Das OLG Frankfurt hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Verwendung von "Sam" in einer Artikelbezeichnung in einem Internetangebot für eine Barbour-Jacke die Rechte an der für Bekleidungsstücke eingetragenen Marke "SAM" verletzt. Das Gericht verneinte in diesem Fall eine Markenrechtsverletzung. Diese Entscheidung dürfte viele Onlinehändler aufatmen lassen, die markenrechtlich geschützte Vornamen wie "Sam", "Frida" oder "Mo" als Modellbezeichnung verwenden. Ein Freibrief ist die Entscheidung des OLG Frankfurt allerdings nicht. Entscheidend ist immer die konkrete Ausgestaltung des Angebots und der Artikelbezeichnung.
Artikelüberschrift: "Barbour Barbour Heritage - Steppjacke mit Druckknöpfen Modell 'Sam' - Olivgrün"
Die Beklagte bot in ihrem Online-Shop eine Jacke der Marke Barbour an. In der Artikelüberschrift hieß es: "Barbour Barbour Heritage - Steppjacke mit Druckknöpfen Modell 'Sam' - Olivgrün".
Die Klägerin, Inhaberin der für Bekleidungsstücke eingetragenen Marke "SAM", sah darin eine Markenverletzung. Die Beklagte war der Ansicht, der Verkehr verstehe "Sam" in der Artikelüberschrift als reine Modellbezeichnung und nicht als Herkunftshinweis. Sie weigerte sich daher, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben.
Die Klägerin beantragte daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte.
OLG Frankfurt: "Sam" in der Artikelüberschrift ist keine Markenrechtsverletzung
Sowohl das LG als auch das OLG Frankfurt am Main verneinten eine Markenrechtsverletzung, da "Sam" in der Artikelüberschrift nicht "markenmäßig", also nicht als Herkunftshinweis verwendet werde. Sie verwiesen insoweit auf die Rechtsprechung des BGH zu "MO" und "SAM".
Markenverletzung - Kennzeichnungsgewohnheiten entscheidend
"Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist insbesondere auszugehen, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen sieht (...). Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Verkehrsauffassung wird durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt. Abzustellen ist außerdem auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere auf die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden. Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten (....)."
Markenmäßige Benutzung - Gesamtangebot entscheidend
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Frage, ob Bezeichnungen wie "SAM", "MO", "FRIDA" bei Verkaufsangeboten im Internet markenmäßig benutzt werden, das Angebot in seiner Gesamtheit zu prüfen:
"Geht es um eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten im Internet, kommt es auf die konkreten Umstände der Verwendung an. Dabei ist das Angebot in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen (....). Insbesondere ihre Hervorhebung oder blickfangmäßige Herausstellung kann für eine markenmäßige Verwendung sprechen (...). Erforderlich ist, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt."
Nur Modellbezeichnung oder auch Marke - Artikelüberschrift entscheidend
Aufgrund der Gestaltung der Artikelüberschrift verneinten die Gerichte im vorliegenden Fall eine markenmäßige Benutzung der Angabe "SAM":
"In dem vorliegenden Angebot wird „Sam“ als Modellbezeichnung, nämlich als Bezeichnung der angebotenen Steppjacke aus dem Hause Barbour verstanden. Dies ergibt sich zwanglos aus dem Kontext („Steppjacke mit Druckknöpfen Modell ‘Sam‘ ... “). Bei dieser Art der Gestaltung erkennt der angesprochene Verkehr, dass „Sam“ das konkrete Kleidungsmodell bezeichnen soll während „Barbour“ als Dachzeichen für eine ganze Modellreihe steht."
Damit ist die Frage noch nicht beantwortet, ob der Verkehr in der Bezeichnung zugleich einen Herkunftshinweis sieht. Hierfür reicht es nach der Rechtsprechung des BGH im Bekleidungssektor nicht aus, dass die Modellbezeichnung originär unterscheidungskräftig ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend verstanden wird. Es genügt für sich genommen auch nicht, dass der Verkehr allgemein und im Bekleidungssektor im Besonderen an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt ist. Denn im Modebereich sieht der angesprochene Verkehr nach Ansicht des BGH häufig in der Herstellerangabe den alleinigen Herkunftshinweis (...). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Herstellerangabe - wie hier - vorangestellt oder in besonderer Weise hervorgehoben ist. Wird in einem Angebot für Bekleidungsstücke neben der Herstellerangabe ein weiteres Zeichen als Modellbezeichnung verwendet, kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine solche Modellbezeichnung ebenfalls als Herkunftshinweis verstanden wird. Dies hängt vielmehr von der konkreten Art der Verwendung und der Angebotsgestaltung ab.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann nicht angenommen werden, dass der von dem Internetangebot … angesprochene Durchschnittsverbraucher in der Modellbezeichnung „Sam“ zugleich einen Herkunftshinweis im Sinne einer Zweitmarke sieht. Es fehlt an einer markentypischen Hervorhebung. Der Verkehr geht daher nicht davon aus, dass die Bezeichnung „Sam“ neben der Dachmarke eingesetzt wird, um das konkrete Jackenmodell zusätzlich der Herkunft nach zu kennzeichnen. Die Modellbezeichnung nimmt weder am Blickfang teil noch ist sie anderweitig hervorgehoben. Sie reiht sich vielmehr in eine zahlreiche Informationen enthaltende Unterüberschrift ein. Der Umstand, dass die Modellbezeichnung Teil einer Angebotsüberschrift ist und ein räumlicher Zusammenhang zu einer bekannten Herstellerangabe (Barbour) besteht, genügt für sich genommen nicht (...). Der Zusammenhang zu dem Dachzeichen wird vorliegend durch den eingeschobenen Beschreibungstext („... Heritage - Steppjacke mit Druckköpfen Modell ...- Olivgrün“) inhaltlich aufgehoben. Ein Verständnis als Zweitmarke lässt sich bei dieser Sachlage nicht hinreichend sicher feststellen. Anders wäre möglicherweise zu entscheiden, wenn „Sam“ in Großbuchstaben oder durch Fettdruck hervorgehoben wäre.“
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.02.2021, Az. 6 W 10/21
Praxishinweis: "Es kommt darauf an"...
Die Entscheidung zeigt, dass nicht jede Benutzung einer fremden Marke stets eine Markenrechtsverletzung darstellt. Vielmehr ist stets zu prüfen, ob der Verkehr aufgrund der konkret Benutzung des Zeichens Grund zu der Annahme hat., dass es sich bei dem Zeichen um eine Marke handelt. Dies ist dann der Fall, wenn der Verkehr in dem Zeichen einen Hinweis auf den Hersteller der Ware sieht.
In der Bekleidungsbranche werden häufig Vornamen wie Sam oder Frida als Modellbezeichnung verwendet. Viele Online-Händler ahnen nicht, dass auch Vornamen wie Sam, Mo und Frida als Marke geschützt werden können. Umso erstaunter sind sie, wenn sie eine Abmahnung wegen der Verletzung der Marke "SAM" oder eine Abmahnung wegen der Verletzung der Marke "FRIDA" erhalten, weil sie Sam oder Frida in als Modellbezeichnung in Artikelüberschriften verwenden.
Wie die Entscheidung des OLG Frankfurt in Sachen "SAM" zeigt, ist nicht jede Markenabmahnung berechtigt. Unberechtigte Markenabmahnungen können zurückgewiesen werden. Zudem muss der Abmahnende dem zu Unrecht Abgemahnten die Kosten der Rechtsverteidigung erstatten. Eine Markenabmahnung kann also für Abmahner zum Bummerang werden.
Haben auch Sie eine Abmahnung wegen der Verletzung von Marken, insbesondere von "SAM“, "Mo" oder "Frida" erhalten? Dann können Sie mir das Abmahnschreiben gerne per E-Mail (
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz Denise Himburg – Ihre Markenanwältin mit mehr als 20 Jahren praktischer Erfahrung im Markenrecht.