EuGH: Hotelbetreiber müssen neben Rundfunksender Vergütung an Tonträgerhersteller zahlen

Betreiber eines Hotels, der in seinen Zimmern Tonträger verbreitet, muss eine angemessene Vergütung an die Hersteller zahlen

EuGH-Tenor


Der Betreiber eines Hotels, der in seinen Zimmer Tonträger verbreitet, muss eine angemessene Vergütung an die Hersteller zahlen. Die Mitgliedstaaten dürfen diesen Betreiber nicht von der Verpflichtung zur Zahlung einer solchen Vergütung freistellen


Grundsätze

Das Unionsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten, in ihrem Recht vorzusehen, dass Hersteller von Tonträgern, die zu Handelszwecken veröffentlicht werden, Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung für die Nutzung der Tonträger im Rahmen einer Rundfunksendung oder einer öffentlichen Wiedergabe haben. Diese Vergütung ist vom Nutzer zu zahlen. Im Fall einer "privaten Benutzung" braucht sie nicht gezahlt zu werden.

Sachverhalt

Eine irische Verwertungsgesellschaft, die die Rechte der Hersteller von Tonträgern in Bezug auf Tonaufnahmen oder Tonträger in Irland vertritt, wandte sich an den High Court (Commercial Division, Irland) und klagte gegen den irischen Staat auf Feststellung, dass Irland dadurch gegen das Unionsrecht verstößt, dass nach irischem Recht die Betreiber von Hotels in Irland von der Verpflichtung freigestellt sind, für die Nutzung von Tonträgern in ihren Hotelzimmern eine angemessene Vergütung zu zahlen.

EuGH-Entscheidung

In seinem heutigen Urteil prüft der EuGh als Erstes, ob ein Hotelbetreiber, der in seinen Gästezimmern Fernseh- und/oder Radiogeräte aufstellt, zu denen er ein Sendesignal übermittelt, im Sinne des Unionsrechts ein "Nutzer" ist, der eine "öffentliche Wiedergabe“ eines in einer Rundfunksendung abgespielten Tonträgers vornimmt - und bejaht dieses.

Kriterien, wann ein Nutzer eine "öffentliche Wiedergabe" vornimmt

Ein Nutzer nimmt eine öffentliche Wiedergabe vor, wenn er in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens tätig wird, um seinen Kunden Zugang zu einer Rundfunksendung zu verschaffen, die das geschützte Werk enthält. Dabei muss die "Öffentlichkeit“ aus einer unbestimmten Zahl potenzieller Leistungsempfänger und aus recht vielen Personen bestehen. Ein weiteres Kriterium ist, ob die "Wiedergabe“ Erwerbszwecken dient.

Diese Kriterien erfüllt ein Hotelbetreiber

Diese Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt. So ist die Rolle des Betreibers eines Hotels, der in seinen Zimmern Fernseh- und/oder Radiogeräte aufstellt, zentral, da die Gäste eines Hotels nur aufgrund des absichtlichen Tätigwerdens dieses Betreibers in den Genuss der Tonträger kommen können. Zudem stellen die Hotelgäste eine unbestimmte Zahl potenzieller Leistungsempfänger dar, denn der Zugang dieser Gäste zu den Dienstleistungen des Hotels beruht grundsätzlich auf einer persönlichen Entscheidung jedes einzelnen Gastes und wird lediglich durch die Aufnahmekapazität des Hotels begrenzt.

Schließlich dient die Ausstrahlung von Tonträgern durch den Betreiber eines Hotels Erwerbszwecken. Die Handlung eines Hotelbetreibers, durch die er seinen Gästen Zugang zum ausgestrahlten Werk verschafft, ist nämlich als eine zusätzliche Dienstleistung anzusehen, die sich auf den Standard des Hotels und damit auf den Preis der Zimmer auswirkt. Außerdem ist sie geeignet, weitere Gäste anzuziehen, die an dieser zusätzlichen Dienstleistung interessiert sind.

Folglich ist ein solcher Hotelbetreiber ein „Nutzer“, der eine „öffentliche Wiedergabe“ eines in einer Rundfunksendung abgespielten Tonträgers vornimmt, im Sinne des Unionsrechts.

Daher ist Hotelbetreiber zur Zahlung einer Vergütung an Hersteller verpflichtet

Deshalb ist ein solcher Hotelbetreiber verpflichtet, zusätzlich zu der vom Rundfunksender gezahlten Vergütung eine angemessene Vergütung für die Ausstrahlung eines in einer Rundfunksendung abgespielten Tonträgers zu zahlen. Wenn nämlich ein Hotelbetreiber einen in einer Rundfunksendung abgespielten Tonträger in seine Gästezimmer überträgt, benutzt er diesen in autonomer Weise und sendet ihn im Vergleich zu dem Publikum, an das die ursprüngliche Wiedergabe gerichtet war, an ein separates, zusätzliches Publikum. Außerdem zieht er wirtschaftliche Vorteile aus dieser Wiedergabe, die von denen, die der Radio- oder Fernsehsender oder der Tonträgerhersteller erlangt hat, unabhängig sind.

Dies gilt auch für einen Hotelbetreiber, der in seinen Gästezimmern zwar keine Fernseh- und/oder Radiogeräte, aber ein Gerät anderer Art und Tonträger in physischer oder digitaler Form zur Verfügung stellt, die mit einem solchen Gerät abgespielt oder gehört werden können.

Keine Befreiung von der Zahlung durch Mitgliedsstaaten möglich

Zwar beschränkt das Unionsrecht den Anspruch auf eine angemessene Vergütung im Fall der "privaten Benutzung", es gestattet den Mitgliedstaaten jedoch nicht, einen Hotelbetreiber, der eine "öffentliche Wiedergabe“ eines Tonträgers vornimmt, von der Verpflichtung zur Zahlung einer solchen Vergütung freizustellen.

Urteil des EuGH vom 15.03.2012 (C-162/10), Phonographic Performance (Ireland) Limited / Irland, Attorney General)

Quelle: PM des EuGH vom 15.03.2012