LG Berlin: Haftung bei dynamischen Google Suchanzeigen

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Bild von Maicon Fonseca Zanco auf Pixabay

Bei dynamischen Google Suchanzeigen wird der Anzeigentitel nicht manuell erstellt, sondern von Google vollautomatisch konzipiert und ausgespielt. Werbetreibende sparen sich also Zeit und Aufwand, gehen jedoch auch erhebliche rechtliche Risiken ein. Denn enthalten die automatisch generierten Google Ads im Anzeigentitel fremde Marken oder irreführende Angaben, haftet der Werbetreibende als Täter wegen Markenrechtsrechtsverletzung oder Wettbewerbsverstoß. Dies hat das Landgericht Berlin in einem Eilverfahren bestätigt.

Sachverhalt: Irreführende dynamische Keywords in GoogleAd Anzeige

Die Parteien vertreiben Stand Up Paddle (SUP) Boards über das Internet. Der Antragsteller stellte fest, dass bei der Eingabe des Begriffs „xy SUP“ in die Google Suchmaschine eine auf die Webseite der Antragsgegnerin hinweisende GoogleAd Anzeige erschien, dessen Anzeigentitel den Begriff „xy SUP enthielt, obwohl die Antragsgegnerin tatsächlich keine "xy SUP Boards" anbot.

Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin wegen irreführender Werbung ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Erstattung von Abmahnkosten auf. Die Antragsgegnerin teilte mit, nicht sie, sondern Google habe den Begriff "xy" im Anzeigentitel angeführt, sie würde daher nicht haften.

Die Antragsgegnerin wurde darauf hingewiesen, dass sie auch für Handlungen von Google hafte, wenn sie automatisch generierte GoogleAds schalten lasse. Da die Antragsgegnerin auch daraufhin keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, beantragte der Antragsteller beim LG Berlin den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Gericht erließ diese wie beantragt.

LG Berlin: Unternehmen haften für irreführende dynamische Kexwords in GoogleAd Anzeigen

Das LG Berlin verurteilte die Antragsgegnerin es zu unterlassen, ihre Google AdWords-Kampagne so einzurichten, dass bei Eingabe der Suchbegriffe „xy SUP kaufen" und/oder „SUP xy" in die Google Suchmaschine eine auf die Webseite der Antragsgegnerin hinweisende GoogleAd Anzeige erscheint, dessen Anzeigentitel die Begriffe „xy SUP" enthält, solange sie tatsächlich keine "xy SUP Boards" anbietet.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die beanstandete Google Werbeanzeige irreführend im Sinne von § 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist:

"Danach ist eine Werbung irreführend und damit unlauter, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie u.a. die Verfügbarkeit enthält. Entscheidend ist das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise.

Die streitgegenständlichen Werbeanzeigen der Antragsgegnerin sind als irreführend zu bewerten, weil sie geeignet sind, bei dem angesprochenen Publikum (...) eine relevante Fehlvorstellung über die Verfügbarkeit und Qualität des über diesen Link er reichbaren Warenangebots hervorzurufen. Die Werbung erscheint als Anzeige, wenn ein Interessent bei (...) Google die Suchbegriffe „xy SUP kaufen" und/oder „SUP xy" eingibt. Ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs erwartet aufgrund des Inhalts dieser Anzeige und aufgrund seiner Präsentation, dass die Antragsgegnerin auf der über diesen Link erreichbaren Internet-Seite auch SUP Boards aus dem Hause des Antragstellers anbietet, was tatsächlich aber nicht zutrifft. Denn ein Verbraucher, der über die Google-Suchmaschine einen ihm als solchen bekannten Markennamen eingibt, will naturgemäß Informationen oder Angebote zu diesem spezifischen Produkt finden (...). Diese Erwartungshaltung wird durch die Gestaltung der streitbefangenen Werbeanzeige verstärkt. Sie enthält in der farblich und in der Schriftgröße hervorgehobenen Überschrift den Hinweis auf das Zeichen "xy".

Die irreführende Werbung der Antragsgegnerin ist geeignet, die Verbraucher zum Aufsuchen der verlinkten Internet-Seite und damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten (…).“

Werbende Unternehmen haftet als Täter für irreführende dynamische GoogleAds

Zudem bejahte das Gericht die Haftung der Antragsgegnerin als Täterin. Täter sind - anders als Störer- neben Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten auch zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Die Haftung als Täter besteht ungeachtet dessen, ob der Werbende die Anzeige selbst erstellt hat oder Google mit der Erstellung von dynamischen GoogleAd Anzeigen beauftragt hat:

"Dahinstehen kann, ob sie die gegenständliche Google-Anzeige selbst erstellt oder Google mit der Erstellung auf Grundlage dynamischer Keywords beauftragt hat. Denn ihr Verhalten ist adäquat kausal für eingetretene Irreführung.

Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand der Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt. (…)

Mit der Nutzung des Anzeigenangebots von Google lässt die Antragsgegnerin im eigenen Namen eine Werbeanzeige veröffentlichen, obwohl sie - im Fall von dynamischen KeyWords - deren inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil Google den konkreten Inhalt des Anzeigentitels erstellt. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt - wie dem objektiven Betrachter im Vorhinein ohne Weiteres erkennbar ist - im Falle der Hinzufügung einer Marke eines Dritten, die die Antragsgegnerin nicht im Angebot hat, zum irreführenden Gehalt der Werbeanzeige. Bei wertender Betrachtung liegt es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zu Wettbewerbsverstößen oder Markenrechtsverletzungen kommt, da Google in den vorgelegten Nutzungsbedingungen sogar auf ein solches Risiko hinweist (vgl. Seite 19 der Antragsschrift), so dass eine rechtsverletzende Werbung nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe.“

LG Berlin, Beschluss vom 02.06.2022, AZ 52 O 226/22

Der Antragsteller wurde von Frau Rechtsanwältin Denise Himburg außergerichtlich und gerichtlich vertreten. Die Antragsgegnerin hat die Eilverfügung des LG Berlin als endgültige Regelung anerkannt und sämtliche außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten erstattet.

Praxistipp:

Dynamische Google Suchanzeigen bergen erhebliche rechtliche Risiken. Denn hier bestimmt nicht der Werbende den Wortlaut des Anzeigentitels, sondern dieser wird von Google automatisiert u.a. anhand der Suchanfrage des Werbenden generiert. Dies birgt die Gefahr, dass eine bei Google als Suchbegriff eingegebene fremde Marke im Anzeigentitel der Google Suchanzeige erscheint. Dies stellt eine Markenrechtsverletzung dar, es drohen daher Markenabmahnungen und Schadensersatzforderungen. Zwar kann man auch bei dynamischen Google Ads bestimmte Suchwörter ausschließen. Aber wer kennt schon alle Marken der Konkurrenz ...?

In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall ging es um wettbewerbswidrige Irreführung, da das als Keyword genutzte Zeichen noch nicht als Marke für den Antragsteller eingetragen war. Selbstverständlich ist die Entscheidung des LG Berlin auch auf marken- und kennzeichenrechtsverletzende Keywords übertragbar.

Werden auch Ihre Marken, Firma oder irreführende Angaben in Google Suchanzeigen Dritter genutzt?
Oder haben Sie eine Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung erhalten? Ich berate auch Sie gerne
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Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz Denise Himburg – Ihre Markenanwältin mit mehr als 20 Jahren Praxiserfahrung im Markenrecht.