Der BGH hat mit Urteil vom 01.02.2018 entschieden, dass eine Einwilligungserklärung für Werbezwecke sich auch auf mehrere Werbekanäle beziehen darf. Unternehmen können daher in einer Klausel die Einwilligung für Werbung per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS einholen. Allerdings bleibt es dabei, dass der Verbraucher aktiv einwilligen muss, z.B. durch Anklicken einer Checkbox.
Sachverhalt: Einwilligung in Werbung per E-Mail, Telefon, SMS/MMS
Kläger, ein Wettbewerbsverband, nahm die Beklagte (ein Telekommunikationsunternehmen) wegen der Verwendung von Regelungen über die Einwilligung von Verbrauchern in den Erhalt von Werbung auf Unterlassung in Anspruch.
Auf der Website der Beklagten konnten online Telekommunikationsverträge geschlossen werden. Am Ende des Bestellprozesses befand sich eine anklickbare Checkbox mit folgendem Text:
"Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der T. GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden.
Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der T. GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden.
Meine Vertragsdaten sind die bei der T. GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig abgegebenen Daten."
Im Anschluss wurden der Kunde auf sein Recht zum jederzeitigen Widerruf der erteilten Einwilligung hingewiesen. Wegen weiterer Details wurde mittels Link auf die Datenschutzerklärung verwiesen.
Der klagende Wettbewerbsverband hielt diese Klausel für unwirksam, weil sie mit den wesentlichen Grundgedanken des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG nicht zu vereinbaren sei.
Da die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, erhob der Verbraucherschutzverband Klage auf Unterlassung. Das Landgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab der Klage statt. Der BGH wies die Klage wieder ab.
BGH: Ein Opt-In für Werbung über mehrere Werbekanäle ausreichend
Nach Ansicht des BGH war die Klausel selbst sowie deren Einbeziehung wirksam. Hierdurch habe die Beklagte sich die nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Werbung per Telefon) und § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (Werbung per elektronischer Post) erforderliche Einwilligung eingeholt.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist Werbung per Telefon gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung unzulässig. Gleiches gilt nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG für Werbung unter Verwendung von elektronischer Post.
Eine Einwilligung muss ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgen, dass personenbezogene Daten für die benannten Zwecke genutzt werden. Diesen Anforderungen entspricht die in der gegenständlichen Klausel enthaltene Einwilligungserklärung.
Willensbekundung in Kenntnis der Sachlage und für konkreten Fall
Eine Einwilligung - so der BGH - wird in Kenntnis der Sachlage erteilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Sie erfolgt für den konkreten Fall, wenn klar wird, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Diese Voraussetzungen waren nach Ansicht des BGH vorliegend erfüllt:
„Ein rechtlich nicht vorgebildeter, verständiger und redlicher Durchschnittskunde, auf den (…) abzustellen ist (…), versteht, dass er mit der hier strittigen Erklärung eine Einwilligung erteilt und worauf sie sich bezieht (…). Die drei Sätze der Klausel bilden (…) eine inhaltliche Einheit und konkretisieren gemeinsam den Inhalt und zeitlichen Umfang der Einwilligung. Während der erste Satz die zur Übermittlung der Informationen zulässigen Kommunikationswege und den Inhalt der Werbung bestimmt, regelt der zweite Satz die zeitliche Geltungsdauer der Einwilligung und die Herkunft der erforderlichen Daten, die im dritten Satz ergänzend konkretisiert werden. (…) Für einen die Einwilligung erteilenden verständigen und redlichen Verbraucher wird unmittelbar klar, dass mit "individueller Kundenberatung" seine eigene Beratung während und nach der Vertragslaufzeit gemeint ist. Auch der Inhalt der angekündigten Beratung wird in der gebotenen Zusammenschau mit Satz 1 deutlich: Im Hinblick darauf, dass die Beklagte und deren Produktpalette allgemein und erst recht dem online einen Telekommunikationsdienstleistungsvertrag abschließenden Kunden bekannt sind, ist diesem auch hinreichend klar, auf welche Art von Angeboten und Services sich die Einwilligung bezieht. Eine nähere Konkretisierung ist in diesem Fall nicht erforderlich.“
Gesonderte Einwilligung für Erhalt von Werbung lag vor
Nach Ansicht des BGH erfüllte die Klausel auch das Erfordernis einer spezifischen Einwilligungserklärung. Dieses Kriterium bedeutet, dass die Einwilligungserklärung keine Textpassagen umfassen darf, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalten als die konkrete Zustimmungserklärung. Erforderlich ist daher eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in die Werbung bezogene Zustimmungserklärung. Auch diesen Anforderungen genügte die Klausel nach Ansicht des BGH:
"Sie enthält in einer gesondert anzuklickenden Erklärung ausschließlich die Einwilligung in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken.“
Kein Erfordernis für gesonderte Einwilligung je Werbekanal
Der BGH stelle klar, dass es dem Erfordernis einer spezifischen Angabe nicht etwas widerspricht, dass die Einwilligungserklärung sich auf eine Werbung mittels verschiedener Kommunikationswege (hier Telefonanruf und elektronische Post):
"Einer gesonderten Erklärung für jeden Werbekanal bedarf es nicht (…). Die gesetzlichen Voraussetzungen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG für die Einwilligung eines Verbrauchers in eine Werbung über die dort genannten Kanäle stimmen überein, so dass sich hieraus kein Grund für getrennte Einwilligungserklärungen ergibt.
Unter Schutzzweckgesichtspunkten ist eine gesonderte Einwilligung für jeden Werbekanal ebenfalls nicht erforderlich. (…) Dieser Schutzzweck bleibt bei einer mehrere Werbekanäle umfassenden Einwilligungserklärung in vollem Umfang gewahrt. Auch in diesem Fall enthält die Klausel alle für eine freie und informierte Entscheidung erforderlichen Angaben und verdeutlicht dem Verbraucher, dass und auf welchem Weg seine Daten verwendet werden sollen und in seine Privatsphäre eingegriffen werden soll. Ebenso bleibt die Unabhängigkeit der Einwilligung in Werbemaßnahmen von den sonstigen inhaltlichen Erklärungen offensichtlich. Es würde den Verbraucherschutz nicht stärken, wenn für jeden Werbekanal eine gesonderte Einwilligungserklärung abgegeben werden müsste. Dies wäre bei Anlegung des Maßstabs eines verständigen und redlichen Durchschnittsverbrauchers eine geradezu unverständliche Förmelei, mit der keinerlei Transparenzgewinn verbunden wäre.“
Keine zeitliche Beschränkung der Einwilligung in Werbung erforderlich
Schließlich hatte der BGH auch keine Bedenken im Hinblick auf die Geltungsdauer der Einwilligung, enthielt die Klausel sogar eine zeitliche Begrenzung. Einer solchen bedarf es nach Ansicht des BGH jedoch (wohl) nicht, führte er wie folgt aus:
"Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die Richtlinie 2002/58/EG noch § 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese (…) grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlischt (…). Vor diesem Hintergrund bestehen jedenfalls gegen die gegenständliche Regelung zur Geltungsdauer keine Bedenken, da diese eingegrenzt ist auf die Zeit während des laufenden Vertragsverhältnisses bis zu höchstens zwei Jahre ab Vertragsbeendigung und zumindest während dieses überschaubaren Zeitraums bei einem Verbraucher, der seine Einwilligung im Rahmen des Vertragsschlusses erteilt, von seinem fortbestehenden Interesse an einer Information über neue Services und Angebote der Beklagten ausgegangen werden kann (siehe auch zum Datenschutzrecht § 95 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 TKG).“
BGH, Urteil vom 01.02.2018 - III ZR 196/17
Praxistipp
Mit diesem Urteil scheint der BGH seine bisher sehr strengen Anforderungen an die Wirksamkeit von Einwilligungen in Werbung aufzugeben. Es bleibt zwar bei der Erforderlichkeit einer separaten und aktiven Einwilligungserklärung des Betroffenen. Jedoch ist es zulässig, sich in einer Klausel die Einwilligung zur Ansprache über verschiedene Werbekanäle einzuholen. Der BGH forderte auch nicht mehr die Angabe einzelner Waren- und Dienstleistungsbereiche. Es reichte ihm im vorliegenden Fall die allgemeine Bezugnahme auf den Vertrag aus. Ob dies auch für kleinere, unbekannte Unternehmen gilt, bleibt abzuwarten.