Darf man in einer Bewertung Namen nennen?

Schlechte Bewertung auf Google
Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay

Es kann schnell passieren: Sie arbeiten in einem Café, Supermarkt oder einem anderen Job mit Kundenkontakt und haben einen schlechten Tag erwischt. Ein Kunde betritt den Laden und Sie können es ihm einfach nicht recht machen. Sie verlieren die Beherrschung und der Kunde verlässt den Laden. So weit, so schlecht. Doch was ist, wenn der Kunde nicht nur verärgert den Laden verlässt und schwört, "nie wieder zu kommen", sondern zu Hause am PC sitzt, eine negative Google-Bewertung im Profil Ihres Arbeitgebers hinterlässt und dabei auch noch Ihren Namen verwendet, den er auf Ihrem Namensschild abgelesen hat? In diesem Beitrag erklären wir, ob Ihre Rechte möglicherweise verletzt werden und wie Sie sich dagegen wehren können.

Datenschutz: Grundlagen

Das Datenschutzrecht ist ein Rechtsgebiet, das den Schutz personenbezogener Daten in den Fokus stellt. Es basiert auf dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung:

„Jede Person hat das Recht zu entscheiden, in welchem Umfang und inwiefern persönliche Daten preisgegeben werden."

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ergibt sich aus Artikel 1 Absatz 1 (Unantastbarkeit der Menschenwürde) und Artikel 2 Absatz 1 (Freie Entfaltung der Persönlichkeit) des Grundgesetzes und bildet somit die grundrechtliche Grundlage für den Datenschutz. Im europäischen Recht gibt es sogar einen expliziten Artikel, der den Schutz personenbezogener Daten vorschreibt. Artikel 8 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh):

„Jede Person hat das Recht auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten.“

Seit dem 25. Mai 2018 gilt in Europa die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Obwohl sie auf europäischer Ebene erlassen wurde, gilt sie unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten, also auch in Deutschland. Die DSGVO enthält die zentralen Regelungen des Datenschutzrechts in Deutschland.

Die DSGVO garantiert zahlreiche Rechte in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten:

DSGVO: Darf man Namen in einer Online-Bewertung angeben?

Wird ein Name in einer Bewertung angegeben, ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet, gilt diese für die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten.

Ohne Zweifel gehört ein Name zu den personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Danach sind:

"personenbezogene Daten" alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden "betroffene Person") beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, .... identifiziert werden kann;“

Geschützt ist sowohl der Vorname als auch der Nachname. Wird Vorname und Nachname genannt, ist die Zuordnung zu einer bestimmten Person klar. Aber auch nur die Nennung eines Vornamens oder Nachnamens in einer Bewertung in einem Unternehmensprofil kann dazu führen, dass dem Arbeitgeber, anderen Mitarbeitern oder Angehörigen und Freunden klar ist, welche Person gemeint ist.

Durch die Nennung eines Namens in einer Online-Bewertung wird der Name auch im Sinne der DSGVO „verarbeitet“. Nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO bezeichnet:

"Verarbeitung" jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;Da die DSGVO bei der Namensnennung in einer Bewertung daher anwendbar ist, kann sich die namentlich benannte Person grundsätzlich auf das Recht auf Löschung nach Art. 17 DSGVO berufen. Möglich wäre insofern zu verlangen, dass der Name aus der Bewertung oder die gesamte Bewertung gelöscht wird.

Ob Betroffenen jedoch tatsächlich ein Recht auf Löschung zusteht, muss stets im Einzelfall genau geprüft werden. Es gibt nicht "die eine Lösung für alle Fälle".

DSGVO und Datenschutz bei Online-Bewertungen: Einzelfall maßgeblich

Bisher gibt es nur wenige gerichtliche Entscheidungen zu diesem Thema. Das Landgericht Essen und das OLG Hamm (Berufungsinstanz) haben sich jedoch bereits mit einer solchen Konstellation befasst.

Was war geschehen?

Die dortige Klägerin arbeitete in einem Café. Im Google Business Profil dieses Cafés erschien eines Tages folgende Google-Bewertung eines Nutzers:

"Ich bin hier immer zum fruhstücken und sonst auch immer zufrieden und finde das Team sehr nett. Aber wurde heute so unfreudlich "bedient" von Frau XY (...). Nicht schön in einer Bäckerei zu arbeiten aber Menschen derart unfreundlich zu behandeln.“

In der Bewertung wurde der Nachname der Mitarbeiterin genannt. In der Bäckerei war die Klägerin die einzige Mitarbeiterin mit diesem Nachnamen. Man ahnt es: Die Mitarbeiterin war alles andere als erfreut darüber, dass ihr Name in der negativen Bewertung genannt wurde. Sie bat Google daher, die Bewertung zu entfernen und berief sich dabei auf Art. 17 DSGVO, der wie folgt lautet:

"Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:
a) (…)
d) Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet."

Nachdem Google nicht reagiert hatte, erhob die Mitarbeiterin Klage gegen Google. Einerseits forderte sie die Löschung ihres Namens aus der Bewertung, hilfsweise die Löschung der gesamten Bewertung. Zudem verlangte sie eine Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 500,- EUR gemäß Art. 82 DSGVO.

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Klägerin verliert in beiden Instanzen gegen Google

Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg: Sowohl vor dem Landgericht Essen (Urteil vom 29.10.2020, Az.: 4 O 9/20) als auch vor dem OLG Hamm (Urteil vom 29.06.2021, Az.: I-4 U 189/20) verlor die klagende Mitarbeiterin. Nach Ansicht der Richter rechtfertigte die Meinungsfreiheit der Verfasserin und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit in diesem Fall die Nennung des Namens der Mitarbeiterin.

Wie begründeten die Richter das Urteil?

Datenschutz darf Meinungsfreiheit nicht aushebeln

Die Richter betonten zunächst die große Bedeutung der Meinungsfreiheit, die auch im Datenschutzrecht zu berücksichtigen ist. Daher besteht nach Art. 17 Abs. 3 lit. a) DSGVO kein Anspruch auf Löschung, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich ist. Die Namensnennung muss also erforderlich sein.

Art. 17 Abs. 3 lit. a) DSGVO soll verhindern, dass die freie Meinungsäußerung und Information, die eine essentielle Grundlage der Demokratie bilden, unter Berufung auf den Datenschutz ausgehebelt werden.

Namensnennung allein begründet nicht automatisch Löschung

Die Richter stellten sodann klar, dass sich ein Anspruch auf Löschung nicht automatisch aus dem Umstand ergebe, dass personenenbezogene Daten berührt sind, d.h. der Name in der Bewertung genannt wird. Vielmehr müsse im Rahmen einer umfassenden Abwägung ermittelt werden, welche der zu berücksichtigenden Grundrechte überwiegen, OLG Hamm:

"... dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht ist, sondern … gegen andere Grundrechte abgewogen werden muss (…). Diese Grundrechtsabwägung ist auf der Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person einerseits, der Grundrechte der Beklagten [Google], der Interessen ihrer Nutzer und der Öffentlichkeit sowie der Grundrechte der Rezensenten andererseits umfassend vorzunehmen."

Welche Grundrechte sind bei der Interessenabwägung einzustellen?

Da die DSGVO europäisches Recht, sind die sog. Unionsgrundrechte maßgeblich. Die Unionsgrundrechte schützen grundsätzlich nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen, also auch Google.

Grundrechte der in der Bewertung namentlich benannten Person

Insofern kommen zwei Unionsgrundrechte in Betracht: Zum einen das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) und zum anderen das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung sowie der Kommunikation (Art. 7 GRCh).

Welches dieser Grundrechte betroffen ist, hängt von der Art der Tätigkeit des Mitarbeiters ab: Liegt eine Tätigkeit mit ausgeprägtem Öffentlichkeitsbezug vor, dann ist (nur) das Grundrecht nach Art. 8 GRCh betroffen. Ist das Verhalten des Mitarbeiters dem Bereich der Nicht-Öffentlichkeit zuzuordnen, kommt ein Schutz nach Art. 7 GRCh in Betracht.

Grundrechte des Verfassers, Rechte von Google, Informationsinteresse Dritter

Google kann sich auf das Recht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 GRCh) berufen. Die unternehmerische Freiheit gewährleistet die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen durch das Angebot von Waren und Dienstleistungen. Hierzu gehört auch das Betreiben eines Online-Dienstes (Local Listings) mit einer sog. Hosting-Plattform.

In die Abwägung sind auf Seiten von Google zudem die Grundrechte des Verfassers der Bewertung einzustellen. Insofern ist die Meinungsfreiheit berührt. Schließlich ist auf Seiten von Google auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit (Google Nutzer) zu berücksichtigen, welches durch Art. 11 GRCh geschützt ist. Man sieht: Google kämpft nicht nur für sich.

Abwägung hier: Meinungsfreiheit und Informationsinteresse wiegen schwerer

Im vorliegenden Fall kamen die Richter zu dem Schluss, dass das Recht auf Meinungsfreiheit der Verfasserin sowie das Informationsinteresse der Öffentlichkeit größeres Gewicht haben als das Grundrecht der betroffenen Café-Mitarbeiterin.

Dabei spielten folgende Überlegungen eine ausschlaggebende Rolle:

  • Auf Seiten der Mitarbeiterin war nur Art. 8 GRCh betroffen.
  • In der Bewertung wurde nur der Nachname genannt.
  • Bei der Bewertung handelte es sich um eine Meinungsäußerung (= Bewertung einer Serviceleistung als unfreundlich).
  • Diese Meinung war sachlich, fernab einer Schmähkritik.
  • Die Mitarbeiterin hatte nicht bestritten, dass sie "unfreundlich" war.
  • In der Bewertung wurde betont, dass das Team normalerweise stets freundlich ist und es sich um ein einmaliges Ereignis handelte.
  • Um zu vermeiden, dass der einmalige Ausrutscher auf das gesamte Team zurückfällt, wurde die betreffende Mitarbeiterin namentlich genannt.

OLG Hamm:

„Der Rezensentin steht es nach Art. 11 GRCh zu, die Klägerin als "unfreundlich" zu bewerten und dabei auch deren Nachnamen anzugeben. Dabei ist zunächst auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin keine Einwendungen dagegen erhebt, dass die Rezensentin ausführt, dass die Klägerin, in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ein Verhalten gezeigt hat, dass als "unfreundlich" empfunden werden kann. Für die vorliegende Entscheidung ist damit feststellbar, dass die Klägerin sich tatsächlich entsprechend verhalten hat. Die Rezensentin setzt dieses Verhalten in Relation zu den sonstigen Leistungen der Angestellten, die sie als "sehr sehr nett" bezeichnet. ... In Abgrenzung dazu - und zu der Leistung des sonstigen Servicepersonals - wird ein einmalig negatives Erlebnis der Rezensentin mit der Klägerin geschildert. Um diese einmalige "Schlechtleistung" nicht auf das gesamte Team zu beziehen, hat sich die Rezensentin in zulässiger Weise dazu entschieden, die Klägerin - im Rahmen ihrer öffentlichen ausgeübten beruflichen Tätigkeit - namentlich zu bezeichnen.

Die Entscheidung wäre ggf. anders ausgegangen, wenn Vor- und Nachname genannt worden wäre, die Klägerin geltend gemacht hätte, sei sei gar nicht unfreundlich gewesen oder die Verfasserin hätte Anlass für das unfreundliche Verhalten gegeben. 

Ob die Nennung eines Namens im Rahmen einer Google-Bewertung rechtmäßig erfolgt, ist daher anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Abwägung kann in einem Fall für Google ausgehen, in einem anderen gegen Google ausgehen. In diesem Fall entschied das OLG Hamm, dass die Grundrechte der Verfasserin überwiegen und der namentlich benannten Mitarbeiterin kein Anspruch auf Löschung zusteht.

Namensangabe in Google-Bewertungen: Was können Betroffene tun?

Gegen wen vorgehen - Google oder den Verfasser?

Betroffene, deren Namen in einer Bewertung angegeben werden, können sowohl gegen Google als auch gegen den Verfasser oder gegen beide vorgehen. Betroffene sind nicht verpflichtet, erst gegen den Verfasser vorzugehen, zumal dieser häufig nicht bekannt sein wird. Bei Anlegung eines Google Accounts kann als Profilname auch ein Synonym gewählt werden.

Betroffene können eine Bewertung gegenüber Google selbst über das vorgesehene Antragsformular einreichen. Falls der Verfasser der negativen Bewertung bekannt ist, kann der Betroffene auch diesen dazu auffordern, die Bewertung bzw. den Namen zu löschen.

Sollten weder Google noch der Verfasser den Namen bzw. die Bewertung löschen, können Betroffene den Anspruch auf Löschung nach Art. 17 DSGVO vor den Zivilgerichten einklagen. Zusätzlich kann bei der Datenschutzbehörde in Hamburg eine Beschwerde gegen Google eingereicht werden. Die Bearbeitungsdauer kann jedoch mehrere Monate betragen.

Bewertung selbst beanstanden oder Anwältin beauftragen?

Erfahrungen zeigen, dass die Erfolgschancen bei Beschwerden ohne anwaltliche Hilfe eher gering sind. Google verlangt eine konkrete und rechtlich stichhaltige Begründung für einen Löschungsanspruch und arbeitet gerne mit (unpassenden) Textbausteinen. Die Kommunikation mit Google kann Betroffene mitunter an den Rand der Verzweiflung führen. Es ist daher empfehlenswert, die Beanstandung über spezialisierte Anwälte einzureichen. Nicht nur der eigenen Nerven willen, sondern auch um zu verhindern, dass durch "unbedarfte" Angaben gegenüber Google der Löschungsanspruch zu Fall gebracht wird.

Fazit

Die Angabe eines Namens in einer Online-Bewertung stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.d. DSGVO dar.
Im Falle einer Bewertung, in der eine Person namentlich genannt wird, kann ein Anspruch auf Löschung gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO bestehen.
Betroffene können sowohl gegenüber Google als auch (sofern bekannt) gegenüber dem Verfasser der Bewertung einen Löschungsanspruch geltend machen.
Die Nennung des Namens in einer Bewertung begründet nicht automatisch einen Anspruch auf Löschung. Vielmehr ist eine umfassende Interessenabwägung in jedem Einzelfall erforderlich.
Im Rahmen der Interessenabwägung müssen die Grundrechte des Betroffenen mit der Meinungsfreiheit des Verfassers, dem öffentlichen Informationsinteresse und wirtschaftlichen Interesse von Google abgewogen werden.
Je nachdem, welche Grundrechte im konkreten Fall überwiegen, besteht entweder ein Anspruch auf Löschung oder nicht.
Bei der Angabe von Klarnamen von Mitarbeitern ist Vorsicht geboten, insbesondere bei Angabe des Vor- und Nachnamens. Im Zweifel sollte die Namensnennung unterbleiben.
⇒ In keinem Fall dürfen Bewertungen unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten oder Schmähkritik darstellen. Dies gilt insbesondere bei der Angabe von Namen.