Preisanpassungsklausel ohne Billigkeitskontrolle unwirksam

Preisanpassungsklausel ohne Billigkeitskontrolle unwirksam

Das OLG Rostock hat mit Beschluss vom 10.06.2015 eine Preisanpassungsklausel in AGB für unwirksam und wettbewerbswidrig erachtet, da diese keinen ausreichenden Hinweis auf die gesetzlich vorgeschriebene Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB enthielt.

Sachverhalt: Preisanpassungsklausel in AGB

Die Antragsgegnerin ist ein Stromversorgungsunternehmen. In Ziff. 7.2 ihrer AGB befanden sich Vereinbarung zum Komplettpreis für die Stromversorgung. Die Klausel lautete wie folgt:

"7.2 Vereinbarungen mit Komplettpreis nach Ziffer 6.1:

X ist verpflichtet, die Preise - mit Ausnahme der gesetzlich vorgeschriebenen Strom- bzw. Erdgassteuer sowie Umsatzsteuer nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anzupassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preisanpassung erfolgt, wenn sich die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilnetzes für X ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer verändertem Kostensituation führen.

X ist verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung tragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen. Änderungen der Preise sind nur zum Monatsersten möglich und werden wirksam, wenn X dem Kunden die Änderungen spätestens sechs Wochen vor dem geplanten Wirksamwerden in Textform und unter Angabe von Anlass und Umfang der Preisänderung mitteilt.

Ist der Kunde mit der mitgeteilten Preisanpassung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. X wird dem Kunden im Fall einer Preisanpassung auf dieses Kündigungsrecht in Textform gesondert hinweisen. Weitere vertragliche und gesetzliche Kündigungsrechte bleiben hiervon unberührt."

Die Antragstellerin war der Ansicht, die Preisanpassungsklausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei daher zugleich wettbewerbswidrig.

OLG Rostock: Preisanpassungsklausel irreführend und wettbewerbswidrig

Auch das Gericht hielt die Preisanpassungsklausel für irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Rechtsposition von Kunden sei in Ziff. 7.2 unklar geregelt, da kein Hinweis auf die in § 315 Abs. 3 BGB enthaltene gerichtliche Kontrolle erfolge.

§ 315 Abs. 3 BGB lautet wie folgt:

"Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; (...)".

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH wies das Gericht darauf hin, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot bereits dann vorliege, wenn eine AGB Klausel durch die nicht hinreichend deutlich herausgestellte Möglichkeit einer Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB die Rechtslage irreführend darstelle und es dem Verwender dadurch ermöglicht wird, begründete Ansprüche von Kunden unter Hinweis auf die hier getroffene Regelung abzuwehren.

"Die in Rede stehende Preisanpassungsklausel verweist zwar darauf, dass die Festlegung der Preisänderung durch die Antragsgegnerin nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, lässt aber an keiner Stelle erkennen, dass sich aus der Anwendbarkeit der Billigkeitsgrundsätze irgendwelche besonderen Rechte der Kunden ergeben, insbesondere wird der fehlende Hinweis über die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle dazu führen, dass der durchschnittliche, nicht juristisch vorgebildete Kunde angesichts einer vorgenommenen Preiserhöhung nicht wissen wird, dass es die in § 315 Abs. 3 BGB vorgesehene Möglichkeit gibt. (...)

Dem kann vorliegend auch nicht entgegengehalten werden, dass § 307 BGB keine besonderen Belehrungen über die Möglichkeiten der gerichtlichen Kontrolle gebiete (...) Jedenfalls im vorliegenden Fall kommt zum anderen jedoch dazu, dass sich ein Bedürfnis nach der zusätzlichen Belehrung aus der sonstigen Gestaltung der Klausel ergibt. Denn durch die im hinteren Teil der Klausel durch Fettdruck hervorgehobene Möglichkeit des Kunden, bei fehlendem Einverständnis mit der Preisanpassung den Vertrag fristlos zu kündigen, stellt sich die Gesamtregelung aus Sicht des nicht rechtskundigen Kunden so dar, dass dies die einzige Möglichkeit darstellt, gegenüber der Antragsgegnerin bei fehlendem Einverständnis mit der Preisanpassung zu reagieren. Die nicht genannte Möglichkeit, weitergehende Rechte gegenüber der Antragsgegnerin unter Beibehaltung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen, wird er der Regelung - gerade auch wegen der Hervorhebung der Möglichkeit, den Vertrag zu beendigen - nicht entnehmen können (...)."

OLG Rostock, Beschluss vom 10.06.2015, Az.: 2 W 8/15

Fazit: Vorsicht bei Preisanpassungsklauseln in AGB

Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der hohen Anforderungen der Rechtsprechung ist es fast unmöglich, Preisanpassungsklauseln zu formulieren, die einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln in AGB ist ferner zu bedenken, dass nach der jüngeren Rechtsprechung unwirksame AGB zugleich Wettbewerbsverstöße darstellen. Sind Preisanpassungsklauseln intransparent, ist es dem Verwender als nicht nur verwehrt, sich auf diese Klausel gegenüber Kunden zu berufen, sondern es drohen auch kostspielige Abmahnungen durch Wettbewerber und Wettbewerbsvereine.