ArbG Aachen: Geschäftsgeheimnis und Schutz konkret darzulegen

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Das Arbeitsgericht Aachen hat sich in seinem Urteil vom 13.01.2022 ausführlich mit den Voraussetzungen des gesetzlichen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nach dem Geschäftsgeheimnisgestz (GeschGehG) und der Darlegungs- und Beweislast von Unternehmen beschäftigt. Das Urteil belegt, dass auf das GeschGehG gestützte Klagen akribisch vorbereitet werden müssen.

Sachverhalt: Angestellter gibt Produktionsinformationen an Konkurrenz weiter

Die Klägerin ist ein weltweit führender Hersteller von Füllmaschinen für Lebensmittel und Getränke nebst Verpackungsmaterial. Im Gegensatz zu Konkurrenzunternehmen liefert die Klägerin Verpackungsmaterialien nicht als Rollware, sondern in Form von flachen und an der Längsnaht versiegelten Verpackungsmänteln (Sleeves). Die Sleeves vertreibt die Klägerin nur an Systemkunden im Rahmen von Packstoffverträgen. In den letzten Jahren sind vermehrt weitere Marktteilnehmer als Konkurrenten im Sleeve-Markt aufgetreten. Die Sleeves produziert die Klägerin auf automatischen Faltschachtelklebemaschinen ("AFK-Maschinen"). Diese erhielt sie von einem Zulieferer, der nicht berechtigt war, AFK-Maschinen Dritten zu verschaffen.

Der Beklagte war bei der Klägerin bis 2016 beschäftigt; er war maßgeblich an der Weiterentwicklung der Produkte der Klägerin beteiligt und stand in engem Austausch Mitarbeitern aus dem Bereich Forschung und Entwicklung.

Der zuletzt geltende Arbeitsvertrag des Beklagten regelte in Ziffer 11:

"Herr H. wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft Stillschweigen bewahren. Er wird dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht unbefugt Kenntnis erlangen.

Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus und umfasst auch die Inhalte dieses Vertrags."

Der Beklagte kündigte 2016 das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin.

Der Beklagte versandte noch während seiner Tätigkeit für die Klägerin 2015 mehrere E-Mails nebst Anlagen an mindestens eine potentielle Konkurrentin der Klägerin, die an einem Eintritt in den Sleeve-Markt interessiert war. Die Anlagen zu den E-Mails enthielten spezifische Leistungsdaten und Prozessparameter zu AFK-Maschinen sowie spezifische Geometrie- und Toleranzdaten der Sleeves der Klägerin. Die übersandten Informationen sind weitgehend nicht durch gewerbliche Schutzrechte geschützt. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung der Klägerin, da sie durch die Anmeldung von Schutzrechten ein Bekanntwerden der Informationen befürchtete. Bestimmte Angaben (z. B. in Bezug auf die Herstellung der Längsnaht sowie der Nahtdicke der Sleeves) sind jedoch in Patentschriften öffentlich geworden.

Die Klägerin erfuhr 2018 von dem Versand der E-Mails in 2015 und mahnte den Beklagten ab. Da der Beklagte keine Unterlassungserklärung abgab, machte die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend. Zur Begründung führte sie an, dass es sich bei den vom Beklagten an die Konkurrenz übersandten Informationen um Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 2 GeschGehG handele, für die sie angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen habe. So habe sie ihr Know-How ausschließlich Mitarbeitern zur Kenntnis gebracht werde, die entweder dem Forschungs- und Entwicklungsteam angehörten oder die entsprechenden Informationen zum Bedienen der AFK-Maschinen benötigten (Need-to-know-Prinzip). Sämtliche Mitarbeiter seien auf den wirtschaftlichen Wert und vertraulichen Charakter dieser Informationen hingewiesen und - wie der Beklagte - zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen. Zudem seien technische Sicherheitsmaßnahmen und angemessene IT-Sicherheitsroutinen etabliert worden, um einen unbefugten Zugriff auf ihren Server zu verhindern. Ferner bestünden Zugangskontrollsysteme zum Betriebsgelände und den Geschäftsräumen. Zum Geheimhaltungskonzept gehörten darüber hinaus regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen.

Die Klägerin beantragte vor Gericht dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Klägerin, die ihm im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, unbefugt an Dritte mitzuteilen oder weiterzugeben, und zwar in Form der Weitergabe von spezifischen Leistungsdaten der Packstoffproduktionsanlagen (z. B. AFK-Maschinen) oder von exakten Geometriedaten und Toleranzen betreffend das Verpackungsmaterial.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass es sich bei den übersandten Informationen nicht um Geschäftsgeheimnisse handelt, da die Konkurrenz bereits vor 2015 über dieses Know-How verfügte, dieses u.a. durch erlaubtes Reverse Engineering erlangt habe.

Arbeitsgericht Aachen weist Unterlassungsklage mangels Darlegung Geschäftsgeheimnis ab

Die von der Klägerin zunächst beantragte Eilverfügung wurde auf den Widerspruch des Beklagten aufgehoben. Auch die Hauptsacheklage der Klägerin hatten keinen Erfolg, da sie die Voraussetzungen des gesetzlichen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nicht ausreichend dargelegt hatte.

Voraussetzungen des gesetzlichen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nach GeschGehG

Gemäß § 6 Satz 1 GeschGehG kann der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses einen Rechtsverletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses ist in § 2 Nr. 1 GeschGehG legaldefiniert. Danach ist ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des GeschGehG eine Information, die a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der c) ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein. Für das Vorhandensein eines Geschäftsgeheimnisses ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der sich auf den Schutz beruft, hier also die Klägerin.

Kein ausreichender Vortrag zum Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts hat die Klägerin schon nicht ausreichend dargelegt, dass es sich bei den vom Beklagten an die Konkurrenz übermittelten Informationen um Geschäftsgeheimnisse handelt:

Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Leistungsdaten und Prozessparameter der AFK-Maschinen und die Geometrie- und Toleranzdaten ihrer Sleeves weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert sind.

aa) Allgemein bekannt ist eine Information, wenn sie zum gängigen Kenntnis- und Wissensstand der breiten Öffentlichkeit oder einer dem maßgeblichen Fachkreis angehörenden durchschnittlichen Person gehört. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Information der interessierten Öffentlichkeit bzw. dem maßgeblichen Fachkreis durch Veröffentlichung, Anmeldung, Registrierung oder Ausstellung bekannt gemacht wurde (…). Ohne weiteres, also leicht zugänglich sind Informationen, von denen sich jede Person bzw. die maßgeblichen Fachkreise ohne besondere Schwierigkeiten und Opfer Kenntnis verschaffen können. Die maßgebliche Tatsache muss sich ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand erschließen und der Person damit nutzbar gemacht werden können (…).

bb) Die Klägerin hat angesichts der am Weltmarkt erhältlichen Konkurrenzprodukte nicht dargelegt, dass die Leistungsdaten und Prozessparameter der AFK-Maschinen und die Geometrie- und Toleranzdaten ihrer Sleeves nicht ohne weiteres zugänglich sind. Unstreitig gibt es mehrere Unternehmen am Markt, die ebenfalls Sleeves zur Befüllung mit Lebensmitteln und Getränken herstellen bzw. hergestellt haben und die dem Grunde nach sogar auf Abfüllmaschinen der Klägerin eingesetzt werden können, lediglich ggf. nicht mit derselben Geschwindigkeit und Fehlerfreiheit wie (..) eigene Sleeves. Nur pauschal behauptet die Klägerin, dass die Sleeves der Konkurrenz von minderer Qualität seien, da sie nicht die erforderliche Aseptik aufwiesen und hinsichtlich Haptik, Undurchlässigkeit und Haltbarkeit minderwertig seien. Auch woraus sich ein Technologievorsprung der Klägerin gerade beim Format (…) ergeben soll, bleibt unklar. Die Beklagte hingegen trägt hingegen vor, dass die Sleeves der Konkurrenz von mindestens gleicher Qualität wie diejenigen der Klägerin seien und alle maßgeblichen Parameter ineinandergreifen müssten, um aseptische Sleeves produzieren zu können. (…)

Daher wäre es angesichts des sehr detaillierten Sachvortrags des Beklagten zur Herstellung und Gleichwertigkeit der Konkurrenzprodukte sowie zur Möglichkeit der Ermittlung der notwendigen Parameter mittels Reverse Engineering an der Klägerin gewesen, (…) konkret zu erwidern und im Einzelnen vorzutragen, in welcher Hinsicht genau die Sleeves der Konkurrenten mangelhaft sind, ein Reverse Engineering nicht möglich ist und somit ihre Produktion nicht auf ihr exklusiv zur Verfügung stehendem Know-How beruhen kann. Notwendig wäre ein konkreter und einer Beweiserhebung zugänglicher, insbesondere durch ein Sachverständigengutachten prüfbarer Sachvortrag gewesen, der im Einzelnen anhand objektiver Merkmale erläutert, in welcher Hinsicht sich die Sleeves genau unterscheiden (…).

Die Klägerin behauptet auch eine besonders kostengünstige und ressourcensparende Produktionsweise nur pauschal und trägt nicht näher zur Produktionsweise und zu vergleichbaren Kosten der Konkurrenten vor. Es ergibt sich aus diesem Vortrag daher nicht, dass ihr Geschäftsgeheimnisse zu Grunde liegen."

Nur pauschaler Vortrag zum Geheimhaltungskonzept genügt nicht

Neben dem Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses verlangt das Gesetz (GeschGehG), dass der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses ergreift. Auch den Vortrag der Klägerin zu ihrem Geheimhaltungskonzept erachtete das Gericht als nicht ausreichend:

Jedenfalls aber fehlt es an einer Darlegung der Klägerin von nach den Umständen angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 2 Nr. 1 b) GeschGehG. Durch dieses Merkmal gibt das Gesetz zu erkennen, dass nur derjenige den Schutz durch die Rechtsordnung genießt, der seine geheimen Informationen aktiv schützt. Wer keine hinreichenden Bestrebungen zum Schutz dieser Informationen unternimmt oder lediglich darauf vertraut, dass die geheime Information nicht entdeckt werde und verborgen bleibe, genießt keinen Schutz des GeschGehG (…).“

Schutzkonzept richtet sich nach Art und Wert des Geschäftsgeheimnisses

Was angemessen ist, richtet sich nach Art und Wert des Geschäftsgeheimnisses. Je bedeutender das Geheimnis für das Unternehmen ist, desto höher muss der Schutz sein:

„Die vom Inhaber des Geschäftsgeheimnisses getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen müssen angemessen sein. Bei der Angemessenheit handelt es sich um ein flexibles und offenes Tatbestandsmerkmal, das dem Gedanken der Verhältnismäßigkeit folgt. Die Angemessenheit setzt keinen optimalen Schutz voraus, weil anderenfalls der Geheimnisbegriff zu stark eingeschränkt würde. Es ist also nicht erforderlich, dass der Unternehmer zum Schutz seiner vertraulichen Informationen die nach den Umständen bestmöglichen und sichersten Maßnahmen ergreift. Umgekehrt kann es zur Wahrung der Angemessenheit nicht genügen, wenn der Unternehmer - vielleicht um hohe Kosten und einen gesteigerten Organisationsaufwand zu vermeiden - lediglich ein Minimum an Schutzvorkehrungen ergreift (…).

Die konkreten Geheimhaltungsmaßnahmen hängen von der Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen und von den konkreten Umständen der Nutzung ab. Bei der Wertung der Angemessenheit der Schutzmaßnahmen können insbesondere der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Informationen, die Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern berücksichtigt werden (…) Von einem weltweit tätigen Unternehmen können größere und finanziell aufwändigere Sicherungsvorkehrungen erwartet werden als von einem Handwerksbetrieb mit wenigen Angestellten (…).“

Mindeststandard: Need-To-Know-Prinzip

„Hieraus folgt als Mindeststandard, dass relevante Informationen nur Personen anvertraut werden dürfen, die die Informationen zur Durchführung ihrer Aufgabe (potentiell) benötigen und die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Zudem müssen diese Personen von der Verschwiegenheitsverpflichtung in Bezug auf die fraglichen Informationen Kenntnis haben. Weitere Maßnahmen sind den Umständen nach zu ergreifen, wobei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (…)."

Kläger trägt Darlegungslast für angemessenes Geheimhaltungskonzept

Sodann wies das Gericht darauf hin, dass derjenige, der sich auf den gesetzlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen beruft, das Geheimhaltungskonzept darlegen muss:

„Die Klägerin trägt als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein angemessenes Schutzkonzept vorhanden ist. Dabei ist insbesondere darzustellen, welches konkrete Geheimhaltungsmanagement die Klägerin insgesamt anwendet, welche konkreten Daten bzw. Spezifikationen im Geschäftsverkehr geheim zu halten sind. Letztlich bedeutet dies seit Inkrafttreten des GeschGehG, dass ein konkretisiertes, auf die einzelnen Geheimnisse speziell abgestelltes Geheimschutzmanagement durchgeführt werden muss, um zu beweisen, welche Geheimnisse wie und wie lange welchem Schutz unterlagen und welche Personen hiermit in Kontakt kamen und dabei verpflichtet waren, Geheimnisse der Beklagten zu schützen (…)."

Kläger muss Geheimhaltungskonzept konkret darlegen, nur pauschale Angaben nicht ausreichend

Sodann wies das Gericht darauf hin, dass das Geheimhaltungskonzept konkret in Bezug auf die streitgegenständlichen Informationen dargelegt werden muss. Lediglich pauschale Angaben genügen nicht. Auch hieran scheiterte die Klage der Klägerin:

„Dieser Darlegungslast ist die Klägerin nicht nachgekommen. Trotz dezidierter Rüge des Beklagten, der auch darauf gestützten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren und eines gerichtlichen Hinweises, es sei zweifelhaft, ob sie ausreichend zu einem hinreichenden Geheimnisschutzkonzept zugeschnitten auf die in Rede stehenden Informationen vorgetragen habe, hat die Klägerin keine ausreichenden Geheimnisschutzmaßnahmen in Bezug auf die streitgegenständlichen Informationen dargelegt, die sie als ihre Geschäftsgeheimnisse ansieht.

Dabei sind aufgrund der konkreten Umstände des Falles, namentlich der von der Klägerin selbst dargelegten Marktstellung sowie des Werts und der Bedeutung der zu sichernden Informationen für die Klägerin, erhöhte Anforderung an das Schutzkonzept zu stellen. Die Klägerin ist einer der weltweit führenden Hersteller von Füllmaschinen und Sleeves. Sie produziert rund XX Milliarden Sleeves pro Jahr. Bisher kommt kein anderer Anbieter von Sleeves auf eine nur ansatzweise ähnlich hohe Produktion. (…) Deshalb wäre zu erwarten, dass - um den gesetzlichen Schutz genießen zu können - sehr weitreichende Geheimnisschutzmaßnahmen ergriffen worden wären, zu denen auch ein konkreter Sachvortrag möglich sein müsste.

Zwar trägt die Klägerin vor, dass die Informationen nach dem sog. Needtoknow Prinzip ausschließlich denjenigen Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt wurden, die dem Forschungs- und Entwicklungsteam angehörten oder die Informationen zum Bedienen der AFK-Maschinen benötigten. Sämtliche Arbeitnehmer seien auf den wirtschaftlichen Wert der Informationen und den vertraulichen Charakter hingewiesen worden. Dieser Vortrag ist jedoch pauschal und genügt den Anforderungen an die Darlegung eines Schutzkonzepts angesichts des Bestreitens des Beklagten nicht. Die Klägerin hat nicht (…) dezidiert vorgetragen, in welcher Form und wann diese Hinweise bezogen auf welche konkreten Informationen an die Arbeitnehmer erfolgten. Gab es schriftliche Vereinbarungen? Wie sind - zumindest mustermäßig - Hinweise auf die Vertraulichkeit formuliert worden? Wurden - anders als im Falle des Beklagten, dazu sogleich im Einzelnen 3. - wirksame Geheimhaltungsklauseln vereinbart? Welche Informationen genau sind als vertraulich bezeichnet worden? Durch den nur pauschalen Vortrag wurde weder dem Beklagten noch dem Gericht eine Prüfung ermöglicht, ob die Informationen, die im Klageantrag zu 1. bezeichnet sind, zum Gegenstand von Geheimhaltungsvereinbarungen oder zumindest konkreten Hinweisen an die Arbeitnehmer und ggf. mit diesen Informationen teilweise in Berührung kommende Geschäftspartner gemacht worden sind.

Auch der sehr allgemeine Hinweis der Klägerin auf technische Sicherheitsmaßnahmen und die Etablierung einer angemessenen IT-Sicherheit sowie auf Zugangskontrollsysteme zum Betriebsgelände sowie den Geschäftsräumen genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung eines angemessenen Geheimhaltungsschutzkonzeptes. Es ist nicht ersichtlich, welche konkreten technischen Sicherheitsmaßnahmen und Zugangskontrollsysteme bestehen, so dass eine gerichtliche Prüfung der Angemessenheit des Schutzkonzeptes auf dieser Grundlage nicht möglich ist. So hat die Klägerin nicht dargelegt, in welcher Form die im Klageantrag zu 1. bezeichneten Informationen überhaupt bei ihr vorliegen und welchem Mitarbeiterkreis sie nach Überwindung welcher Zugriffskontrollen zugänglich sind. Der Vortrag bezieht sich wiederum nicht auf die streitgegenständlichen Informationen, sondern ist sehr allgemein gehalten.

Sofern die Klägerin andere Arbeitnehmer mit derselben oder einer ähnlichen Klausel zur Verschwiegenheit verpflichtet haben sollte wie den Beklagten (…) so wäre diese Maßnahme nicht dazu geeignet, zu einem angemessenen Geheimnisschutzkonzept beizutragen. Abgesehen davon, dass die Klausel unwirksam ist, ist sie allgemein gehalten und lässt somit nicht erkennen, welche Informationen Geschäftsgeheimnisse sein sollen. Ließe man eine solche pauschale Regelung ausreichen, würde § 2 Nr. 1 b) GeschGehG seines Inhalts und Zwecks entleert (…).

Ebenfalls deutlich zu allgemein gehalten ist der Vortrag der Klägerin hinsichtlich regelmäßiger Schulungen der Mitarbeiter im Umgang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Ihr Vortrag lässt nicht erkennen, welchen Inhalt die Schulungen hatten, insbesondere nicht, ob sie die Vertraulichkeit der hier konkret betroffenen Informationen beinhalteten. Es erfolgen ebenfalls keinerlei Angaben zu Häufigkeit und Teilnehmern der Schulungen.“

ArbG Aachen, Urt. v. 13.01.2022 - 8 Ca 1229/20

Praxishinweis:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen belegt, dass die Geltendmachung von Ansprüchen wegen unerlaubter Weitergabe und Nutzung von Geschäftsgeheimnissen kein leichtes Unterfangen ist. Sowohl das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses als auch ein angemessenes Geheimhaltungskonzept müssen konkret darlegt und notfalls auch bewiesen werden. Dies setzt voraus, dass im Unternehmen überhaupt ein Geheimhaltungskonzept erstellt worden ist. Dieses muss dann in der Praxis auch tatsächlich umgesetzt werden.