Das OLG Celle hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Vergütung für Artikel angemessen ist, die in freien werbefinanzierten Onlinemagazinen veröffentlicht werden. Die vom Verlag gezahlte Vergütung von 40 - 100 EUR je Artikel befand das Gericht für unangemessen. Angemessen seien vielmehr 400 EUR je Artikel.
Sachverhalt: Verlag zahlt je Onlineartikel Pauschalhonorar von 40 - 100 EUR
Die Beklagte (ein Verlagsunternehmen) betreibt eine Onlinezeitschrift, in der 2012 und 2013 insgesamt 14 vom Kläger verfasste Artikel zum Teil mit begleitenden Fotografien veröffentlicht wurden. Für die Artikel erhielt der Kläger jeweils eine pauschale Vergütung von 40 bis 100 EUR. Für die Lichtbilder zahlte der Verlag nichts.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die vom Verlag gezahlte Vergütung unangemessen ist und verlangte Zahlung einer angemessenen Vergütung. Zur Berechnung dieser berief er sich auf "Vertragsbedingungen und Honorare für die Nutzung freier journalistischer Beiträge" des DJV (Deutscher Journalisten-Verband) aus dem Jahr 2013.
OLG Celle: Pauschalvergütung von 40 - 100 EUR für Onlineartikel unangemessen
Das OLG schloss sich der Ansicht des Klägers an, dass die vom Verlag gezahlte Vergütung (40 bis 100 EUR je Artikel) unangemessen ist. Ebenso wie der Kläger zog das OLG die im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV aufgeführten Vergütungsregeln als Grundlage heran. Anders als der Kläger war das Gericht jedoch der Ansicht, dass vorliegend eine Pauschalvergütung zulässig ist:
"In der Übersicht über Vertragsbedingungen und Honorare für die Nutzung journalistischer Beiträge im Internet 2013 sind verschiedene Honorarsysteme aufgeführt. In Betracht kommt mithin eine Berechnung nach Stunden- und Tagessätzen, nach Beitragspauschalen oder nach Zeichen. Es ist daher entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht zwingend, dass eine Vergütung nach Zeichen erfolgt. Vielmehr kommt eine Vergütung nach Beitragspauschale in Betracht.“
Auch Pauschalvergütung kann angemessene Vergütung gem. § 32 UrhG sein
Das Gericht wies darauf hin, dass pauschale Honorare als Vergütungsmodus von § 32 UrhG nicht per se ausgeschlossen sind. Sofern die Pauschalvergütung der Redlichkeit entspricht, kann auch sie angemessen im Sinne von § 32 UrhG sein.
"Eine Pauschalvergütung ist bei der Würdigung des Vorbringens beider Parteien hier nicht ausgeschlossen: Die Vereinbarung einer vom Umfang der Nutzung des Werkes unabhängigen Pauschalvergütung ist grundsätzlich unangemessen, wenn bei einer zeitlich unbeschränkten und inhaltlich umfassenden Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte dem Urheber nicht ausreichend an den Chancen einer erfolgreichen Verwertung beteiligt wird (...). Der Antragsgegnerin ist kein ausschließliches Nutzungsrecht an den von dem Antragsteller verfassten Artikeln eingeräumt worden. Der Herausgeber einer Zeitung erwirkt nach § 38 Abs. 3 Satz 1 UrhG im Zweifel ohnehin nur ein einfaches Nutzungsrecht. Dies erlaubt es dem Urheber, seinen Beitrag mehreren Zeitungen gleichzeitig anzubieten, um die Chance zu erhalten, dass sein Beitrag überhaupt gedruckt wird, bevor er nicht mehr aktuell ist (...). Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass das Recht zur Veröffentlichung der Artikel in fremdsprachigen Angeboten, für weitere Produkte bei ihm verbleiben sollte.“
Zeitaufwand bei Vergütungsbestimmung nach § 32 UrhG irrelevant
Die Honorarübersicht im Tarifvertrag des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV 2013 sah Pauschalhonorare von 200 EUR bis 700 EUR je Artikel vor. Vorliegend erachtete das Gericht ein Pauschalhonorar von 400 EUR je Artikel für angemessen. Eine Vergütung über 400 EUR lehnte das Gericht ab, insbesondere ergäbe sich eine höhere Pauschale nicht aufgrund des Zeitaufwandes für die Artikelverfassung:
"Der Antragsteller kann sich diesbezüglich nicht auf den Zeitaufwand berufen, den er bei der Erstellung der Artikel hatte. Denn die angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 UrhG wird (...) nicht für die erbrachte Leistung und für die damit verbundene Arbeit, sondern für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung geschuldet. Die angemessene Vergütung hängt daher in erster Linie vom Ausmaß der Nutzung des Werkes ab. Der Arbeitsaufwand für die Erstellung der Artikel kann bei der Bemessung der angemessenen Vergütung daher nicht unmittelbar berücksichtigt werden (...).
Auf der anderen Seite ist der Umfang der von dem Antragsteller verfassten Artikel zu berücksichtigen. Ein umfangreicher Artikel mit über 10.000 Zeichen ermöglicht der Antragsgegnerin eine entsprechende Anzahl von Werbe-Bannern zu schalten."
Damit stand dem Kläger für die von ihm verfassten 14 Artikel ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütung von insgesamt 4.260,00 EUR (14 x 400 EUR) zu. Zudem erkannte das Gericht, dass je Bild eine pauschale Vergütung von 50 EUR zu zahlen ist.
OLG Celle, Beschluss vom 27.04.2016, Az.: 13 W 27/16
Hinweis
Das OLG Hamm hatte sich jüngst mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Pauschalvergütung von 10 EUR je Fotobeitrag eines freien hauptberuflichen Fotojournalisten angemessen ist. In seinem Urteil vom 11.02.2016 (Az.: 4 U 40/15) verneinte das OLG Hamm die Angemessenheit der vom Verlag gezahlten Vergütung von 10 EUR je Fotobeitrag. Angemessen sei vielmehr eine Vergütung gemäß den Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen, die je nach Bildgröße und Auflagenstärke der Zeitung Beträge zwischen 19,50 EUR (kleiner als einspaltige Fotos in einer Auflage bis 10.000) und 75,50 EUR (vierspaltige Fotos und größer in einer Auflage über 200.000) vorsehen.