Werbung mit jahrzehntelanger Unternehmensgeschichte

Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 15.10.2015 entschieden, dass die Werbung mit einer jahrzehntelangen Unternehmensgeschichte irreführend ist, wenn das Unternehmen mittlerweile aufgespalten ist und die beworbenen Leistungen von dem anderen Firmen-Bestandteil angeboten werden.

UnternehmerSachverhalt

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet von Ingenieurdienstleistungen. Die Unternehmen beider Parteien wurden von "A" (mit-)gegründet.

"A" eröffnete 1958 ein Ingenieurbüro; 1966 gründete er die Klägerin. 1977 übertrug A Anteile an der Klägerin an seine vier Söhne als weitere Kommanditisten. 2003 schied Sohn 3, 2007 schied A als Kommanditisten der Klägerin aus. 1988 gründete "A" gemeinsam mit Sohn 2 die Beklagte. 2007 schied auch Sohn 2 als Kommanditist bei der Beklagten aus. 2009 übertrug "A" seine Anteile im Wege vorweggenommener Erbfolge auf Sohn 3. "A" ist immer noch für die Beklagte als Vorsitzender des Beirats tätig.

Auf der Internetseite der Beklagten findet sich unter der Rubrik "A Geschichte" für das Jahr 1958 der Eintrag:

"Geburtsjahr der A Gruppe. In O1 gründet A sein erstes Ingenieur-Unternehmen."

In der nachfolgenden Aufstellung werden auch Daten und Projekte genannt, die vor dem Gründungsjahr der Beklagten liegen. Die Gründung der Klägerin wird nicht erwähnt. Unter der Rubrik "Die A Gruppe" heißt es, A habe mit der Gründung des Ingenieurbüros 1958 den Grundstein für den Aufbau einer weltweit operierenden Unternehmensgruppe gelegt. Seit der Gründung sei der Unternehmer "mit seiner A Gruppe" an Projekten in über 90 Staaten beteiligt.

Weiter heißt es:

"Heute sind wir mit über 800 Mitarbeitern auf vier Kontinenten permanent vertreten".

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte nehme die Geschäftstradition des Gründers A und der Klägerin zu Unrecht für sich in Anspruch und mahnte sie daher ab.

Entscheidung

Das OLG Frankfurt gab der Klägerin - anders als die Vorinstanz - insoweit Recht. Die Werbung der Beklagten mit einer jahrzehntelangen Unternehmensgeschichte sei irreführend, da bezüglich der Beklagte keine bis ins Jahr 1958 zurückgehende Unternehmenskontinuität vorliege. Daher sie die Werbrung der Beklagten irreführend und demzufolge wettbewerbswidrig:

"Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach §§ 3, 5 I Nr. 1, 8 I, III Nr. 1 UWG einen Anspruch auf Unterlassung, mit der Unternehmenshistorie des "Ingenieurbüros X" zu werben, wenn nicht klar erkennbar wird, dass die Beklagte ein von dem Ingenieurbüro und der Klägerin getrenntes Unternehmen ist.

Der Internetauftritt der Beklagten enthält in der Rubrik "A Geschichte" eine Chronologie der Unternehmenshistorie, die bis in das Jahr 1958 zurückreicht (...).

Das Datum 1958 ist mit der Angabe "Geburtsjahr der A Gruppe ..." versehen. Für die Folgejahre werden Großprojekte des Gründers A aufgelistet. Neben der Jahreszahl 1988 findet sich die Angabe "Die A GmbH & Co. ... KG (A) wird gegründet. ...." Die nachfolgenden Daten beziehen sich - zumindest teilweise - auf Projekte der Beklagten.

Diese Angaben sind irreführend, weil sie im Gesamtkontext (...) den Eindruck erwecken, es gäbe nur eine A Gruppe, nämlich die zur Beklagten gehörige Unternehmensgruppe. Durch den einheitlichen Zeitstrahl wird eine kontinuierliche Unternehmensentwicklung suggeriert, bei der die Beklagte unmittelbar aus dem Ingenieurbüro des Gründers hervorgegangen ist. Dieser Eindruck entspricht nicht den Tatsachen. Denn aus dem Ingenieurbüro entwickelte sich zunächst die im Jahr 1966 gegründete Klägerin, die als eigenständige Unternehmensgruppe nach wie vor besteht. Dies wird in der Historie der Beklagten verschwiegen.(...)

In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass ein aus dem alten Unternehmen ausgeschiedenes Familienmitglied bei Neugründung eines branchengleichen Geschäfts auf die Tradition des Familiennamens und die Leistungen des Gründers hinweisen darf, wenn eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich lediglich um eine Namens- und nicht etwa um eine Geschäftstradition handelt (...). Dies muss erst recht gelten, wenn wie im Streitfall der Gründer für die Beklagte noch tätig ist. Die Beklagte beschränkt sich jedoch nicht darauf, auf die Referenzen ihres Gründers hinzuweisen, sondern suggeriert, sie sei das (einzige) Nachfolgeunternehmen.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.10.2015, Az.: 6 U 167/14