Urheberrecht: Fotos auf spanischer Webseite und FB-Post

Webdesignerin sitzt an einem iMac und erstellt eine Facebook-Seite

Wann wird deutsches Urheberrecht verletzt? Diese Frage ist insbesondere für international tätige Unternehmen und Agenturen, die (auch) fremdsprachige Websites betreiben oder erstellen, von erheblicher Bedeutung. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich bestimmte Fotografen und ihre deutschen Anwaltskanzleien darauf spezialisiert haben, ausländische Unternehmen massenhaft abzumahnen und Ansprüche nach deutschem Urheberrecht geltend zu machen. Das AG München hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Verwendung von Fotos auf einer spanischen Website bzw. in Facebook-Posts, die sich nicht an ein deutsches Publikum richten, keine Verletzung des deutschen Urheberrechts darstellt.

Sachverhalt: Fotos auf spanischer Webseite, Facebook und Instagram

In diesem Fall klagte ein deutsches Unternehmen, das auf die Verwertung von Nutzungsrechten an Architekturfotografien spezialisiert ist, gegen ein spanisches Unternehmen. Das spanische Unternehmen hatte ohne Erlaubnis zwei Fotos des deutschen Unternehmens auf seiner Website und in sozialen Medien wie Facebook und Instagram verwendet. Die Website und die Beiträge in den sozialen Medien des spanischen Unternehmens waren jedoch ausschließlich in spanischer Sprache verfasst und richteten sich ausschließlich an spanische Kunden. Auch die Mitarbeiter des spanischen Unternehmens sprachen nur Spanisch und das Unternehmen hatte keine Kunden in Deutschland.

Das deutsche Unternehmen machte geltend, dass die Verwendung der Fotos ohne seine Zustimmung eine Verletzung des deutschen Urheberrechts darstelle, da die Bilder in Deutschland über das Internet abrufbar seien. Es verlangte Schadensersatz und die Erstattung der Abmahnkosten.

Entscheidung: Bloße Abrufbarkeit von Fotos in Deutschland ⇒ keine Verletzung deutschen Urheberrechts

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Es stellte fest, dass deutsches Urheberrecht im vorliegenden Fall nicht verletzt worden sei. Zwar sei deutsches Recht grundsätzlich anwendbar, da die Fotos auch in Deutschland abrufbar seien, jedoch fehle es an einem ausreichenden Inlandsbezug. Das Gericht argumentierte, dass sich die spanische Website und die Beiträge in den sozialen Medien eindeutig nur an ein spanisches Publikum und nicht an deutsche Nutzer richteten. Allein die Tatsache, dass die Inhalte technisch auch in Deutschland abrufbar sind, reiche nicht aus, um eine Verletzung deutschen Urheberrechts zu begründen.

👉 Weitere Informationen zu "Urheberrecht und Inlandsbezug" findest du in diesem Beitrag: "Fotos im Internet: Wann wird deutsches Urheberrecht verletzt?"

Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Gerichts zur automatischen Übersetzung von Beiträgen auf Facebook. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass Facebook-Beiträge, die in Spanien in spanischer Sprache verfasst werden, in Deutschland automatisch in die Sprache des jeweiligen Nutzers, also in der Regel ins Deutsche, übersetzt werden. Das Gericht sah darin jedoch keinen ausreichenden Inlandsbezug. Es führte aus:

"Sofern die Klägerin ... ausführt, die Sprache auf Facebook sei in aller Regel die Sprache des Benutzers, also in Deutschland deutsch, so dass Personen die in Spanien etwas auf spanisch posten würden, zumindest billigend in Kauf nehmen würden, dass der Post im Ausland in die jeweilige Landessprache übersetzt wird, vermag auch dies nach Auffassung des Gerichts - selbst bei Zugrundelegung dieses Vortrags - nichts am mangelnden Inlandsbezug zu verändern. Denn selbst bei Zugrundelegung dieser Tatsache handelt es sich letztlich nur um eine technisch unvermeidbare Begleiterscheinung, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat.

Im Übrigen würde eine Bejahung des Inlandsbezugs infolge dieser Tatsache letztlich wiederum dazu führen, dass infolge der weltweiten Abrufbarkeit des Beitrags auf Facebook, nur der Inhaber weltweiter Nutzungsrechte Facebook insoweit ohne Risiko nutzen könnte. Dies hätte für den jeweiligen Nutzer kaum vorhersehbare und mitunter unangemessene Folgen. Gerade um dies zu vermeiden, verlangt die Rechtsprechung und die überwiegende Literatur mehrheitlich einen hinreichenden Inlandsbezug. Dieses Erfordernis würde aber gerade unterlaufen werden, würde man eine automatische Übersetzung durch etwaige Internetportale in die jeweilige Benutzersprache des Benutzers der Plattform ausreichen lassen, um diesen zu bejahen.“

Soweit ersichtlich, hat sich damit erstmals ein deutsches Gericht explizit zur Frage der automatischen Übersetzung von Social-Media-Inhalten und deren urheberrechtliche Implikationen geäußert. Nach Ansicht des AG München reichen solche technischen Vorgänge nicht (allein) aus, um einen spezifischen Bezug zu Deutschland (Inlandsbezug) und damit eine Verletzung des deutschen Urheberrechts zu begründen.

AG München, Urteil vom 23.08.2024, Az 161 C 12981/24

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Praxishinweis

Das Urteil verdeutlicht auch, dass die bloße technische Möglichkeit des Abrufs von Fotos auf Webseiten oder in Social Media Beiträgen in Deutschland nicht ausreicht, um Ansprüche nach dem deutschen Urheberrecht erfolgreich geltend zu machen. 📸🌍

Macht ein Rechteinhaber Ansprüche nach deutschem Urheberrecht geltend, ist zwar deutsches Urheberrecht anwendbar. Im Falle einer Klage hat das Gericht also die Bestimmungen des deutschen Urheberrechtsgesetzes der Prüfung zugrunde zu legen. ⚖️📜

Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob tatsächlich deutsches Urheberrecht verletzt wird. Das Gericht hat also zu prüfen, ob die beanstandete Nutzung einen Eingriff in die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) darstellt. 📚🔍

Hierfür ist entscheidend, ob sich die Website oder der Social-Media-Beitrag, in dem das Foto verwendet wurde, auch gezielt an Nutzer aus Deutschland richtet, also einen spezifischen Bezug zu Deutschland aufweist (Inlandsbezug). 🇩🇪💻

Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Maßgebliche Kriterien und Indizien sind: Sprache, Kontaktadresse, Währung, Kundenstamm, Liefergebiet, Art der Produkte und Dienstleistungen (Shop) oder Themen (redaktioneller Inhalt). 🛒✍️

📌Wie der vorliegende Fall zeigt: Die automatische Übersetzung fremdsprachiger Facebook-Beiträge ins Deutsche genügt nicht, führt also nicht zum erforderlichen Inlandsbezug.

Auch in folgenden Konstellationen haben Gerichte den erforderlichen Inlandsbezug verneint:

❌Fotos auf der Webseite einer südafrikanischen Anwaltskanzlei, die sich nicht an deutsche Nutzer richtet (OLG Hamburg, Beschluss vom 15.07.2021 - 5 W 13/21)
❌Produktbilder auf Webseiten in kyrillischer Schrift und den TLDs ru, ua, kz (LG Hamburg, Urteile vom 16.09.2022 - 310 O 442/20 / 310 O 443/20)
❌Fotos auf ausschließlich englischsprachiger Website mit com-TLD (AG Deggendorf, Urteil vom 09.02.2023 - 3 C 825/22)
❌Fotos in Blogs auf einem amerikanischen Blogging-Dienst mit de-TLD in den Sprachen Bahsa Indonesia, Französisch, Griechisch (LG Hamburg, Urteil vom 17.06.2016 - 308 O 161/13)

💼💰 Rechteinhaber, die Ansprüche nach deutschem Urheberrecht geltend machen wollen, sollten zunächst prüfen, ob die zu beanstandende Nutzung tatsächlich einen hinreichenden Bezug zu Deutschland aufweist. Ist dies nicht der Fall, wird aber dennoch abgemahnt, ist die urheberrechtliche Abmahnung unberechtigt. Im Falle einer unberechtigten urheberrechtlichen Abmahnung kann der Abgemahnte vom Rechteinhaber die Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten verlangen.

🚫✍️International tätige Webseitenbetreiber und Unternehmen, die eine Abmahnung wegen Verletzung deutschen Urheberrechts erhalten haben, sollten diese unbedingt anwaltlich überprüfen lassen. Insbesondere bei Sachverhalten mit Auslandsbezug stellt sich immer die Frage, ob tatsächlich deutsches Urheberrecht verletzt wird. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist weiter zu prüfen, ob die geltned gemachten Zahlungsansprüche der Höhe nach berechtigt sind. Auf keinen Fall sollte voreilig eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, denn bei einem Verstoß drohen hohe Vertragstrafen.