Behauptung offener Korruptionsvorwürfe nach abschließender Einstellung von Ermittlungsverfahren rechtswidrig

Auch solche unwahren Behauptungen sind nicht von
der Meinungsfreiheit gedeckt

Das VG Neustadt hatte entschieden, dass ein Mitglied des Haßlocher Gemeinderats nicht mehr behaupten darf, dass Korruptionsvorwürfe gegen den Geschäftsführer der Gemeindwerke Haßloch offen seien.


Sachverhalt

Die Beklagte ist Mitglied im Gemeinderat von Haßloch. Im August 2009 erstattete sie gegen den Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal/Pfalz Strafanzeige wegen des Verdachts der

Untreue, Unterschlagung, Betrug etc. im Zusammenhang mit angeblichen Missständen im Badepark Haßloch.

Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen den Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch in den Jahren 2010 und 2011 mehrmals ein.

In einem Schreiben an den Bürgermeister der Gemeinde Haßloch vom 24. Juni 2011 äußerte sich die Beklagte dahingehend, die Korruptionsvorwürfe gegen den Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch seien immer noch offen. Eine Abschrift des Schreibens mit dieser Äußerung hatte die Beklagte auch an jede im Gemeinderat vertretene

Partei bzw. Vereinigung versandt.

Eilverfahren


Die Gemeindewerke Haßloch und ihr Geschäftsführer suchten wegen dieser Äußerung der Beklagten um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. nach. Dieses untersagte der Beklagten im Dezember 2011 vorläufig, die gegenüber dem Bürgermeister der Gemeinde Haßloch getätigte Aussage weiterhin zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.

Die von der Beklagten dagegen eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Anfang Februar 2012 zurück.

Hauptsacheverfahren


In dem Ende Februar 2012 in gleicher Sache eingeleiteten Hauptsacheverfahren machte die Beklagte geltend, sie habe zu keinem Zeitpunkt selbst Korruptionsvorwürfe erhoben oder einen derartigen Verdacht geäußert. Vielmehr hätten andere solche Verdächtigungen in die Welt gesetzt. Sie sei den Vorwürfen lediglich nachgegangen.

Ihre Äußerung, die Korruptionsvorwürfe gegen den Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch seien immer noch offen, stelle unter Berücksichtigung der nach ihrer Meinung unzulänglichen und unergiebigen Ermittlungsarbeit von Staatsanwaltschaft und Gemeindeverwaltung lediglich eine Meinungsäußerung dar, die von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz gedeckt sei.

Dieser Rechtsauffassung ist die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt.

Die Kläger hätten wegen Verletzung ihres allgemeinen (Unternehmens-)Persönlichkeitsrechts vielmehr einen Anspruch darauf, dass die Beklagte die gegenüber dem Bürgermeister der Gemeinde Haßloch getätigte Aussage, die

Korruptionsvorwürfe gegen den Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch seien immer noch offen, unterlasse.

Die Äußerung der Beklagten stelle keine Meinungsäußerung dar, sondern beinhalte die Tatsachenbehauptung, dass Korruptionsvorwürfe im Raum stünden, die noch nicht geklärt seien, da sie als "offen" bezeichnet würden. Es bedürfe keiner Beweiserhebung, wer wann welche Vorwürfe erhoben habe. Korruptionsvorwürfe seien jedenfalls nicht mehr offen. Denn die Staatsanwaltschaft als für die Ermittlung von Straftaten zuständige Behörde habe das Verfahren abschließend eingestellt, weil keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Beschuldigten bestünden.

Spätestens aufgrund dieser unzweideutigen Feststellung sei jeglicher Verdacht gegen den Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch ausgeräumt. Deshalb sei es nunmehr auch unwahr zu behaupten, die Korruptionsvorwürfe gegen diesen seien noch offen.

Es bestehe die ernsthafte Besorgnis einer Wiederholung der streitgegenständlichen Behauptung und damit weiterer Verletzungen des Persönlichkeitsrechts der Kläger. Unter Abwägung der widerstreitenden Interessen hielt es das Gericht für angemessen, der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 50 000 EUR anzudrohen.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragt werden.

Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 28. Januar 2013 - 3 K 197/12.NW

Quelle: PM des VG Neustadt vom 28. Januar 2013