Der BGH hat mit Urteil vom12.09.2013 entschieden, dass auch die durch Dritte veranlasste Zusendung von Empfehlungs-Email durch ein Unternehmen eine unzulässige Emailwerbung darstellt.
Sachverhalt
Auf der Internetseite der Beklagten befand sich eine sog. Weiterempfehlungsfunktion. Gab ein Dritter seine eigene Email-Adresse und eine weitere Email-Adresse ein, wurde von der Internetseite der Beklagten an die von dem Dritten benannte weitere Email-Adresse eine automatisch generierte Email versandt, die auf den Internetauftritt der Beklagten hinweist. Bei dem Empfänger der Email geht der Hinweis auf die Internetseite der Beklagten als von dieser versandt ein. Weiteren Inhalt hatten die Empfehlungs-Emails nicht.
Der Kläger (Rechtsanwalt) erhielt ohne seine Zustimmung mehrere Empfehlungs-Emails von der Beklagten. Nach einer Abmahnung und einer weiteren Beschwerde des Klägers erklärte sich die Beklagte bereit, dessen konkrete Email-Adresse für den Erhalt der Empfehlungs-Emails zu sperren. In der Folgezeit erhielt der Kläger gleichwohl noch Emails, die auf den Internetauftritt der Beklagten hinwiesen.
Der Kläger erhob daher Kage und beantragte, die Beklagte zur Unterlassung der Zusendung solcher Emails sowie zur Erstattung von Abmahnkosten zu verurteilen. Mit der Abmahnung hatte der Kläger einen anderen Rechtsanwalt beauftragt.
Entscheidung Vorinstanzen
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Entscheidung BGH
Die Revision des Klägers hatte bzgl. des Unterlassungsanspruchs Erfolg, nicht dagegen bzgl. der Abmahnkosten.
Empfehlungs-Email ist unverlangte Email-Werbung, daher zu unterlassen
Der BGH bejahte einen Anspruch auf Unterlassung wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB und stufte die Empfehlungs-Email als unverlangte Email-Werbung ein.
"Das Versenden von EMails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung (...).
Bei der Zusendung der Empfehlungs-EMails an den Kläger handelt es sich um unverlangt zugesandte Werbung.
"(...) Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für die Einordnung als Werbung nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-EMails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht (...)). Entscheidend ist vielmehr allein das Ziel, das die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen will. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, Dritte auf die Beklagte und die von ihr angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-EMails Werbung."
Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers war auch rechtswidrig:
"Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt - von dem hier nicht bedeutsamen Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG abgesehen - jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eine unzumutbare Belästigung dar. Diese gesetzgeberische Wertung ist bei der Beurteilung der Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuchs ebenfalls heranzuziehen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (...). Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Übersendung einer Werbe-EMail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig (...)."
Der Umstand, dass die Versendung der Empfehlungs-Emails durch Dritte veranlasst wurde, führt nach Ansicht des BGH zu keinem anderen Ergebnis:
"Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall nicht aus dem Umstand, dass die Werbung nur an Personen versandt wird, die ein Dritter durch Eingabe von deren EMail-Adresse ausgewählt hat. (...) Entscheidend ist, dass der Empfänger in diese Art Werbung nicht eingewilligt hat und sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann (...)."
Schließlich haftet die Beklagte wegen der Zusendung auch als Täterin:
"Die Beklagte haftet für die Zusendung der Empfehlungs-EMails als Täterin. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der Versand der Empfehlungs-EMails letztlich auf die Eingabe der EMail-Adresse des Klägers durch einen Dritten zurückgeht (...). Maßgeblich ist, dass der Versand der Empfehlungs-EMails auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten zurückgeht und die Beklagte beim Empfänger einer Empfehlungs-EMail als Absenderin erscheint.
Sinn und Zweck der Weiterleitungsfunktion der Beklagten bestehen auch gerade darin, dass Dritten (unter Mitwirkung unbekannter weiterer Personen) ein Hinweis auf den Internetauftritt der Beklagten übermittelt wird. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Missbrauch der Empfehlungsfunktion nicht in Kauf nimmt. Es ist offensichtlich, dass die Weiterleitungsfunktion gerade dazu benutzt wird, an Dritte Empfehlungs-EMails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben."
Keine Erstattung von Abmahnkosten bei Abmahnung für Anwalt in eigener Sache
Dagegen verneinte der BGH einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten, da diese nicht erforderlich waren. Der Kläger hätte, da selbst Anwalt, sich selbst vertreten können.
"Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen einen deliktsrechtlichen Tatbestand ist dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügt (...). Ein Rechtsanwalt muss im Fall der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines deliktischen Handelns unter dem Gesichtspunkt der Schadensvermeidung (§ 254 Abs. 1 BGB) einsetzen. Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts ist bei typischen, unschwer zu verfolgenden Rechtsverletzungen nicht notwendig. Es besteht dann kein Anspruch auf Erstattung der dafür anfallenden Kosten.(...)"
Urteil vom 12.09.2013, Az: I ZR 208/12