Eigener Wikipedia-Beitrag eines Unternehmen ist unzulässige Schleichwerbung

Äußert sich ein Unternehmen - hier in einem Wikipedia-Artikel - kritisch über Produkte eines Konkurrenten, ohne hierbei seine im Artikel selbst seine Identität zu offenbaren, stellt dies eine unzulässige und wettbewerbswidrige Schleichwerbung dar.

 

Sachverhalt

Der Geschäftsführer eines Unternehmens stellte einen von ihm verfassten Artikel über Weihrauchprodukte unter einem Pseudonym auf Wikipedia ein. In dem Artikel stellte er die Vor- und Nachteile von Weihrauchprodukten vor und äußerte sich auch negativ über einen Konkurrenten. Nur anhand der Diskussionsseite war erkennbar, dass der Artikel von dem Geschäftsführer des Unternehmens verfasst war. Im Artikel selbst war - entsprechend den Wikipedia-Einstellungen - ein Hinweis auf den Verfasser nicht vorhanden.

Der Konkurrent sah in diesem Vorgehen eine wettbewerbswidrige Schleichwerbung und forderte das Unternehmen zur Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Da das Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgab, beantragte der Konkurrent den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Entscheidung

Das OLG München gab dem Konkurrenten Recht und stufte das Vorgehen als unzulässige und nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrige Schleichwerbung ein.

Die Verschleierung liege hier darin, dass die Allgemeinheit davon ausgehe, dass der Wikipedia-Artikel von einem neutralen Dritten verfasst wurde und daher auch die kritische Bewertung der Produkte des Konkurrenten von einer solchen Person stamme. Diese Annahme entsprach jedoch nicht den Tatsachen.

Den Einwand des beklagten Unternehmens, dass aus der Diskussionsseite die Identität des Verfassers erkennbar sei, wies das Gericht mit dem Hinweis zurück, dass der durchschnittliche Verbraucher sich die Diskussionsseite nicht ansehe.

Auch dem weiteren Einwand des beklagten Unternehmens, der Artikel stelle dei private Meinung des Geschäftsführers des Unternehmens dar und sei ihm nicht zuzurechnen, erteilte das Gericht eine Abfuhr: Äußerungen von Geschäftsführern sind dem Unternehmen zuzurechnen, da selbstverständlich davon auszugehen ist, dass der Geschäftsführer mit diesem Artikel den Absatz seines Unternehmens fördern wollte, daher für dieses handelte.

Schließlich wies das Gericht auch die Berufung des beklagten Unternehmens auf die Meinungsfreiheit mit dem Hinweis zurück, dass die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung es nicht erlaube, dass sich Unternehmen durch unlautere Handlungen Vorteile im Wettbewerb verschaffen.

OLG München, Urteil vom 10.05.2012 (Az.: 29 U 515/12)

Fazit

Unternehmen dürfen sich unter dem Deckmantel einer neutralen Quelle nicht kritisch über Produkte oder Dienstleistungen von Wettbewerbern äußern.

Das Verschleierungsverbot gilt auch für lobende Äußerungen. So darf sich ein Unternehmer auch nicht verschleiert lobend über eigene Produkte äußern (LG München, Urteil vom 07.08.2012; Az.: 23 O 3404/12).

Unternehmen sollten daher zur Vermeidung teuerer Abmahnungen durch Wettbewerber dringend auf die Abfassung verschleiernder Artikel - ob lobender oder kritischer Art - verzichten und bei Kritik an Produkten von Konkurrenten mit offenem Visier vorzugehen. Auch dann gilt es noch zahlreiche wettbewerbsrechtliche Klippen zu überwinden (Herabsetzung, unlauterer Vergleich, etc.).