Das OLG Nürnberg hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, innerhalb welcher Frist ein Eilantrag auf Löschung einer negativen Google-Bewertung bei Gericht gestellt werden musss. Mit Beschluss vom 13.11.2018 hat das OLG Nürnberg entschieden, dass ein Eilantrag innerhalb von 1 Monat seit Kenntnis der negativen Google-Bewertung gestellt muss. Wartet der Betroffene länger, entfällt die Eilbedürftigkeit.
Sachverhalt: Unternehmer wehrt sich gegen negative Google-Bewertung durch Kunden
Der Antragsteller betreibt eine Physiotherapie-Praxis. Der Antragsgegner unterzog sich dort am 21.06.2018 einer Behandlung. Im Juli 2018 veröffentlichte er sodann eine Rezension auf „Google“, in der er den Antragsteller mit einem von fünf Sternen bewertete. Zur Begründung machte er u.a. folgende unzutreffenden Ausführungen:
"Für die 117,00 € die er verlangt, hat er zudem versucht, mich von Gott zu überzeugen… Zudem hat er mir Melantonin mitgegeben (natürlich zusätzliche Bezahlung) die mir absolut nicht gut getan haben.“
Der Antragsteller erfuhr Anfang August 2018 von der Bewertung. Mit Schreiben vom 13.08.2018 forderte er den Antragsgegner zur Löschung und Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Ende Aufust 2018 rief eine Person, die sich als Bruder des Antragsgegners ausgab, in der Praxis des Antragstellers an und einigte sich mit diesem darauf, dass der Antragsgegner die Bewertung vollständig löscht, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und Schadenersatz zahlt.
In der Folge passierte jedoch nichts. Daher beantragte der Antragsteller am 10.10.2018 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsgegner. Das Landgericht wies den Antrag wegen fehlender Eilbedürftigkeit zurück, da der Antragsteller länger als vier Wochen seit Kenntnis von der negativen Google-Bewertung gewartet habe. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos.
OLG Nürnberg: Eilverfügung wegen negativer Google-Bewertung muss innerhalb 1 Monats beantragt werden
Ebenso wie das Landgericht verneinte auch das OLG Nürnberg die Eilbedürftigkeit und damit den für den Erlass einer Eilverfügung erforderlichen Verfügungsgrund.
"Der Verfügungsgrund fehlt wegen Selbstwiderlegung, wenn die Antragstellerpartei nach Eintritt der Gefährdung mit einem Antrag zuwartet oder das Verfahren nicht zügig betreibt und damit durch ihr Verhalten selbst zu erkennen gegeben hat, dass es ihr nicht eilig ist. (...)
Im Wettbewerbsrecht ist anerkannt, dass es an der zeitlichen Dringlichkeit fehlt, wenn der Antragsteller eine bestimmte Frist zugewartet hat, obwohl er den Wettbewerbsverstoß und die Person des Verantwortlichen kennt oder grob fahrlässig nicht kennt. Dies kann zwar nicht ohne Weiteres auf andere Rechtsgebiete übertragen werden, weshalb die Frage, wie lange der Antragsteller bei einer behaupteten Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zuwarten darf, von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt (...).
Regelfrist von 1 Monat bei Eilantrag wegen negativer Google-Bewertung
Das OLG Nürnberg orientiert sich bei der Fristbestimmung an den Regelfristen im Wettbewerbssachen und Pressesachen.
"Nach ständiger Rechtsprechung des OLG Nürnberg ist im Wettbewerbsrecht regelmäßig ein Zuwarten von mehr als 1 Monat dringlichkeitsschädlich (...). Auch in Pressesachen wird überwiegend davon ausgegangen, dass bei einem Zuwarten von mehr als einem Monat nach Kenntnis von der Verletzungshandlung die Eilbedürftigkeit in der Regel nicht mehr gegeben ist (...). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an."
Verstreichenlassen der Regelfrist führt zum Wegfall der Eilbedürftigkeit
Da der Antragsteller mindestens 2 Monate abgewartet hatte, bestand für den Eilantrag keine Eilbedürftigkeit mehr.
"Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist ein Verfügungsgrund im vorliegenden Fall weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller erlangte bereits Anfang August 2018 von der streitgegenständlichen Bewertung Kenntnis. Dennoch ging der Anwaltsschriftsatz vom 05.10.2018, mit dem der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt, erst am 10.10.2018 beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein.
Unter Berücksichtigung der hier maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ist das Abwarten einer Frist von zwei Monaten als dringlichkeitsschädlich anzusehen."
Auch Vergleichsverhandlungen müssen zügig betrieben werden
Auch die Tatsache, dass sich ein Anrufer als Bruder des Antragsgegners vorgestellt und eine Einigung angeboten habe, führt nach Ansicht des OLG Nürnberg zu keinem anderen Ergebnis, da auch Veergleichsverhandlungen zügig betrieben werden müssen.
"Daran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Es entspricht nicht den Anforderungen an ein zügiges Betreiben des Verfahrens, wenn der Antragsteller nach einem Telefonat mit einem ihm unbekannten Anrufer über einen Monat lang abwartet, ob die telefonisch zugesagte Unterlassungserklärung abgegeben wird."
OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.11.2018, Az.: 3 W 2064/18
Praxishinweis:
Die Regelfristen sind je nach Gerichtsbezirk und Gebiet durchaus unterschiedlich. So ist z. B. in Berlin in Wettbewerbssachen das Abwarten einer Frist von 2 Monaten unschädlich, in Pressesachen dagegen gilt auch in Berlin das Abwarten von mehr als 1 Monat als dringlichkeitsschädlich.
Wer auf Nummer sicher gehen will, hält stets die Regelfrist von 1 Monat ein.