Das OLG Karlsruhe Köln hat heute entschieden, dass im Rahmen des politischen Meinungskampfes auch die Bezeichnung des Gegners als Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner zulässig sein kann, sofern es sich bei diesen Äußerungen ihrem Sinn und systematischen Kontext nach um eine bewertende Stellungnahme zu einer die Öffentlichkeit bzw. eine politische Partei interessierende Frage handelt.
Sachverhalt
Der Kläger, baden- württembergischer Landesvorsitzender und Gründungsmitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD), hatte sich in dem einstweiligen Verfügungsverfahren dagegen gewendet, dass der Beklagter ihn in einem an Parteimitglieder der AfD adressierten E-Mailschreiben als Betrüger, Rechtsbrecher, Halunke, Lügner und Gauner bezeichnet hat.
Der Beklagte war früher selbst Mitglied der AfD. Nachdem es im Jahr 2013 zu einem Parteiausschlussverfahren kam, war er freiwillig aus der Partei ausgetreten.
Entscheidung Vorinstanz
Auf Antrag des Klägers hatte das LG Baden-Baden dem Beklagten die beanstandeten Äußerungen untersagt (Urt. v. 29.09.2014 - Az. 4 O 128/14).
Entscheidung OLG Karlsruhe
Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Das OLG Karlsruhe ist nicht der Auffassung des LG gefolgt, wonach es sich hier um Schmähkritik handele, die ohne weitere Abwägung der betroffenen Interessen unzulässig sei.
Denn eine Schmähung liege bei einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage nur ausnahmsweise vor und sei eher auf die Privatfehde beschränkt. Wesentliches Merkmal der Schmähung sei eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Davon könne hier keine Rede sein. Die angegriffenen Äußerungen dürften nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr müssten - entgegen der Auffassung des LG - auch die in der E-Mail gesetzten Links berücksichtigt werden.
Dort beanstande der Beklagte den Ablauf der Wahl des Klägers auf den 3. Listenplatz der AfD bei der Europawahl sowie die Durchführung des Gründungsparteitags als fehlerhaft. Bei den Äußerungen des Beklagten handele es sich daher ihrem Sinn und systematischen Zusammenhang nach um die kritisierten parteiinternen Vorgänge zusammenfassende, bewertende Stellungnahmen. Bei der gebotenen Abwägung spreche eine Vermutung für die Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen, da sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung für einen freien und offenen politischen Prozess sei, in ihrem Kern betroffen wäre.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2015, Az. 6 U 156/14
Quelle: PM des OLG Karlsruhe vom 15.01.2015