Das OLG Frankfurt a.M. entschied mit Urteil vom 20.8.2020, dass ein Unternehmen auf Facebook nicht mit Bewertungen werben darf, die es als Gegenleistung von Nutzern für die Teilnahme an einem Gewinnspiel erhalten hat. Die Werbung mit solchen Bewertungen sei unlauter, da es sich bei solchen Bewertungen um "gekaufte" Bewertungen handelt. Werbung mit gekauften Bewertungen sei wettbewerbswidrig.
Sachverhalt: Gewinnspielteilnahme auf Facebook gegen Bewertung
Beide Parteien vertreiben gewerbsmäßig Whirlpools. Streitpunkt war die Werbung der Beklagten mit ihren guten Bewertungen auf Facebook. Die Beklagte lobte über Facebook ein Gewinnspiel über einen Luxus-Whirlpool aus. Im Text hieß es:
"Wie Du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht eine Gewinnchance".
Diese Auslobung führte zu zahlreichen Bewertungen der Gewinnspiel-Teilnehmer bei Facebook, auf „Google My Business“ und bei „11880.com“.
Die Werbung auch mit aus diesem Gewinnspiel generierten Bewertungen hielt die Klägerin für unlauter, denn diese Bewertungen seien „gekauft“. Nutzer hätten die Bewertungen (nur) abgegeben, um am Gewinnspiel teilnehmen zu können, d.h. als Gegenleistung. Hätte die Beklagte kein Gewinnspiel ausgelobt, hätte sie nicht so viele, vor allem nicht so viele gute Bewertungen erhalten und mit diesen werben können. Daher sei die Werbung mit allen Bewertungen irreführend und daher wettbewerbswidrig.
Urteil: Werbung mit Bewertungen aus Gewinnspiel unlauter
Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht gaben der Klägerin Recht und stuften die Werbung der Beklagten mit den auf Facebook erhaltenen Bewertungen als irreführend und damit als wettbewerbswidrig ein.
Sie verurteilten die Beklagte es zu unterlassen, mit Bewertungen zu werben, wenn auf diese Bewertungen durch die Ermöglichung der Teilnahme an dem Gewinnspiel als Gegenleistung für die Abgabe einer Bewertung Einfluss genommen wurde.
Nutzer glauben Bewertungen von Nutzer eher als Unternehmenswerbung
Bewertungen sind heutzutage sowoh für Unternehmen als auch Nutzer wichtig, richten Nutzer ihre Kaufentscheidungen an Bewertungen aus. Dabei gehen Nutzer grundsätzlich davon aus, dass Äußerungen von Dritten über Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens frei und ohne Gegenleistung abgegeben wurden. Daher vertrauen sie Bewertungen von Dritten mehr als der Werbung des Unternehmens.
Bewertung als Gegenleistung für Gewinnspielteilnahme nicht frei und unabhängig
Geben Nutzer eine positive Bewertung jedoch nur ab, um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können, handelt es sich nicht mehr um eine Empfehlung eines Nutzers, der in seinem Urteil frei und unabhängig ist. Zwar habe die Beklagte nicht explizit eine positive Bewertung verlangt. Es liege jedoch auf der Hand, dass Nutzer eher eine positive Bewertung abgeben, um ihre Chance auf Teilnahme am Gewinnspiel zu erhöhen. Es sei damit zwar keine "bezahlte" Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl sind die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen.
Bewertungen aus Gewinnspielten spiegeln Größe und Bekanntheit vor
Zudem würde die Beklagte auf diese Weise auch mehr Bewertungen erhalten. Durch die hohe Anzahl an Bewertungen würde sie sich als „größer“ und „bekannter“ präsentieren, als sie es tatsächlich ohne Auslobung des Gewinnspiels ist. Auch dies führe zu einer Irreführung der Nutzer.
Bewertungen aus Gewinnspiel verzerren Gesamtbewertung des Unternehmens
Es liegt auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob ein Unternehmen nur wenige (positive) Bewertungen oder unzählige (positive) Bewertungen hat. Die zahlreichen aus einem Gewinnspiel generierten positiven Bewertungen wirken sich schließlich auch „positiv“ auf die Gesamtbewertung aus. Daher würde auch das tatsächliche Bild vom Unternehmen verzerrt.
Nutzer nicht an Bewertungen aus Gewinnspiel gewöhnt
Den Einwand der Beklagten, Nutzer wären mittlerweile daran gewöhnt, dass Bewertungen auf Social Media auch aus Gewinnspielteilnahmen resultieren, wiesen die Gerichte zurück. Dagegen spräche schon, dass die Beklagte einen wertvollen Preis beim Gewinnspiel ausgelobt habe. Dies lohne sich jedoch nur, wenn sie sich hiervon durch mehr und bessere Bewertungen auch einen Nutzen verspricht.
Andere Teilnahmemöglichkeiten unerheblich
Schließlich wiesen die Gerichte auch den Einwand der Beklagten zurück, dass Nutzer noch andere Möglichkeiten hatten, am Gewinnspiel teilzunehmen, so z.B. durch „liken“, kommentieren oder teilen des Beitrags. Da es für jede Aktion ein zusätzliches Los gab, hätten Nutzer - so die Gerichte - sicher ihre Chancen erhöhen wollen und daher auch eine Bewertung abgegeben. Hierfür spräche jedenfalls ein Anscheinsbeweis, den die Beklagte nicht widerlegen konnte.
OLG Frankfurt a.M. v. 20.08.2020 - 6 U 270/19
Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 10.09.2020
Praxishinweis
Die Auslobung von Gewinnspielen auf Social Media Plattformen wie Facebook und Instagram erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei Unternehmen. Auf diesem Wege können schnell, ohne großen Aufwand und billig eine große Anzahl von positiven Bewertungen und Likes für das eigene Unternehmen generiert werden.
Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. zeigt jedoch, dass die Werbung mit auf diesem Wege generierten Bewertungen jedoch rechtlich angreifbar ist. Dies jedenfalls, wenn Nutzer auf diesen Umstand nicht hingewiesen werden. Wie Unternehmen dieser Gefahr entgehen können, dazu schweigt das Urteil leider. Theoretisch kann man einer Irreführung durch einen gut sichtbaren transparenten "aufklärende" Hinweis entgegenwirken. Wo ein solcher Hinweis auf Social Media konkret platziert und wie er lauten müsste, dazu schweigt das Urteil.