Das OLG Düsseldorf hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob sog. „Service Calls“ von Versicherungsmaklern, die der Überprüfung der Wechselwilligkeit von Kunden dienen und bei denen bei Bedarf neue Angebote unterbreitet werden, als Webung einzustufen sind. Das Gericht bejahte dies mit der Folge, dass auch solche Anrufe ohne Einwilligung des angerufenen Kunden wettbewerbswidrig sind.
Sachverhalt: Versicherungsmakler ruft Kunden ohne Einwilligung an
Die Beklagte ist Versicherungsmakler. Die Beklagte rief Kunden (Verbraucher) an, um nachzufragen, ob diese wechselwillig seien (sog. „Service Calls“), ohne dass die Kunden vorab ihre Einwilligung hierzu erteilt hatten. Die Beklagte machte zu ihrer Verteidigung geltend, dass sie gesetzlich zur Vertragsbetreuung bzw. Nachbetreuung von Kunden verpflichtet sei, was auch Nachfragen zur Zufriedenheit von (ehemaligen) Kunden umfasse. Mit den „Service Calls“ verfolge sie keine werblichen Absichten, insbesondere würden den Kunden in den Service Calls keine neuen Angebote unterbreitet werden. Nur wenn ein Kunde im Service Call einen „dringenden Änderungsbedarf“ äußere, würden diesem Kunden neue Angebote unterbreitet.
Das LG Düsseldorf verurteilte den Versicherungsmakler Kunden ohne deren vorherige Einwilligung für Zwecke der Bewerbung ihrer Maklerdienste anzurufen. Gegen das Urteil legte der Versicherungsmakler Berufung ein – erfolglos.
Entscheidung: Auch im Versicherungsbetrieb gilt das Verbot unlauterer Werbeanrufe
Ebenso wie die Vorinstanz vertrat auch das OLG Düsseldorf die Ansicht, dass es sich bei „Service Calls“ um Werbeanrufe handele, die gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nur zulässig sind, sofern der Angerufene vorher seine Einwilligung mit solchen Werbeanrufen erteilt hat.
Um Werbung, so das Gericht, handele es sich nämlich nicht nur, wenn der Angerufene unmittelbar zu einem Geschäftsabschluss (z. B. Abschluss einer weiteren Versicherung) bewegt werden soll. Werbung liege auch dann vor, wenn der Anruf lediglich mittelbar einem Absatzziel diene. Daher dienen nach dem BGH auch Zufriedenheitsbefragungen von Kunden dem Absatz von Waren und Diensten. Irrelevant sei dabei, ob andere Beweggründe des Anrufers im Vordergrund stünden.
Diese Rechtsprechung sei auf sog. „Service Calls“ von Versicherungsmaklern übertragbar. Da diese Anrufe dazu dienten, die Wechselwilligkeit von Kunden zu überprüfen und diesen bei Bedarf Angebote zu unterbreiten, dienten solche "Service Calls" jedenfalls auch dem Ziel, künftige Vertragsschlüsse zu erleichtern. Daher seien solche "Service Calls" Werbung.
Selbst wenn die Beklagte gesetzlich zur Nachbetreuung von Kunden verpflichtet sei, müsse und könne sie die Nachbetreuung im Rahmen des geltenden Rechts durchführen, d.h. unter Beachtung von § 7 Abs. 2 Nr. 2. UWG. Danach sind Werbeanrufe nur zulässig, wenn der Angerufene zuvor seine ausdrückliche Einwilligung zu Werbeanrufen erteilt hat.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.9.2019, Az.: 15 U 37/19
Praxishinweis
Das Urteil des OLG Düsseldorf ist nicht überraschend, wurden bereits andere Arten von "Huckepack-Werbung" von Gerichten untersagt (z.B. Kundenzufriedenheitsanfragen per E-Mail). Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Grundsatz: Kein Werbeanruf ohne vorherige Einwilligung des Angerufenen“ für Versicherungsmakler nicht gelten soll. Gerade im Versicherungsvertrieb sind Anrufe bei Kunden weit verbreitet.
Selbst wenn Versicherungsmakler gesetzlich zur Nachbetreuung von Kunden verpflichtet sind, ist nicht ersichtlich, warum sie diese Nachsorge durch unlautere Werbeanrufe durchführen sollen dürfen.
Werbeanrufe ohne Einwilligung des Angerufenen können sowohl vom Betroffenen als auch von Wettbewerbern und Wettbewerbsverbänden kostenpfllichtig abgemahnt werden mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Spätestens nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sollten Werbeanrufe bei Kunden ohne deren Einwilligung zur Vermeidung von hohen Vertragsstrafen unterbleiben.