Auch bei der Kfz-Werbung auf Social Media (z.B. Facebook) sind die gesetzlichen Pflichtangaben nach der PKW-EnVKV zu beachten. Bei Verstößen drohen teuere Abmahnungen und Klagen. Vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist dafür bekannt, Autohändler wegen fehlender Pflichtangaben (z.B. zum Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen) abzumahnen.
So mahnte die Umwelthilfe jüngst 26 Autohäuser ab, die einen Facebook Post eines Autoherstellers auf ihren Internetseiten teilten. Die Umwelthilfe beanstandete, dass Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu CO2-Emissionen erst nach einem weiteren Klick („Mehr ansehen“) in einem weiteren Textfeld erschienen und dies nicht den Vorgaben der PKW-EnVKV genügte. Zu Recht - wie das LG Osnabrück in einem Urteil vom 17.12.2021 entschied.
Sachverhalt: Kfz-Werbung durch Teilen eines Facebook Posts eines Autoherstellers
Die Klägerin ist die Deutsche Umwelthilfe e. V., ein Verein, der in der beim Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Autohändlerin. Diese hatte einen Facebook Post eines Automobilherstellers geteilt, der wie folgt lautete:
"Automobilherstellers X, Glänzende Nachrichten für alle Fahrzeugmodell Y Fans! Unser praktischer Fahrzeugmodell Y 1.2 Benziner konnte beim ADAC Autokosten-Check für Kleinwagen ein … Mehr ansehen“.
Die Werte über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen erschienen erst nach einem weiteren Klick („Mehr ansehen“) in einem weiteren Textfeld. Der Facebook Post des Herstellers wurde von 26 über das Gebiet der Bundesrepublik verteilte Autohäusern, die die Fahrzeuge dieses Automobilherstellers veräußerten, auf deren Facebook Seite geteilt.
Die Deutsche Umwelthilfe mahnte daraufhin alle 26 Autohäuser wegen Verstoßes gegen die PKW-EnVKV ab und forderte diese zur Abgabe von Unterlassungserklärungen und Erstattung von Abmahnkosten auf.
§ 5 Abs. 1 PKW-EnVKV lautet wie folgt:
"Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, haben sicherzustellen, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt 1 der Anlage 4 gemacht werden.“
Im Abschnitt I der Anlage 4 zu 5 PKW-EnVKV heißt es u.a. wie folgt:
"Für das in der Werbeschrift genannte Fahrzeugmodell sind Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch (Werte im Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert) und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen im kombinierten Testzyklus zu machen. …“
Da alle abgemahnten Autohäuser die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigerten, verklagte die Deutsche Umwelthilfe alle 26 Autohäuser einzeln an dessen jeweiligen Sitz. Die Autohäuser hatten sich nach Erhalt der Abmahnungen darauf verständigt, dass sie im Klageverfahren alle durch den gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten werden sollten. Dies teilten sie dem Kläger jedoch nicht mit. Ebenso wenig hatten sie dem Kläger vorprozessual signalisiert, dass dieser etwaige Klagen bei einem Gericht konzentrieren möge oder das Führen eines Klageverfahrens verbindliche Wirkung für die anderen Autohäuser besitze.
Das vor dem LG Osnabrück verklagte Autohaus vertrat die Ansicht, dass vorliegend weder eine Werbung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell noch eine spürbare Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen vorläge. Zudem sei das Vorgehen der Deutschen Umwelthilfe auch rechtsmissbräuchlich, da sie alle Autohäuser vor einem Gericht hätte verklagen müssen.
LG Osnabrück: Autohaus verliert Streit mit Deutsche Umwelthilfe um Facebook-Werbung
Das LG Osnabrück gab der Klage der Deutschen Umwelthilfe statt, da es sich um eine Werbung für ein konkretes Fahrzeug handele und das Vorgehen der Deutschen Umwelthilfe nicht rechtsmissbräuchlich sei.
Bei Kfz-Werbung müssen Pflichtangaben auf ersten Blick sichtbar sein
Das LG Osnabrück bestätigte zunächst die Ansicht der Deutschen Umwelthilfe, dass in der Zusammenschau des Facebook Posts ein konkretes Fahrzeug Modell eines ebenfalls benannten Herstellers beworben worden ist. Daher hätte der von den Autohäusern geteilte Post auf den ersten Blick sichtbare Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen enthalten müssen. Da diese Angaben jedoch erst nach einem weiteren Klick in einem weiteren Textfeld sichtbar waren, wurden diese Pflichtangaben vorenthalten. Mit dem Vorenthalten von Pflichtangaben würden Verbraucher in ihrem gesetzlich geschützten Informationsinteresse nicht nur unerheblich benachteiligt.
Kein Rechtsmissbrauch der Umwelthilfe trotz Einzelklagen gegen Autohäuser
Zudem verneinte das LG Osnabrück ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen durch die Deutsche Umwelthilfe. Insbesondere durfte sie die einzelnen Autohäuser am Sitz des für sie zuständigen Gerichts jeweils verklagen. Die effektive Durchsetzung von Verbraucherinteressen setze eine damit korrespondiere Anzahl von Abmahnungen und damit einhergehend von gerichtlichen Verfahren voraus. Dass dem beklagten Autohaus und den weiteren Autohäusern vorgeworfene Fehlverhalten beruhe auf einer individuellen Entscheidung des jeweiligen Autohauses, für die die übrigen Autohäuser nicht einzustehen hätten.
Keine Gemeinschaftswerbung durch Autohäuser
Auch eine Gemeinschaftswerbung lag nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Daher seien die Voraussetzungen einer einheitlichen Inanspruchnahme nicht gegeben. Darüber hinaus ist die einzelne Inanspruchnahme der Autohändler auch nicht wegen einer missbräuchlichen Generierung von Gebühren unzulässig.
Verbraucherbenachteiligung bei Vorenthalten von Pflichtangaben
Um die dem Verbraucherschutz dienende Kennzeichnungs- und Informationspflicht effektiv durchzusetzen ist es erforderlich, sämtliche Verstöße in einzelnen Klageverfahren klären zu lassen. Anderenfalls wäre der Kläger, bei dem höchstrichterlich festgestellt ist, dass der Verbraucherschutz durch Marktüberwachung als Verbandszweck nicht lediglich vorgeschoben ist, gezwungen, seine Verpflichtung zur Marktüberwachung auf einzelne Verstöße zu konzentrieren und zu beschränken.
Keine vorprozessuale Bitte zur Konzentration der Klagen bei einem Gericht
Ein Rechtsmissbrauch folgt insbesondere auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie, denn die Beklagte sowie die weiteren Autohäuser haben dem Kläger gegenüber nicht vorprozessual angezeigt, dass bereits ihr Verhalten mit dem Hersteller abgestimmt ist und sie durch den gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, weshalb die Bündelung sämtlicher Ansprüche in einem Prozess zu Synergieeffekten führe.
Für die Umwelthilfe - so das Gericht - bestand auch kein Anhaltspunkt, dass das beklagte Autohaus und die weiteren Autohäuser sich durch den gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen würden. Darüber hinaus haben die Beklagte sowie die weiteren Autohäuser der Deutschen Umwelthilfe auch nicht signalisiert, dass eine „Musterentscheidung“ für alle abgemahnten Autohäuser verbindlich sein sollte.
LG Osnabrück, Urteil vom 17.12.2021 - 13 O 230/21 (nicht rechtskräftig)