Verspätete Löschung von Mitarbeiterfotos: 10.000 EUR Schadensersatz

Fotos von Arbeitnehmern
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Sie haben Ihr Arbeitsverhältnis beendet und stellen fest, dass Ihr ehemaliger Arbeitgeber weiterhin Fotos und Videos von Ihnen verwendet? Das müssen Sie nicht hinnehmen. So hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg einem ehemaligen Arbeitnehmer Schadensersatz in Höhe von 10.000 € zugesprochen, weil sein ehemaliger Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Fotos und Videos von ihm verwendet hatte.  Trotz mehrfacher Aufforderung des ehemaligen Arbeitnehmers zur Löschung verwendete der Arbeitgeber das Bildmaterial über einen Zeitraum von 9 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unerlaubt weiter.

Hintergrund des Falles: Nichtlöschung von Mitarbeiterfotos trotz Aufforderung

Der Kläger war bei der Beklagten als Werbetechniker im Bereich Folierung beschäftigt, bis er im April 2019 sein Arbeitsverhältnis beendete und zu einem Wettbewerber wechselte. Während seiner Zeit bei der Beklagten hatte er an Folierungsschulungen teilgenommen und diese sogar geleitet. In dieser Funktion wurden zahlreiche Fotos und ein Werbevideo von ihm bei der Arbeit gemacht, die von der Beklagten zu Werbezwecken im Internet verwendet wurden.

Nachdem der Kläger das Unternehmen verlassen hatte, wurden diese Aufnahmen trotz mehrfacher Aufforderungen des Klägers, sie zu entfernen, weiterhin verwendet. Erst im Februar 2020 kam die Beklagte schließlich der Aufforderung zur Löschung der Fotos und Videos nach.

Urteil Landesarbeitsgericht: 10.000 EUR Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO

Das LAG Baden-Württemberg sprach dem Kläger Schadensersatz bzw. Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro wegen Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 82 Abs. 1 DSGVO bzw. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu.

Das Gericht bejahte vorliegend eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers. Auch wenn dieser zunächst mit der Anfertigung von Bildnissen einverstanden gewesen sei und diese möglicherweise aktiv gefördert habe, sei für die Beklagte ohne weiteres erkennbar gewesen, dass dies jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers und seines Wechsels zu einem Konkurrenzunternehmen nicht mehr der Fall gewesen sei. Gleichwohl hat die Beklagte die Foto- und Videoaufnahmen mit dem Kläger nicht von sich aus und zunächst auch nicht auf mehrfaches Drängen des Klägers aus ihren Werbemedien entfernt, sondern dies erst im Februar 2020 und damit mehr als neun Monate nach seinem Ausscheiden vollständig getan.

Arbeitgeber muss Mitarbeiterfotos nach Ende Arbeitsverhältnis von sich aus löschen

Das Gericht stellte klar, dass die Zustimmung eines Arbeitnehmers zur Nutzung von Mitarbeiterfotos nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht automatisch fortbesteht. Daraus folgt, dass Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses von sich aus Mitarbeiterfotos oder Videos, in denen der ehemalige Mitarbeiter zu sehen ist, löschen müssen. Arbeitgeber sollten daher nicht warten, bis Ex-Mitarbeiter Löschung verlangen:

"Auch wenn der Kläger im Zeitpunkt des Anfertigens des Bildmaterials hiermit und mit der Verwertung des Bildmaterials zu Werbezwecken für die Beklagte einverstanden war, so bedeutet dies nicht, dass dieses Einverständnis über den Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Beklagten hinaus fortbestand, zumal der Kläger in unmittelbarem zeitlichen Anschluss in vergleichbarer Position bei einem Wettbewerber tätig wurde. Vielmehr hätte die Beklagte sämtliche Bildnisse des Klägers von sich aus spätestens im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus ihren Werbemedien entfernen müssen (...). Dies hat die Beklagte jedoch nicht getan, sondern in der Folgezeit ein das Persönlichkeitsrecht des Klägers in erheblichem Maße beeinträchtigendes Verhalten an den Tag gelegt."

Verwendung von Mitarbeiterfotos in Werbevideo rechtfertigt hohen Schadensersatz

Maßgeblich für die Höhe des Schadensersatzes war nicht nur, dass der Arbeitgeber die Fotos und Videos trotz Aufforderung nicht löschte. Das Gericht berücksichtigte bei der Schadensersatzhöhe auch, dass die Beklagte den Kläger über die Dauer des Arbeitsverhältnisses hinaus zur Verfolgung eigener geschäftlicher Interessen eingesetzt hatte. Zwar sei keine „Gewinnabschöpfung“ vorzunehmen. Die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung sei jedoch als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Schadensersatzes einzubeziehen und von der Höhe der Geldentschädigung eine echte Abschreckungswirkung ausgehen.

"Die Beklagte hat die Angaben des Klägers nicht substanziiert bestritten, wonach sie im Zeitraum vom 1. Mai 2019 bis 21. Februar 2020 viertägige Lehrgänge zum Erlernen von Foliertechniken angeboten habe, die zum Preis von 1.999,00 EUR von ca. 6 Personen je Lehrgang besucht worden seien. Dabei habe die Beklagte etwa 7.000,00 EUR Gewinn je Lehrgang vereinnahmt. (...). Andererseits hat die Beklagte selbst vorgetragen, dass der Kläger seine jetzige Position bei Mitbewerbern auch deshalb bekleide, weil er durch die entsprechenden Schulungen und Veröffentlichungen bekannt geworden sei. Somit hat die Beklagte einen gewissen Werbeeffekt ausgenutzt, was bei der Bemessung des Entschädigungsbetrags zu berücksichtigen ist ebenso wie der Umstand, dass sie vermeiden wollte, das mit viel Aufwand und Kosten angefertigte Schulungsvideo nicht mehr unverändert verwerten zu können."

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.7.2023, Az.: 3 Sa 33/22

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Arbeitnehmer: Hohe Schadensersatzforderungen bei Bildnutzung möglich

Arbeitnehmer müssen es nicht hinnehmen, wenn ehemalige Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Fotos oder Videos von ihnen weiterhin verwenden. Neben Löschungs- und Unterlassungsansprüchen können sie auch eine Entschädigung verlangen. Deren Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Anzahl der Fotos oder Videos, dem Verbreitungsgrad und der Dauer der Nutzung. Je umfangreicher und länger die Nutzung ist, desto höhere Beträge werden zugesprochen.

Arbeitgeber: Nach Ende des Arbeitsverhältnisses unbedingt Fotos von Ex-Arbeitnehmern löschen

Arbeitgeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Zustimmung zur Nutzung von Bildmaterial während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht unbedingt auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbesteht. Wenn ein Arbeitnehmer die Verwendung seiner Bilder nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht mehr gestattet, sollten Arbeitgeber diese Anfrage ernst nehmen und unverzüglich reagieren. Eine Verzögerung oder Verweigerung kann zu erheblichen Schadensersatzansprüchen führen.

Weitere Urteile: Schadensersatz wegen Verwendung von Mitarbeiterfotos

Auch andere Gerichte sprachen ehemaligen Arbeitnehmern bereits Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO. So sprach das Arbeitsgericht Neuruppin einer ehemaligen Arbeitnehmerin 1.000 EUR Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu, weil ihr Foto nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin auf der Webseite ihres ehemaligen Arbeitgebers abrufbar war (ArbG Neuruppin, Urteil vom 14.12.2021, Az: 2 Ca 554/21).

Das Landesarbeitsgerichts Köln sprach einer Professorin für Medien- und Eventmanagement Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO in Höhe von 300 EUR. Ihr ehemaliger Arbeitgeber löschte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar - wie vereinbart - ihr Profil auf der Webseite, übersah  jedoch, dass ihr Profil im PDF-Format weiterhin über das Internet abrufbar war (LAG Köln, Urteil vom 14.9.2020, Az.: 2 Sa 358/20). Da es sich um ein "Versehen" handelte, wurde nur geringer Schadensersatz zugesprochen.

Keine feste Größe beim Schadensersatz - Umstände im Einzelfall maßgeblich

Diese Urteile zeigen, dass es keine feste Größe für Schadensersatz gibt. Die Schadensersatzhöhe hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist daher von Fall zu Fall unterschiedlich. Maßgeblich ist u.a. Art und Dauer der Verwendung, der Verbreitungsgrad sowie der durch die Rechtsverletzung verursachte wirtschaftliche Schaden beim Ex-Arbeitnehmer bzw. wirtschaftliche Vorteil beim Ex-Arbeitgeber.