Der BGH hat mit Urteil vom 10.02.2011 entschieden, dass für den vom Werbenden zu erbringenden Nachweis, dass der Verbraucher eine ausdrückliche Einwilligung in den Erhalt von Werbeanrufen erteilt hat, das "Double-Opt-In-Verfahren" per Email nicht geeignet ist. Durch die Bestätigungsmail im Double-Opt-In-Verfahren werde weder ein Einverständnis des Verbrauchers mit Werbeanrufen belegt, noch führe sie für sich allein zu einer Beweiserleichterung zugunsten des Werbenden.
Sachverhalt
Die AOK Plus, die Allgemeine Ortskrankenkasse für Sachsen und Thüringen, hatte sich im Jahr 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen verpflichtet, es zu unterlassen, Verbraucher ohne deren Einverständnis zu Werbezwecken anzurufen. Ferner hatte sie sich verpflichtet, für jeden Verstoß eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR zu zahlen.
Im September 2008 erhielten zwei Verbraucher Werbeanrufe von einem Call-Center, das von der AOK Plus beauftragt worden war. Die Verbraucherzentrale hat die AOK Plus daraufhin auf Zahlung von 10.000 EUR in Anspruch genommen.
Die AOK hat behauptet, die Einwilligung der Angerufenen im Double-Opt-In-Verfahren erhalten zu haben: Die Verbraucher hätten an Online-Gewinnspielen teilgenommen, dort ihre Telefonnummer angegeben und durch Markieren eines Feldes ihr Einverständnis auch mit Telefonwerbung erklärt. Daraufhin sei ihnen eine Email dem Hinweis auf die Einschreibung für das Gewinnspiel (sog. "Check-Mail") an die angegebene Email-Adresse übersandt worden, die sie durch Anklicken eines darin enthaltenen Links bestätigt hätten.
Die Klage der Verbraucherzentrale war vor dem Landgericht und dem OLG Dresden erfolgreich.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof wies die Revision der AOK zurück.
Werbeanrufe von Verbrauchern ohne vorherige Einwilligung unzulässig
Im Urteil wies der BGH zunächst darauf hin, dass Werbeanrufe gegenüber Vebraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG eine unzumutbare Belästigung darstellen und daher von Wettbewerbern abgemahnt werden können. Im Streitfall muss der Werbende nachweisen, dass der Verbraucher vor dem Werbeanruf sein ausdrückliches Einverständnis erteilt hat.
AOK konnte Einwilligung der angerufenen Verbraucher in Werbeanruf nicht nachweisen
Im Streitfall konnte die AOK das Einverständnis der angerufenen Verbraucher nicht nachweisen. Für die Nachweisführung genügt es nicht, sich allgemein auf die Durchführung eines Double-Opt-In-Verfahrens zu berufen. Vielmehr muss der Werbende darlegen und beweisen, dass der einzelne Verbraucher eine Einwilligung erteilt haben.
Als Nachweis komme der Ausdruck einer Email des angerufenen Verbrauchers in Betracht, in der dieser sich ausdrücklich mit der Werbung durch Telefonanrufe einverstanden erklärt. Die Speicherung einer solchen Email sei dem Werbenden ohne weiteres möglich und zumutbar. Diesen konkreten Nachweis hatte die beklagte AOK jedoch nicht geführt, sondern sich nur allgemein auf die Durchführung eines Double-Opt-In-Verfahrens per Email berufen.
Double-Opt-In-Verfahren für Einwilligung in Werbeanrufe ungeeignet
Nach Ansicht des BGH ist ein per Email durchgeführtes Double-Opt-In-Verfahren jedoch von vornherein ungeeignet, ein Einverständnis von Verbrauchern mit Werbeanrufen zu belegen. Auch führt dieses für sich allein nicht zu einer Beweiserleichterung zugunsten des Werbenden.
"Zwar kann bei Vorlage der dabei angeforderten elektronischen Bestätigung angenommen werden, dass der - die Einwilligung in Werbeanrufe enthaltende - Teilnahmeantrag für das Online-Gewinnspiel tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Damit ist aber nicht sichergestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer tatsächlich um den Anschluss des Absenders der Bestätigungs-E-Mail handelt. Es kann zahlreiche Gründe für die versehentliche oder vorsätzliche Eintragung einer falschen Telefonnummer geben. Das Gesetz verlangt aber zwingend, dass der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat."
Double-Opt-In-Verfahren für Einwilligung in Email-Werbung geeignet
Anders sieht es bei der Einwilligung in eine Werbung per Email aus. Die Geeignet des Double-Opt-In-Verfahrens, eine Einwilligung in Email-Werbung zu belegen, stellt der BGH nicht in Frage. Er geht sogar noch weiter. Hat der Verbraucher den Link in der Bestätigungs-Email betätigt, wird zugunsten des Werbenden vermutet, dass der Verbraucher die unter dieser Email-Adresse abgesandte Einwilligung in den Erhalt von Email-Werbung tatsächlich erteilt hat. Will der Verbraucher nach Bestätigung seiner Email-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren sich darauf berufen, dass er die unter dieser Adresse abgesandte Einwilligung in Email-Werbung nicht abgegeben hat, trägt er dafür die Darlegungslast.
Kann der Verbraucher jedoch darlegen, dass die per Email übermittelte Bestätigung tatsächlich nicht von ihm stammt, war die Email-Werbung auch dann wettbewerbswidrig, wenn die Email-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren gewonnen wurde.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 164/09 - Telefonaktion II