2.500 EUR wegen Bildnisveröffentlichung in Sex-Kontext

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Nicht jeder, der auf einer Feier ausgelassen tanzt, will später Fotos von der Feier, auf denen er erkennbar ist, veröffentlicht sehen. Schon gar nicht, wenn das Bildnis in einem anderen und überdies abträglichen Kontext veröffentllicht wird. Das OLG Dresden hatte sich mit der Veröffentlichung eines Bildnisses einer feiernden Polizeianwärterin aus einem Video zu befassen. Das Video wurde auf einer nicht öffentlichen Polizei-Abschlussfeier erstellt. Das entgegen den Absprachen veröffentlichte Bildnis war an sich unverfänglich. Diese wurde jedoch in dem beanstandeten Artikel in einen sexualisierten Kontext gestellt. Dieser abträgliche Kontext rechtfertigt nach Ansicht des Gerichts die Zuerkennung einer Geldentschädigung wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung in Höhe von 2.500 EUR.

Sachverhalt: Veröffentlichung eines Bildnisses in abträglichem Kontext

Die Klägerin hatte mit mehreren anderen Polizei-Anwärterinnen an einer Polizei-Abschlussfeier auf dem Gelände einer Polizeifachhochschule teilgenommen und dort offenkundig ausgelassen gefeiert. Von der Feier wurde auch ein Video erstellt, wobei abgesprochen war, dass dieses nicht veröffentlicht werden sollte. In dem Video sind mehrere Polizei-Anwärterinnen beim Tanzen zum Lied "London Bridge" von Fergie zu sehen.

Entgegen der Absprache wurde ein Bildnis der klagenden angehenden Polizistin aus dem Video in einem Artikel mit der Überschrift "Die frechen Polizei-Schülerinnen und das Huren-Lied" veröffentlicht. Das Bild der Klägerin war mit dem Untertitel "eine künftige Kommissarin beißt … frivol in eine Banane" versehen.
Die Klägerin sah in der Veröffentlichung ihres Bildnisses in diesem Kontext ihr Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt und verlangte Geldentschädigung.

OLG Dresden: Bildnisveröffentlichung im Sex-Kontext rechtfertigt Geldentschädigung

Bildnis von Polizei-Abschlussfeier kein Ereignis der Zeitgeschichte

Da die Klägerin in die Veröffentlichung des Bildnisses nicht eingewilligt hatte, bejahte das Gericht eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Ansicht der Beklagtenseite, es handele sich bei dem Bildnis um ein Bildnis der Zeitgeschichte (mit der Folge, dass keine Einwilligung erforderlich ist), wies das Gericht zurück:

"Das Video der Polizeischülerinnen, das den Gegenstand dieser Berichterstattung bildet, fand im Rahmen einer Abschlussfeier auf dem geschlossenen Gelände des Fortbildungszentrums der Polizei der Fachhochschule Bautzen statt. Die Veranstaltung war nicht öffentlich und fand allein im geschlossenen Rahmen der beteiligten Polizeischülerinnen statt, Gäste waren nicht zugelassen, der Veranstaltungsort war für Außenstehende ohne Zugangsberechtigung nicht zugänglich. Ein irgendwie geartetes Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über diese Veranstaltung ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht behauptet. (…)

Da keine der auf dem Video zu sehenden Personen eine Person des öffentlichen Interesses ist, bei denen wegen ihrer Vorbildwirkung unter Umständen auch Aspekte der Freizeitgestaltung von Interesse für die Öffentlichkeit sind, ist allein der Umstand, dass Polizeischülerinnen auf dem Gelände einer Polizeifachhochschule eine Abschlussfeier veranstalten und in diesem Rahmen ein Video drehen, für die öffentliche Meinungsbildung ohne Belang. Nichts anderes folgt hier daraus, dass dieses Video mit dem Song „London Bridge“ der Sängerin „Fergie“ unterlegt ist. Es handelt sich hierbei um einen kommerziellen Hip-Hop-/Rap-Song mit Einflüssen aus der Popmusik, der weltweit millionenfach verkauft oder heruntergeladen wurde (…). Dass dieser Song sexuell aufgeladene Anspielungen enthält, ist genretypisch (…) und daher für sich genommen ohne Informationswert.“

Schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung wegen Sex-Kontext = Geldentschädigung

Zudem bejahte das Gericht auch eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung. Zwar handele es sich bei dem Bildnis selbst um ein an sich unverfängliches Bildnis. Allerdings sei das Bildnis in einen erkennbar sexualisierten Kontext gestellt worden, welches die Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertige, wenn auch nur in Höhe von 2.500 EUR („Mindestuntergrenze“):

"Ob ein (…) schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. (…)

Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt.

Speziell bei Bildveröffentlichungen ist zudem zu beachten, dass dort ein anderweitiger Ausgleich in der Regel tatsächlich kaum zu erreichen ist (…). Dies bedeutet allerdings nicht, dass jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild automatisch eine Geldentschädigung nach sich zöge. Weil der Anspruch eine Lücke im Persönlichkeitsschutz schließen soll, ist er auch in diesem Fall nur zuzusprechen, wenn er das Persönlichkeitsrecht bedeutend und nachhaltig verletzt.

Dies hat der Senat (…) bei der Ablichtung einer teilentkleideten Tänzerin in einer geschlossenen Veranstaltung mit Fotografierverbot trotz der mit dem öffentlichen Auftritt einhergehenden Selbstöffnung der Privatsphäre bejaht und hierfür eine Geldentschädigung in Höhe von 3000,- € bejaht. Die hier eingetretene Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin bleibt in der Gesamtabwägung geringfügig dahinter zurück.

Anders als in dem dort entschiedenen Fall wird die Klägerin nicht ganz oder teilweise unbekleidet den voyeuristischen Blicken der Leserschaft preisgegeben; zudem wird ihre Identität nicht mitgeteilt, mag sie auch für ihren Bekanntenkreis erkennbar dargestellt sein. Auch wenn die Abschlussfeier unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, handelte es sich hierbei zudem nicht um eine private Feierlichkeit der Klägerin, die gegen Eingriffe von Außen besonders geschützt wird. Die Klägerin wird vielmehr im Rahmen ihrer Sozialsphäre abgebildet, woran auch die Vereinbarung der Teilnehmerinnen, das Video nicht zu veröffentlichen, nichts ändert. Allerdings wird ihre Abbildung mit dem Untertitel „eine künftige Kommissarin beißt … frivol in eine Banane“ kommentiert. Der Senat teilt die Auffassung der Berufungserwiderung, dass durch diese Bilduntertitelung für den Durchschnittsleser erkennbar suggeriert werden soll, die Klägerin habe bei der Abschlussfeier "Oralverkehr mit einer Banane simuliert". Eine derartige Unterstellung, für die das Bild als solches nichts hergibt, ist aber geeignet, die Klägerin in der Öffentlichkeit als schamlos und grenzverletzend darzustellen. Dies rechtfertigt im Ergebnis die zugesprochene Geldentschädigung.“

OLG Dresden, Endurteil v. 08.06.2021, 4 U 2120/20

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Rechtsanwältin Denise Himburg – Ihre Anwältin für Medienrecht mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im Medien- und Presserecht
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