Das LG Bonn hat mit Urteil vom 07.01.2015 entschieden, dass die Anfertigung von Fotos, auf denen Personen abgebildet sind, für Zwecke des Beweises der Begehung einer Ordnungswidrigkeit durch die abgebildete Person rechtswidrig und daher zu unterlassen ist.
Sachverhalt
Eine Privatperon (der Beklagte) fotografierte den Kläger, während dieser mit seinem Hund unangeleint in einem Naturschutzgebiet weilte. Dies stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Als der Kläger sich gegen die Fotoaufnahmen wehrte, verteidigte sich der Beklagte mit dem Hinweis, dass er sich für die Belange des Naturschutzes einsetze, der Kläger eine Ordnungswidrigkeit begangen habe und die Fotoaufnahmen Beweiszwecken dienten.
Da der Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abab, reichte der Kläger Unterlassungsklage beim LG Bonn ein.
Entscheidung LG Bonn
Das LG Bonn gab dem Kläger Recht und verurteilte den Beklagten wegen Eingriffs in das Recht des Klägers am eigenen Bild zur Unterlassung von zukünftigen Fotoaufnahmen.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine Privatperson wie der Beklagte sich gegenüber dem Kläger nicht auf die Belange der Allgemeinheit (hier Naturschutz) berufen könne. Zudem gebe es auch kein subjektives Recht des Einzelnen, eine Anzeige mittels Fotos beweissicher zu machen. Nur dem Staat stünden entsprechende Befugnisse zu. Auf diese könne sich eine Privatperson nicht berufen. Das Gericht wörtlich:
"Ein (...) Eingriff in das Recht am eigenen Bild als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt bereits dann vor, wenn – wie hier – ohne Einwilligung des Betroffenen Bildnisse hergestellt werden, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob Fotos mit der Absicht, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen bzw. zu verbreiten, angefertigt werden (...).
Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass dieser Eingriff in das Recht am eigenen Bild hier auch rechtswidrig und damit unzulässig war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies im Falle der Anfertigung von Bildern in Bereichen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, im Zuge einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung zu ermitteln (...).
Ganz entscheidend ist bereits im Ausgangspunkt dieser Abwägung hier die Frage, welche (verfassungs-)rechtlichen Positionen in die Abwägung eingestellt werden können. Der Beklagte geht insoweit davon aus, dass er für sich die Einhaltung der Naturschutzvorschriften und deren Durchsetzung im Wege des Ordnungswidrigkeitsverfahrens ins Feld führen kann. Naturschutzvorschriften (...) betreffen allerdings keine Individualrechtsgüter. (...)
Nach diesen Grundsätzen kann der Beklagte nicht auf die Belange des Naturschutzes abstellen, um seine Fotografien zu rechtfertigen. Auch soweit der Beklagte für sich das "Recht auf eine effektive Anzeige" (...) in Anspruch nimmt, ist dieses hier mangels eines betroffenen Individualrechtsguts gerade nicht tangiert.
(...)
Festzuhalten ist ferner, dass eine Bürgerin oder ein Bürger, die oder der eine Anzeige erstattet, keine eigenen subjektiven Rechte mit Blick auf die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten hat (...) Der Anzeigeerstatter kann sich die Entscheidung zur Verfolgungsintensität nicht in rechtlich billigenswerter Weise zu Eigen machen, dies auch mit Blick auf das staatliche Gewaltmonopol. Aus diesen Überlegungen folgt, dass es nicht die Sache des Beklagten ist, sich darüber zu sorgen, ob es im Zuge seiner Anzeigen zu Beweisproblemen kommt, die mittels Fotografien zu beseitigen wären.
(...)
Schließlich fehlt es an der Angemessenheit der streitgegenständlichen Fotografien. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Gestalt des Rechts am eigenen Bild ist in der Sozialsphäre des Klägers recht deutlich betroffen, denn er wird ohne sein Wissen mehrfach bei einem Spaziergang und an seinem Auto gezielt fotografiert, ohne sich diesem – mangels Wissen – entziehen zu können. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Beklagten, die aus genannten Gründen ohnedies hier stark eingeschränkt zu Tage tritt, hat in diesem Zusammenhang zurückzutreten. Daran ändert auch die Überlegung nichts, dass die Verwaltungsbehörde dieselben Beweismittel nach Vorschriften der Strafprozessordnung hätte anfertigen können. Denn diese Vorschriften ermächtigen gerade nur den Staat und nicht etwa den einzelnen Bürger. Dies ist ein maßgebliches Kennzeichen des staatlichen Gewaltmonopols."
LG Bonn, Urteil vom 07.01.2015, Az.: 5 S 47/14