Das LG Düsseldorf hat mit Urteil vom 21.04.2011 entschieden, dass eine Kfz-Innung, die gegen Kfz-Anbieter wegen Wettbewerbsverstöße vorgeht, auch bei berechtigter Abmahnung keine Erstattung von Abmahnkosten für die von ihr beauftragte Kanzlei verlangen kann.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Kfz-Innung mit 830 Kfz-Händlern und Autohäusern als Mitgliedern.
Der Beklagte bot über ein Internetportal als Privatangebot in einem kurzen Zeitraum 13 unterschiedliche Fahrzeuge mit einer Gesamtumsatzerwartung von 68.598 EUR an. Sieben der angebotenen Fahrzeuge standen zum Zeitpunkt der Verkaufsanzeigen in seinem Eigentum, sechs Fahrzeuge standen nicht in seinem Eigentum und gehörten Eigentümern, die über keinen Internetanschluss verfügten.
Mit anwaltlichem Schreiben mahnte die Klägerin den Vater des Beklagten, dessen Mobilnummer in den Verkaufsanzeigen angegeben war, wegen Wettbewerbsverstoßes ab, da der Beklagte gewerblich tätig sei, ohne dies offen zu legen. Der Beklagte wies den Vorwurf der Gewerblichkeit zurück und lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung von Abmahnkosten ab. Daraufhin erhob die Kfz-Innung Klage auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten.
Entscheidung Gericht
Das LG Düsseldorf verurteilte den Beklagten zu Unterlassung, nicht jedoch zur Zahlung von Abmahnkosten.
Unterlassungsanspruch ja
Nach Ansicht des LG handelte der Beklagte wettbewerbswidrig, da er bei den Verkaufsanzeigen nicht auf den gewerblichen Charakter des Verkaufsangebots hingewiesen hatte. Gegenüber Verbrauchern handelt stets unzulässig, wer unwahre Angaben macht oder den unzutreffenden Eindruck erweckt, er sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig. Dadurch, dass der Beklagte bei seinen dreizehn Verkaufsanzeigen auf dem Internetportal keine Händlerpflichtangaben gemacht hat, erweckte er den unzutreffenden Eindruck, dass er Verbraucher sei bzw. nicht für Zwecke seines Geschäfts oder Gewerbes tätig sei.
Das Gericht wies darauf hin, dass die Gewerbsmäßigkeit auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sechs der angebotenen Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Verkaufsanzeige seit einem Zeitraum von 1 Jahr bis zu 7 Tagen im Eigentum des Beklagten standen, wobei jeweils nur zwei Fahrzeuge gleichzeitig auf den Beklagten zugelassen waren:
"Hätte der Beklagte allein diese in seinem Eigentum stehenden Fahrzeuge zum Verkauf angeboten, wäre ein gewerbliches Handeln des Beklagten nicht ohne weiteres begründet gewesen. Denn in der Tat kann der Beklagte Autonarr sein und in einem Jahr Eigentümer von sechs Fahrzeugen sein, die er auch wieder verkauft. Es gibt keine Regel, die einer Privatperson durch Erwerb von sechs Fahrzeugen zu privaten Zwecken, die sukzessive auch wieder verkauft werden, gewerbliches Handeln unterstellt."
Vorliegend war jedoch eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, weil der Beklagte eben nicht nur diese sechs Fahrzeuge veräußert hat, sondern weitere sieben Fahrzeuge, die nicht in seinem Eigentum standen, zum Verkauf angeboten hat. Schon aufgrund der sieben in Fremdeigentum stehenden Fahrzeuge in einem Jahr ist eine auf Dauer angelegte, nicht allein privaten Zwecken dienende Verkaufstätigkeit und damit eine gewerbliche Tätigkeit zu bejahen.
Abmahnkosten nein
Obwohl die Abmahnung also berechtigt war, wies das LG den Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten zurück, da es sich bei der Kfz-Innung um einen Fachverband handele, der Abmahnungen der in Rede stehenden Art selbst erklären kann, die Beauftragung einer Kanzlei daher nicht erforderlich war. Hierzu heißt es wie Urteil wie folgt:
"Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Abmahnkosten in Höhe von 481,60 € gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ersetzt verlangen. Zwar war die Abmahnung der Klägerin vom 31.03.2010 wegen des Verstoßes des Beklagten gegen § 3 Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 23 UWG berechtigt. Die Klägerin war als Fachverband jedoch befähigt, durchschnittlich schwierige Abmahnungen ohne anwaltliche Hilfe zu bearbeiten, wie die Klägerin ausdrücklich zugesteht. Damit besteht kein Anspruch auf die anwaltlichen Abmahnkosten. Denn entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung können diese im Prozess nicht als auf die Geschäftsgebühr anzurechnende Kosten geltend gemacht werden; sie sind nie entstanden."
Entsprechend hat der BGH bereits in seinem Urteil vom 12.04.1984 (I ZR 45/82) entschieden, dass ein Fachverband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Verfolgung der in seinem Gebiet auftretenden Wettbewerbsverstöße gehört, sich in personeller und sachlicher Hinsicht so ausstatten muss, dass sich für typische und durchschnittlich schwierige Abmahnungen die Einschaltung eines Rechtsanwalts erübrigt. Rechtsanwaltskosten des Verbandes für derartige Abmahnungen sind daher zur Wahrung der Interessen des Abgemahnten nicht erforderlich und deshalb auch nicht erstattungsfähig.
Update 7/2017
Mit Urteil vom 6.4.2017 (I ZR 33/16) hat der BGH entschieden, dass ein Fachverband keinen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten hat, sofern es sich (nur) typische und durchschnittlich schwierige Abmahnungen handelt. Dieses Urteil dürfte auch auf die Kfz Innungen übertragbar sein.
Update 8/2017
Die Kanzlei JuS hat daraufhin eine von der Kfz Innung Schwaben gegen einen von uns betreuten Mandanten erhobene Klage auf Zahlung von Abmahnkosten zurückgenommen. Wir nehmen an, dass die Kfz Innung Schwaben durch die Klagerücknahme der Gefahr eines Klage abweisendes Urteil entgehen wollte, denn dies wäre das „Aus“ der Abmahntätigkeit der Kanzlei JuS Schloms und Partner für die Kfz Innungen gewesen.
Fazit
Betroffene, die anwaltliche Abmahnungen von Kfz Innungen, sollten daher nicht voreilig die Flinte ins Korn werfen und den Forderungen, insbesondere den Zahlungsforderungen nachkommen. Zum einen handelt nicht jeder gewerblich, der mehrere Autos anbietet. Zum anderen besteht, selbst wenn ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, nach den Urteilen des BGH und des LG Düsseldorf kein Anspruch der Kfz Innungen auf Erstattung von Abmahnkosten.