Das AG Bielefeld hat mit Urteil vom 12.09.2013 (- Az.: 42 C 58/13) entschieden, dass für die ungenehmigte Nutzung eines Stadtplans auf einer Interrnetseite ein Schadensersatzanspruch von 100,- EUR ausreichend sein könne. Die Höhe des Schadensersatzes hänge stets von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Vorliegend führten diese zu einem nur sehr geringen Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers.
Sachverhalt
Der Kläger ist Rechteinhaber an Stadtplänen; eine Online-Lizenzierung dieser erfolgte jedoch nicht.
Der Beklagte fotografierte einen Auszug aus einem klägerischen Stadtplan ab und stellte dieses Foto auf seine Homepage. Hierbei handelte sich um eine qualitativ schlechte Kopie, auf der lediglich der relevante Stadtname lesbar war, alle anderen Ortsnamen waren nicht zu entziffern. Die Nutzungsdauer beschränkte sich dabei auf 2 Tage.
Der Rechteinhaber mahnte den Beklagten ab und forderte ihn u.a. zur Zahlung von Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenz und eines 100%igen Verletzerzuschlages wegen fehlender Urheberbenennung auf.
Der Beklagte zahlte 100,00 EUR Schadensersatz, weitergehende Zahlungen lehnte er ab. Daher erhob der Rechteinhaber Zahlungsklage vor dem AG Bielefed, um die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines weitergehenden Betrages zu erreichen. Die konkrete Höhe stellte er dabei in das Ermessen des Gerichts.
Entscheidung AG
Das Gericht wies die weitergehende Zahlungsklage des Rechteinhabers ab und schloss sich der Ansicht des Beklagten an, dass vorliegend ein Schadensersatz von 100,00 EUR ausreichend sei. Zur Begründung führte es wie folgt aus:
"Bei der Ermittlung von Schadensersatz wegen der unberechtigten Nutzung von Kartenmaterial im Wege der Lizenzanalogie richtet sich die Höhe des Schadens danach, was vernünftige Parteien als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Insoweit kommt der Qualität des verwendeten Kartenausschnittes sowie der Nutzungsdauer und dem Verwendungszweck ausschlaggebende Bedeutung bei.
Grundsätzlich richtet sich die Höhe des Schadens danach, zu welchen Konditionen entsprechende Nutzungslizenzen vertraglich eingeräumt werden. Der Kläger selbst räumt vertraglich keine Lizenzen für die Nutzung seiner Karten im Internet ein, da der Kläger lediglich an einem Verkauf seiner Karten als Printausgaben interessiert ist. Mangels eigener Konditionen für die Einräumung vertraglicher Nutzungsrechte des Klägers bzgl. der Nutzung seiner Karten im Internet können derartige Vergütungssätze auch nicht zur Grundlage der Schadensbemessung gemacht werden.
Zutreffend stützt der Kläger jedoch seinen Anspruch auf vergleichbare Angebote von Mitbewerbern, die Lizenzen für die Veröffentlichung von Kartenausschnitten im Internet gewähren. Das Vergütungswerk dieser Mitbewerber kann im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO bei der Ermittlung einer angemessenen Lizenzgebühr zugrundegelegt werden. Je nach gewünschtem Zweck der Verwendung eines Kartenausschnittes sind derartige Mitbewerber bereit, kurzzeitige Lizensierungen (1 Monat für die Bewerbung einer Einzelveranstaltung) oder längerfristige Lizensierungen (Anfahrtsskizze bei dauerhaftem Geschäftsbetrieb) zu vergeben.
Mangels entsprechender vertraglichen Regelungen des Klägers muss vorliegend bei der Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr von dem kürzest möglichen Lizenzzeitraum von einem Monat ausgegangen werden, da dieser Zeitraum der tatsächlichen Nutzung von 2 Tagen am nächsten kommt. Entgegen der Auffassung des Klägers kann hier nicht von einer 10-jährigen Nutzungszeit mit dem Argument ausgegangen werden, dass die typische Lebensdauer einer Landkarte des Klägers in gedruckter Form 10 Jahre betrage.
Bei der Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass die Qualität der vom Beklagten verwendeten Fotografie des Kartenausschnittes sehr schlecht ist. (...) Eine solche Qualitätsbeeinträchtigung liegt bei den Karten von Mitbewerbern, die für die Nutzung von Kartenmaterial im Internet Lizenzen einräumen, nicht vor. (...)
Angesichts dessen ist vorliegend aufgrund der Qualität und Nutzungsdauer lediglich eine Lizenzgebühr von 100,00 € angemessen."
Schließlich lehnte das Gericht auch den Anspruch auf einen 100%igen Verletzerzuschlag wegen fehlender Urheberangabe ab:
"Dem Kläger steht auch kein weiterer Anspruch auf Zahlung wegen der fehlenden Urheberrechtsnennung zu. Der Kläger hat lediglich pauschal vorgetragen, wegen der unterlassenen Urheberrechtsnennung sei ein 100 %-iger Zuschlag wegen unterlassenden Bildquellennachweises berechtigt. Ein derartiger Zuschlag ist dem Schadensersatzrecht fremd. Auch nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist ein 100 %-iger Verletzerzuschlag nicht zuzubilligen, da der Verletzer bei der Fiktion des Lizenz-Vertrages nicht besser und nicht schlechter stehen soll, als ein vertraglicher Lizenznehmer. Aus diesem Grund ist ein Zuschlag, der allein wegen der rechtswidrigen Nutzung und des Unterlassens eines Bildquellennachweises zu zahlen wäre, grundsätzlich abzulehnen, da das deutsche Recht gerade keine Verletzerzuschläge kennt (....)."
Die letzte Ansicht widerspricht der überwiegenden Rechtsprechung, die Zuschläge wegen fehlender Urheberangabe bejaht.