Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 9. Juli 2015 entschieden, dass ein Amazon Verkäufer wettbewerbswidrig handelt, wenn mittels Emails, die durch die Weiterempfehlungsfunktion von Amazon versandt werden, für seine Angebote auf Amazon gegenüber Dritten geworben wird und die Empfänger zuvor nicht in den Erhalt solcher Werbeemails eingewilligt haben.
Sachverhalt: Werbung für Amazon Angebote mittels Weiterempfehlungsfunktion
Die Parteien sind Wettbewerber. Sie vertreiben u.a. Sonnenschirme im Internet.
Das beklagte Unternehmen bot seine Sonnenschirme bei Amazon an. Amazon stellt eine Weiterempfehlungsfunktion bereit. Über diese können Amazon-Kunden Dritte mittels Email auf ein in der Email verlinktes Amazon Angebot aufmerksam machen. Auf diese Art und Weise konnten auch die von dem beklagten Unternehmen bei Amazon angebotenen Sonnenschirme weiter empfohlen werden.
Das klagende Unternehmen ist der Ansicht, dass dieses Vorgehen wettbewerbswidrig ist, weil es sich um Werbung gegenüber Empfängern handelt, die in den Erhalt von Werbung jedoch nicht vorab eingewilligt haben. Die Beklagte ist dagegen der Ansicht, dass die von ihr als Amazon Verkäuferin technisch nicht zu beeinflussende Weiterempfehlungsfunktion keine ihr zuzurechnende Werbung beinhalte, sondern es lediglich um private Empfehlungen der die Weiterempfehlungsfunktion nutzenden Amazon-Kunden handele.
Da die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte.
Entscheidung Landgericht: Amazon Weiterempfehlungsfunktion unzulässig
Das Landgericht gab dem Antrag statt und verurteilte die Beklagte mittels einstweiliger Verfügung zur Unterlassung der weiteren Bewerbung ihrer Produkte mittels der Amazon Weiterempfehlungsfunktion an Kunden, die keine Einwilligung erteilt haben. Die Beklagte legte gegen das die Eilverfügung bestätigende Urteil Berufung ein.
Entscheidung Oberlandesgericht: bestätigt Wettbewerbswidrigkeit der Amazon Weiterempfehlungsfunktion
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Amazon Verkäufer macht sich Funktion und Inhalt von Amazon Weiterempfehlungsfunktion zu Eigen
Ebenso wie das Landgericht ist auch das Berufungsgericht der Ansicht, dass die Beklagte sich als Amazon Verkäuferin die Funktion und Angaben der Weiterempfehlungsfunktion zu Eigen und sich diese daher zurechnen lassen müsse. Ein Amazon Verkäufer sei verpflichtet, seine Amazon-Angebotsseite auf Wettbewerbsverstöße hin zu kontrollieren und müsse solche abstellen oder bei Amazon auf eine Änderung der Angaben hinwirken.
Amazon Weiterempfehlungs-Email ist Werbung des Amazon Verkäufers
Das vom Email-Empfänger nicht vorab gebilligte Übersenden einer Weiterempfehlungs-Email über die Weiterleitungsfunktion sei wettbewerbswidrig. Eine so versandte Empfehlungs-Email stelle unverlangt zugesandte Werbung des Amazon Verkäufers dar. Die unverlangte Zusendung von Werbung sei wegen unzumutbarer Belästigung im Sinne von § 7 UWG wettbewerbswidrig und daher zu unterlassen. Die Weiterempfehlungs-Email enthalte - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch Werbung der beklagten Amazon Verkäuferin, da sie die von der Beklagten zum Verkauf angebotenen Sonnenschirme mit ihrem Produktnamen abbildet und auf die Produktangebotsseite der Beklagten verlinkt. Mit dem Aufrufen des Links wird die Beklagte als werbende Anbieterin auch erkennbar.
Ohne Belang sei, dass die Empfehlungs-Email nicht von der Beklagten selbst, sondern von einem Amazon-Kunden versendet wird. Der Versand der Email gehe nämlih auf die gerade zu diesem Zweck von der Beklagten genutzte Weiterempfehlungsfunktion zurück. Unerheblich sei ferner, dass die Beklagte den Missbrauch der Weiterempfehlungsfunktion nicht in Kauf nehmen will. Es ist offensichtlich, dass die Weiterempfehlungsfunktion gerade zum Versenden von Weiterempfehlungs-Emails an Dritte genutzt wird, ohne dass gewährleistet ist, dass Empfänger solcher Emails sich mit deren Erhalt ausdrücklich einverstanden erklärt haben.
OLG Hamm, Urteil vom 9.7.2015, Az: 4 U 59/15
Hinweis
Der BGH hatte bereits 2013 (BGH, Urteil vom 12. 9. 2013, I ZR 208/12 "Empfehlungs-E-Mail") entschieden, dass auch die durch Dritte veranlasste Zusendung von Empfehlungs-Email durch ein Unternehmen eine unzulässige und daher wettbewerbswidrige Emailwerbung darstellt.