebilderte sie dabei mit Fotos, auf denen die Kläger abgebildet waren.

Die Kläger beanstandeten die sie identifizierende Bildberichterstattung und forderten von der Beklagten Unterlassung. Da die Beklagte dies verweigerte, erhoben die Kläger Klage auf Unterlassung. Das Landgericht gab der Klage statt, das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück. Hiergegen legte die Beklagte Revision beim BGH ein.

BGH: Presse darf über illegale Geschäfte identifizierend berichten

Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab, da die Vorinstanzen im Rahmen der Interessenabwägung das Öffentichkeitsinteresse nicht ausreichend berücksichtigt haben.

Identifizierende Berichterstattung greift in Persönlichkeitsrecht ein

Zwar - so der BGH - sei bei einer identifizierenden Bildberichterstattung über ein Fehlverhalten, insbesondere ein strafbares, zu berücksichtigen, dass eine solche in das Recht des Abgebildeten auf Schutz seiner Persönlichkeit eingreife, „weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert“. 

Presse als "Wachhund der Öffentlichkeit"

Aufgabe der Presse als „Wachhund der Öffentlichkeit“ sei es, über Themen von gesellschaftlichem Interesse zu berichten. Dabei sei die Presse bei Berichten über Fehlverhalten nicht darauf beschränkt, nur Straftaten aufzudecken, sondern sie darf auch über „ähnliche Verfehlungen“ berichten.

Auch nicht strafbares (nur illegales) Fehlverhalten kann Zeitgeschehen sein

Auch bei einer Berichterstattung über ein (bloß) illegales Verhalten könne das Informationsinteresse der Öffentlichkeit dem Recht am eigenen Bild überwiegen. Denn derjenige, der den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, müsse grundsätzlich dulden, dass das von ihm selbst hervorgerufene Informationsinteresse der Öffentlichkeit durch die Presse befriedigt wird.

Vorliegend beschäftigt sich die Berichterstattung mit einem aktuellen Thema von hohem gesellschaftlichen Interesse, nämlich der Wohnungsnot in München und dem Kampf gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum und den damit in Verbindung stehenden illegalen Geschäften der Kläger. Daher tritt das Recht der Kläger am eigenen Bild hinter dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurück.

Auch Öffentlichkeit unbekannte Person muss identifizierende Bildberichterstattung dulden

Dass es sich bei den Klägern nicht um der Öffentlichkeit bekannte Personen handele, ändere hieran nichts. Denn durch ihr rechtswidriges Verhalten haben die Kläger den Bereich rein privater Betätigung verlassen und sich selbst zum Gegenstand des Informationsbedürfnisses gemacht.

BGH, Urteil vom 17.12.2019, VI ZR 504/18

Praxishinweis

Mit diesem Urteil gesteht der BGH der Presse einen größeren Freiraum in Bezug auf identifizierende Bildberichterstattungen zu. Auch bei einer Berichterstattung über ein (nur) illegales (nicht jedoch strafbares) Verhalten kann eine Bebilderung und damit eine Identifizierung der jeweiligen Personen zulässig sein. Zudem stellt der BGH klar, dass es für die Einstufung, ob ein „Ereignis der Zeitgeschichte“ vorliegt, unerheblich ist, ob der mit der Abbildung verfolgte Informationszweck auch ohne Bebilderung hätte erzielt werden können.

Sollten Sie von einer negativen Bildberichterstattung betroffen sein, gilt es zu prüfen, ob diese nach den Grundsätzen des BGH tatsächlich zulässig ist. Maßgeblich ist insoweit, wie die Interessenabwägung in Ihrem Fall ausgeht. Gerne stehe ich auch Ihnen für die außergerichtliche oder gerichtliche Durchsetzung Ihrer Rechte als Betroffener zur Verfügung.