Das LG Stuttgart hat mit Urteil vom 22.06.2010 (Az.: 17 O 41/10) entschieden, dass die Benutzung einer bekannten Marken (Stihl) im Rahmen von eBay-Angeboten für No-Name-Produkte (Motorsägen) markenrechtswidrig wegen unzulässiger Rufausbeutung für eigene Werbezwecke ist.
Sachverhalt
Die dortige Klägerin produziert motorisierte Gartengeräte, u.a. Motor- und Kettensägen, die sie unter der für sie geschützten Marke "Stihl" vertreibt. Die Auslieferung der Motorsägen durch die Klägerin erfolgt ohne Motorenöl. Ein Einsatz von Motorsägen ist nur zusammen mit Motorenöl möglich.
Die Beklagte betreibt einen Im- und Export und vertreibt u.a. Motor- und Kettensägen von No-Name-Herstellern. Auf eBay bot sie Kettensägen eines solchen No-Name-Herstellers in Form eines Kombinationsangebotes mit einem Motorenöl der Klägerin an. Hierbei verwendete sie in der Angebotsbeschreibung die für die Klägerin geschützte Marke "Stihl", um so mehr Aufmerksamkeit auf ihre Angebote zu erzielen.
Die Klägerin hielt diese Vorgehensweise für unzulässig, da hierin eine unzulässige Ausnutzung der Bekanntheit ihrer Marke "Stihl" läge und die Beklagte ihre Markenrechte daher verletze. Die Beklagte berief sich darauf, dass Erschöpfung nach § 24 I MarkenG eingetreten und sie daher zur Nutzung der Marke "Stihl" berechtigt sei.
Entscheidung
Das LG Stuttgart gab der Klägerin Recht und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der Nutzung des Marke "Stihl" in Angebotsbeschreibungen auf eBay, sofern es sich hierbei um Kombinationsangebote handelt, bei denen Kettensägen dritter Hersteller in Kombination mit einem Motoröl der Marke "Stihl" angeboten werden.
Insbesondere bejahte das LG eine unzulässige Rufausbeutung der Marke "Stihl" durch die Beklagte, da diese die Sogwirkung der bekannten Marke kostenlos und gezielt ohne berechtigten Grund für eigene Werbezwecke ausnutze:
"Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers einer bekannten Marke diese (…) zu benutzen, selbst wenn keine Waren- und/oder Dienstleistungsnähe und damit keine Verwechslungsgefahr gegeben ist, jedoch die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. (…)
Die Beklagte verletzt durch die Ausgestaltung der streitgegenständlichen Kombinationsangebote die Rechte der Klägerin i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG unter dem Gesichtspunkt der Rufausnützung. Der Kollisionstatbestand der Rufausbeutung soll Inhaber bekannter Marken davor schützen, dass Dritte das mit den Qualitätsmerkmalen der bekannten Marke verbundene "positive Image" in unlauterer Weise auf ihre Produkte transferieren. Ein solcher Imagetransfer zu Gunsten der Beklagten ist hier anzunehmen, da die Beklagte ganz gezielt ihre Angebote für Motorsägen mit dem Angebot von Motoröl der Marke STIHL kombiniert. Dies hat die von der Beklagten gewünschte Folge, dass bei Eingabe der Suchbegriffe "Motorsäge, Stihl", die Angebote der Beklagten als Treffer angezeigt werden. Damit nutzt die Beklagte die Nachfrage von Kaufinteressenten nach Motorsägen der Marke Stihl aus, um Motorsägen anderer Hersteller anzubieten. Dies stellt eine Benutzung der Marke Stihl dar, durch die die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund ausgenutzt und beeinträchtigt wird. Dem gesteigerten Schutz der Marke Stihl widerspricht es, wenn die Bekanntheit der Marke Stihl als Werbefunktion für Konkurrenzprodukte verwendet werden. Dies geschieht jedoch, wenn ein Zubehörartikel für Motorsägen aus dem Hause Stihl unter entsprechender Nennung der Marke kombiniert mit einer Motorsäge eines anderen Herstellers über EBay angeboten wird."
Ferner bejahte das LG den Tatbestand der unzulässigen Schwächung der Kennzeichnungskraft der Marke Stihl:
"Damit wird zugleich die Eignung der bekannten Marke geschwächt, die von ihr geschützten Waren selbst in Verbindung zu bringen. Geschützt wird auch die Assoziationsfunktion zwischen Marke und ihren Produkten. Genau diese Assoziationsfunktion ist aber in Gefahr, wenn - wie hier - interessierte Verbraucher anhand des Markenbegriffs im Internet recherchieren, dabei aber zuhauf auf fremde Angebote Dritter gelenkt werden.
Schließlich vertrat das LG die Ansicht, dass durch das Vorgehen der Beklagten auch der gute Ruf der Marke Stihl beeinträchtigt wird:
"Zusätzlich besteht für die Klägerin die Gefahr, dass die von der Beklagten veräußerten Motorsägen aufgrund der Artikelbeschreibung und der bei Verwendung des Suchbegriffe "Motorsäge, Stihl" angezeigten Treffer mit der Klägerin in Verbindung gebracht werden und dadurch der gute Ruf der Klägerin leidet. Dass der interessierte Kunde bei näherer Betrachtung des Angebots erkennt, dass nur das Motoröl aus dem Hause Stihl stammt, hat nur insoweit Bedeutung, als dem Fortbestehen einer Verwechslungsgefahr entgegengewirkt wird."
Die Berufung der Beklagten auf den Erschöpfungsgrundsatz wies das LG mit folgender Begründung zurück:
"Zwar ist grundsätzlich der Weitervertrieb von einmal in den Verkehr gebrachten Originalprodukten grundsätzlich zulässig (sog. Erschöpfungsgrundsatz i.S.v. § 24 Abs. 1 MarkenG). Ebenso umfasst der Erschöpfungsgrundsatz nach § 24 Abs. 1 MarkenG grundsätzlich auch das Recht, die Marke in der Werbung zu verwenden. Der Erschöpfungsgrundsatz unterliegt Grenzen, die über § 24 Abs. 2 MarkenG zu berücksichtigen sind und im konkreten Fall dazu führen, dass eine Berufung auf den Erschöpfungsgrundsatz ausgeschlossen ist.
So kann sich nach § 24 Abs. 2 MarkenG ein Dritter (hier die Beklagte als EBay-Händlerin) gegenüber dem Markeninhaber (hier: der Klägerin) nicht auf den Erschöpfungsgrundsatz berufen, wenn sich der Inhaber der Marke der Benutzung seiner Marke im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt. Vom Vorliegen berechtigter Gründe des Markeninhabers ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Werbung geeignet ist, den Ruf der Marke zu schädigen.
Dies ist hier nach Auffassung der Kammer der Fall. Die Beeinträchtigungen der Werbefunktion einer Marke kann einen zulässigen „berechtigten Grund“ des Markeninhabers darstellen, der dem Erschöpfungsgrundsatz entgegengehalten werden kann. (…)
Die Beklagte nutzt die Sogwirkung der Marke Stihl kostenlos und zu Lasten der Klägerin als Inhaber der Marke Stihl aus, um von deren Ansehen und Ruf zu profitieren. Hätte die Beklagte allein Wert darauf gelegt, ihr Motorsägenangebot mit einem 2-Takt-Öl zu kombinieren, hätte sie genauso gut auf 2-Takt-Öle von spezialisierten Ölherstellern - wie z.B. Castrol bzw. LiquiMoly - zurückgreifen können. Die Verwendung der Marke der Klägerin erfolgt alleine zur Ausnutzung ihres Rufes und stellt sich deshalb als unlauter dar.“