Nun auch OLG Köln: IDO handelt rechtsmissbräuchlich

Auch OLG Köln geht von Rechtssmissbrauch bei IDO aus

Die Liste der Gerichte, die IDO Rechtsmissbrauch vorwerfen, wird immer länger. Bisher bescheinigten bereits das OLG Rostock, LG Darmstadt, LG Bonn, LG Heilbronn, LG Bielefeld, LG Hildesheim und zuletzt das LG Köln IDO Rechtsmissbrauch. Auch das OLG Köln geht in einem aktuellen Beschluss von Rechtsmissbrauch bei IDO aus, u.a. weil IDO nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, obwohl diese ebenfalls wettbewerbswidrig handeln.

IDO Abmahnung wegen fehlender Grundpreisangabe

Auch Anlass dieses Eilverfahrens war eine IDO Abmahnung eines Amazon-Händlers wegen einer fehlenden Grundpreisangabe. Da der Abgemahnte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, beantragte IDO beim LG Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Das LG Köln erließ zwar zunächst die Einstweilige Verfügung, hob sie jedoch auf den Widerspruch des Abgemahnten wieder auf, da die IDO Abmahnung rechtsmissbräuchlich sei.

LG Köln: Verschonung eigener Mitglieder spricht für Rechtsmissbrauch

Den Rechtsmissbrauch begründete das LG Köln (ebenso wie bereits andere Gerichte) damit, das IDO eigene Mitglieder nicht abmahnt, obwohl diese sich ebenfalls wettbewerbswidrig verhalten:

"Das selektive Handeln eines Verbandes gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorzugehen und deren Wettbewerbsverstöße planmäßig zu dulden, begründet die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (…). Ohne dass hiermit ein abschließendes Urteil über die gesamte Tätigkeit des Antragstellers zu fällen ist, ist jedenfalls vorliegend von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auszugehen. Das ist dann der Fall, wenn der Antragsteller gegenüber Mitbewerbern seiner Mitglieder vorgeht und dabei seine Aktivlegitimation auf Mitglieder stützt, die selbst rechtsverletzend in dem angegriffenen Bereich tätig sind."

Der Abgemahnte konnte nachweisen, dass auch in Angeboten von zahlreichen IDO Mitglieder die Grundpreisangabe fehlte:

"So liegt es hier, da eine Vielzahl der benannten Mitglieder, auf die sich der Antragsteller stützt, selbst im Bereich der Grundpreisangabe rechtsverletzend wirbt, wie die Antragsgegnerin anhand der Anlage AG 24 konkret dargelegt hat. Danach sollen 33 der zunächst benannten 48 Mitglieder selbst gegen die Verpflichtung zur Grundpreisangabe verstoßen. Dem ist der Antragsteller auch nicht grundsätzlich entgegengetreten.“

OLG Köln hält IDO Berufung für aussichtslos

IDO legte gegen das Urteil des LG Köln Berufung ein. Das OLG Köln wies in seinem Beschluss vom 25.08.2021 darauf hin, dass es die Berufung für offensichtlich aussichtslos hält und beabsichtige, die Berufung im Beschlusswege zurückzuweisen. Daraufhin nahm IDO die Berufung zurück und muss daher alle Kosten der 1. und 2. Instanz. tragen.

OLG Köln bescheinigt IDO ebenfalls Rechtsmissbrauch 

Ebenso wie das LG Köln und weitere Gerichte, hält auch das OLG Köln aufgrund einer Vielzahl von Umständen das Vorgehen von IDO für rechtsmissbräuchlich.

"Im vorliegenden Fall tragen die von der Antragsgegnerin detailliert dargelegten und glaubhaft gemachten Umstände (Vielzahl von Abmahnungen, von denen nur ein Bruchteil gerichtlich verfolgt werden; systematisches Verschonen der eigenen Mitglieder im Rahmen des Vorgehens gegen Wettbewerbsverstöße, insbesondere auch mit gerichtlichen Verfahren; Aufnahme von Mitgliedern typischerweise nur als „passive“ Mitglieder ohne Stimmrecht; Verhältnis der gerichtlichen Unterlassungsverfahren zu den gerichtlichen Vertragsstrafeverfahren; unangemessen hohe Zahlungen an eine freie Mitarbeiterin, die eine Schwester der Geschäftsführerin ist; systematisch zu weit gefasste vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärungen) in der Gesamtbetrachtung die Feststellung, dass die Antragstellerin mit er Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder an das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.“

IDO setzt Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nichts entgegen

IDO konnte oder wollte den zahlreichen Vorwürfen inhaltlich nichts entgegensetzen, sondern beschränkte sich darauf, lediglich eine eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin vorzulegen. Diese stufte das OLG Köln als unzureichend, da „inhaltsarm“ ein.

Keine Unterlassungsklagen gegen IDO Mitglieder

Insbesondere konnte oder wollte IDO nicht belegen, dass IDO jemals Unterlassungsklagen gegen IDO Mitglieder wegen nach Eintritt bei IDO begangener UWG-Verstöße erhoben hatte.

Nur Klagen auf Vertragsstrafe

IDO machte zwar geltend, dass IDO zahlreiche Klagen gegen IDO Mitglieder auf Vertragsstrafe wegen Verstöße gegen die vor dem Beitritt abgegebenen Unterlassungserklärungen erhoben hatte. In diesem Vorgehen sah das OLG Köln jedoch eher einen Hinweis dafür, dass es IDO primär um die Generierung von Einnahmen, konkret in Form von Vertragsstrafen, geht.

IDO verschont wettbewerbswidrig handelnde IDO Mitglieder

Ebenso wie das LG Köln, störte sich auch das OLG Köln daran, dass zahlreiche IDO-Mitglieder gegen Vorschriften zur Grundpreisangabe verstießen, von IDO jedoch nicht abgemahnt werden. Bekanntlich wirbt IDO damit, dass man nach einem Beitritt zu IDO nicht mehr abgemahnt wird.

Passive IDO Mitgliederstruktur

Ebenso wie bereits andere Gerichte (z.B. LG Potsdam) störte sich das OLG Köln zudem auch daran, dass IDO Mitglieder nur „passive“ Mitglieder sind und damit ohne sachlichen Grund von der internen Willensbildung bei IDO ausgeschlossen sind.

Gehälter von IDO Mitarbeitern völlig unangemessen

Schließlich befand auch das OLG Köln, dass die an freie IDO Mitarbeiter gezahlten Gehälter extrem hoch und damit unüblich sind. So erhielt eine freie Mitarbeiterin, die 30 bis 40 Stunden / Woche für IDO arbeitet, einen Stundensatz von 120,00 Euro netto. Hierzu das OLG Köln wie folgt:

"Ein solches Gehalt stand in keinem angemessenen Verhältnis zu den von der Zeugin geschilderten Tätigkeiten. Die Höhe des Gehalts wirft (…) auch Fragen bezüglich der Höhe des Gehalts der Geschäftsführung des Antragstellers und der von ihm anderweitig gezahlten Gehälter auf.“

OLG Köln, Beschluss vom 25.8.2021, Az.: 6 U 67/21

Praxishinweis:

Ein weiterer herber Schlag für IDO. Mittlerweile haben bereits zahlreiche Gerichte erkannt, dass es IDO nur um Gebühren und Vertragsstrafen und nicht etwea um die „Einhaltung des fairen Wettbewerbs“ geht. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, sich gegen Abmahnungen von IDO zu wehren. insbesondere Rechtsmissbrauchs geltend zu machen. Liegt Rechtsmissbrauch vor, muss weder eine Unterlassungserklärung abgegeben noch die IDO Pauschale gezahlt werden.

Will man (aus Angst vor einem teuren Klageverfahren) dennoch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, sollte dies nur und erst dann erfolgen, wenn alle abgemahnten Fehler beseitigt sind und sichergestellt ist, dass diese Fehler zukünftig nie wieder passieren.

IDO überprüft (auch Monate und Jahre) nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, ob der Abgemahnte gegen diese verstößt. Stellt er einen Verstoß fest, fordert IDO Vertragsstrafen zwischen 3.000 EUR und 5.000 EUR und klagt diese auch ein.

Insbesondere bei Verstößen gegen Preisangaben auf Amazon sollte überlegt werden, ob man nicht eher das Risiko eines Klageverfahrens als die Gefahr hoher Vertragsstrafen eingehen sollte. Wie die zahlreichen Urteile belegen, sind die Gerichte gegenüber IDO mittlerweile mehr als kritisch eingestellt.

Falls auch Sie eine IDO Abmahnung erhalten, berate und vertrete ich auch Sie außergerichtlich als auch gerichtlich.
Haben Sie bereits eine Unterlassungserklärung gegenüber IDO abgegeben, sollte geprüft werden, ob diese gekündigt werden kann. Auch dies übernehme ich gerne für Sie.