LG Köln: Google muss nach Hinweis auf rechtswidrige Trefferanzeigen jedenfalls nach 2 Wochen Trefferanzeigen löschen

Das Landgericht Köln hat in einem Beschluß vom 13.8.2015 entschieden, dass Google als Störer haftet, wenn Google von einem Betroffenen hinreichend konkret auf die Rechtswidrigkeit eines Suchergebnissees hingewiesen wird und die Suchergebnisse nicht innerhalb von zwei Wochen nach einem solchen Hinweis gelöscht werden. Der Beschluss nachstehend im Volltext:

LG Köln, Beschluss vom 13.08.2015 - Aktenzeichen 28 O 75/15

Beschluss

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
...

gegen

die Google Inc., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Herrn Larry Page, 1600 Amphitheatre Parkway, Mountain View, CA 94043, Vereinigte Staaten,

Antragsgegnerin,

...

wegen: Veröffentlichung

Auf den Antrag des Antragstellers vom 26.2.2015 wird wegen der Dringlichkeit gemäß § ZPO § 937 Abs. ZPO § 937 Absatz 2 ZPO ohne vorherige mündliche Verhandlung, im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet:

I. Der Antragsgegnerin wird es verboten,

bei der Eingabe der Suchbegriffe „..." oder „..." oder „..." in die Suchmaschine auf der Internetseite www.google.de auf die URL http://www. mit dem folgenden Inhalt zu verlinken:

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III. Streitwert: 20.000,- EUR

Gründe

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig.

Insbesondere ist das Landgericht Köln gemäß § ZPO § 32 ZPO international zuständig, da die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann, weil eine Kenntnisnahme des beanstandeten Artikels nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näherliegt, als es auf Grund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre, und die von dem Antragsteller behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde, da er deutschlandweit tätig ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 - BGH Aktenzeichen VIZR9310 VI ZR 93/10).

2. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist begründet.

Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich daraus, dass der Antragsteller sein Bestimmungsrecht zu Gunsten deutschen Rechts gem. Art. EGBGB Artikel 40 Abs. EGBGB Artikel 40 Absatz 1 S. 2 EGBGB in der Antragsschrift ausgeübt hat und der der nach dieser Norm maßgebliche Erfolgsort in Deutschland liegt, da der Antragsteller, der in Deutschland seine Tätigkeit ausübt, hier in seinem Unternehmenspersönlichkeitsrecht betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2011 - BGH Aktenzeichen VIZR9310 VI ZR 93/10).

Es liegt ferner ein Verfügungsgrund vor, da der Antragsteller den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung innerhalb der nach Auffassung der Kammer zur Vermeidung einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeit maßgeblichen Monatsfrist nach Kenntnisnahme der Rechtsverletzung gestellt hat.
Schließlich besteht auch ein Verfügungsanspruch.

Denn der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der tenorierten Handlung gemäß den §§ BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 1, BGB § 1004 Abs.1 BGB i.V.m. Art. GG Artikel 2 Abs. GG Artikel 2 Absatz 1, GG Artikel 12 Abs. GG Artikel 2 Absatz 1 GG.

Denn die angegriffene identifizierende Berichterstattung ist als Verdachtsberichterstattung unzulässig. Es fehlt bereits an dem erforderlichen (vgl. BGH, Urteil vom 7.12.1999 BGH Aktenzeichen VIZR5199 VI ZR 51/99) Mindestbestand an Beweistatsachen, der für die Begründetheit des geäußerten Verdachts spricht. Hinzu kommt, dass die Form der Darstellung vorverurteilend und anprangernd ist.

Die Antragsgegnerin haftet auch als Störerin, nachdem sie seitens des Antragstellers auf die rechtswidrigen Inhalte aufmerksam gemacht wurde und diese nicht innerhalb einer zweiwöchigen Frist entfernte.
Nach Auffassung der Kammer haftet die Antragsgegnerin als Störerin.

Als Störer im Sinne von § BGB § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2013 - BGH Aktenzeichen VIZR26912 VI ZR 269/12 - Autocomplete). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. BGH, a.a.O.).

Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt (vgl. BGH, a.a.O.).

Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist. ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH a.a.O.).

Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine ist daher nach Auffassung der Kammer eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie defen Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt wärden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.

Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die nach Eingabe eines Suchbegriffs angezeigten Suchergebnisse generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion unzumutbar erschweren.

Den Betreiber einer Internetsuchmaschine trifft deshalb auch bei der Darstellung der Suchergebnisse grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internetsuchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Ein solcher Hinweis durch den Antragsteller erfolgte hier mit seinen anwaltlichen Schreiben vom 12.2.2015 und vom 20.2.2015 unter Verweis auf die erlassene einstweilige Verfügung der Kammer vom 6.2.2015 - Az. Aktenzeichen 28 O 35/15.

Es kann hier dahinstehen, ob die seitens des Antragstellers zunächst gesetzte Frist von einer Woche ausreichend bemessen war, um hiernach die Störereigenschaft der Antragsgegnerin zu begründen. Denn der Antragsteller hat durch Vorlage der Anlage A6 glaubhaft gemacht, dass - entgegen dem nicht glaubhaft gemachten Vortrag der Antragsgegnerin - das Suchergebnis bei Eingabe der tenorierten Suchbegriffe noch am 26.2.2015 - und damit zwei Wochen nach einer hinreichend konkreten Mitteilung der Rechtswidrigkeit der verbreiteten Suchergebnisse - angezeigt wurde. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war und ist die Antragsgegnerin jedoch als Störerin anzusehen, da es ihr - ihren eigenen Vortrag zum Ablauf des vermeintlichen Löschens des streitgegenständlichen Suchergebnisses als zutreffend unterstellt - zumutbar und möglich, innerhalb von zwei Wochen einen Hinweis des jeweils Betroffenen zu prüfen und das entsprechende Suchergebnis zu löschen.

Auch die erforderliche Wiederholungsgefahr ist mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegeben. Sofern die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Suchergebnisse nach dem 26.2.2015 gelöscht hätte, wäre dies aufgrund der zuvor eingetretenen Haftung als Störerin unbeachtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § ZPO § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § ZPO § 3 ZPO.

(...)