Presseunternehmen dürfen Bilder eiens Prominenten nicht als "Clickbait" ("Klickköder") für redaktionelle Beiträge nutzen, die keinen Bezug zu dem Prominenten haben. Tun sie es doch, kann der Betroffene Schadensersatz wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild verlangen.
Sachverhalt: Prominentenbild als Klickköder
Der Kläger (Günther Jauch) ist ein bekannter und beliebter deutscher TV-Moderator. Die Beklagte bietet eine Programmzeitschrift an und unterhält zudem eine Internetseite sowie ein Facebook-Profil. Auf diesem Profil postete sie am 18. August 2015 folgende Meldung:
+++ GERADE VERMELDET +++ Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen. Wir wünschen, dass es ihm bald wieder gut geht.
Der Post enthielt vier Bilder prominenter TV-Moderatoren, darunter ein Bild des Klägers. Beim Anklicken des Posts wurde der Leser auf das Internetangebot der Beklagten weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die tatsächliche Erkrankung eines der drei anderen TV-Moderatoren berichtet wurde. Informationen über den Kläger fanden sich dort nicht.
Da der Kläger dieser Verwendung seines Bildes nicht zugestimmt hatte, mahnte er die Beklagte ab. Diese gab zwar die vom Kläger geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Zahlung von Schadensersatz. Wegen der Nutzung seines Bildnisses hatte der Kläger Schadensersatz in Höhe von mindestens 20.000 EUR gefordert.
Vorinstanzen: "Clickbait" mit Promi-Bildern zum Anlocken von Lesern unzulässig
Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht gaben dem Kläger Recht und verurteilten die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 20.000 EUR. Hiergegen legte die Beklagte Revision beim BGH ein.
BGH: Prominentenbild darf kein bloßer Klickköder sein
Die Revision blieb jedoch erfolglos. Der BGH bestätigte, dass dem Kläger gegen die Beklagte wegen "Clickbaits" mit seinem Bildnis ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 20.000 EUR zusteht.
Der BGH betonte zunächst einmal mehr, dass die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke genutzt wird, allein dem Betroffenen zustehe. Diese Entscheidung sei ein wesentlicher vermögensrechtlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts.
Da es in dem verlinkten Bericht überhaupt nicht um den Kläger ging, habe die Beklagte das Bildnis des Klägers allein als Klickköder zu dem Zweck genutzt, die Aufmerksamkeit der Leser auf ihr Presseerzeugnis zu lenken. Eine Nutzung des Bildnisses des Klägers als "Clickbait" greife in das Recht des Klägers am eigenen Bild ein.
Dieser Eingriff - so der BGH - sei auch rechtswidrig, da eine Einwilligung des Klägers nicht vorlag. Das Bildnis sei auch nicht dem Bereich der Zeitgeschichte gem. 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen, da die Interessen des Klägers höher zu bewerten seien:
"Die Beurteilung, ob das Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte (...) zuzuordnen ist und damit ohne Einwilligung des Abgebildeten genutzt werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Interessen des Klägers höher gewichtet als die der Beklagten.
Auf Seiten der Beklagten hat es keine berechtigten Belange mit Gewicht in die Abwägung eingestellt und dies unter anderem damit begründet, dass das Posting bezogen auf den Kläger an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung und damit allenfalls am äußersten Rand des Schutzbereichs der Pressefreiheit liege.
Mit dem durch den Klickköder veranlassten Anklicken des Posts werden zwar Werbeeinnahmen erzielt, die der Finanzierung der journalistischen Arbeit dienen; dies rechtfertigt es aber nicht, das Bildnis einer prominenten Person für eine Berichterstattung zu nutzen, die keinen inhaltlichen Bezug zu ihr aufweist. Der Kläger muss nicht hinnehmen, dass sein Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt wird, die ihn nicht betreffen."
Unzulässiges Clickbaiting zieht Schadensersatz nach sich
Aufgrund des rechtswidrigen Eingriffs in sein Recht am eigenen Bild stehe dem Kläger daher ein Schadensersatz zu. Diesen habe das Berufungsgericht - so der BGH - mit Blick auf die Beliebtheit des Klägers zu Recht mit 20.000 EUR beziffert. Dabei sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Beklagte bewusst den falschen Eindruck erweckt habe, der Kläger sei an Krebs erkrankt:
"Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die von der Beklagten an den Kläger zu zahlende fiktive Lizenzgebühr mit 20.000 € bemessen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht einerseits den ganz überragenden Markt- und Werbewert und die außergewöhnlich hohe Beliebtheit des Klägers berücksichtigt.
Es hat andererseits zutreffend angenommen, dass bei der hier allein vorliegenden Aufmerksamkeitswerbung im Vergleich etwa zu einer unzulässigen Testimonial-Werbung mit einem Prominenten eine der eher schwächeren Werbeformen vorliegt. Es hat ferner dem Umstand, dass die Beklagte mit der beanstandeten Nutzung des Bildnisses eine Krebserkrankung des Klägers als möglich in den Raum gestellt hat, ohne Rechtsfehler wesentliche Bedeutung für die Höhe der Lizenzgebühr beigemessen."
BGH, Urteil vom 21.01.2021, I ZR 120/19
Quelle: PM des BGH vom 21.01.2021
Praxistipp:
Bilder von Prominenten dürfen nicht als bloße Klickköder ("Clickbait") genutzt werden. Dies ist der Fall, wenn Bilder von Prominenten allein zu dem Zweck verwendet werden, die Aufmerksamkeit der Leser auf einen Beitrag zu lenken, es in dem Beitrag aber nicht um den Prominenten geht. Eine Nutzung eines Bildnisses als "Clickbait" ohne redaktionellen Bezug zu dem Betroffenen greift in dessen Recht am eigenen Bild ein. Besonders schwerwiegend ist der Eingriff, wenn (wie hier) durch "Ködertexte" der falsche Eindruck erweckt wird, der Betroffene leide an einer schwerwiegenden Krankheit wie Krebs.
Das BGH-Urteil bedeutet jedoch nicht, dass "Clickbaiting" gar nicht mehr möglich ist. Sofern Fotos von Personen verwendet werden, um die es in dem Beitrag auch geht, dürfte das "Anködern" mit Fotos zulässig sein. Dies gilt natürlich nur, wenn der Köder-Text auch sonst keinen falschen Eindruck erweckt.